Pasdan
zu. Etliche Shil waren unterwegs, um nach den P’aodhus zu sehen. Andere sammelten Beeren; auf dem Fluß waren Boote unterwegs: Fischer mit Netzen, Angeln und Speeren.
Das Lager wurde vergrößert; mindestens vier neue Zelte sollten errichtet werden. Ältere Shil schnitten Stangen, nähten Häute und debattierten über die besten Plätze.
Der Säuglingswickler deutete mit dem Kinn dorthin und hielt gleichzeitig sein krähendes Bündel hoch, um die Folgen zu demonstrieren. »Paarungszeit. Einige junge Leute haben beschlossen, sich zusammenzutun, und jetzt bauen wir ihnen Zelte, damit sie, wenn sie allein sein wollen, nicht immer in die Büsche gehen müssen.«
Die Ältesten saßen am Fluß und blinzelten in die Sonne. Abgesehen von dem Problem der Waffen gab es nichts, was hätte beraten werden müssen. Der Rat der Ältesten war gefragt worden, aber große Entscheidungen wurden von allen Erwachsenen des Stammes gemeinsam und einstimmig getroffen. Da die Shil nicht glaubten, irgendwohin fortschreiten zu müssen, spielte es keine Rolle, wie lange die Beratungen dauerten. Nur in Notsituationen hatte der Ältestenrat eine gewisse Exekutivmacht.
Abends traf eine kleine Gruppe von Reiterinnen ein; sie führten ein Pferd mit sich, auf dem ein Leichnam lag.
»Der Bote«, sagte die Älteste, als sie in Barakudas Zelt trat. »Man hat ihn mit einer Kugel erschossen und seine Geschlechtsteile abgeschnitten.«
Dante senkte den Kopf. »Ich bringe Unheil. Aber Cadhras muß so schnell wie möglich alles erfahren.«
Die Älteste nickte. »Das bedarf keines Rats. Eine Gruppe von Jägerinnen und Jägern wird reiten.«
Ein Rat fand dennoch statt, aber er dauerte nicht lang und kam zu einem einstimmigen Ergebnis - es handle sich, sagte eine Gargava, um eine jedem sichtbare Notwendigkeit.
Die frische Luft und die langen Gespräche hatten ihn sehr ermüdet; dennoch konnte er lange nicht einschlafen. Seine Gedanken kreisten. Das Zelt, in dem er lag, und die Gespräche des Nachmittags versetzten ihn - als er in jener Halbtrance war, die zwischen Wachen und Schlafen liegt - an einen anderen Ort zu anderer Zeit, in ein anderes Zelt und zu anderen Gesprächen.
Draußen war die Lautlosigkeit des Steppenwinters, Schnee und Nacht. Unter der Rauchöffnung des Zelts knisterte ein Feuer aus Hölzern, die den Innenraum mit herbem Duft füllten. Er saß zwischen Fellen und trank bittersüßen Tee; dabei blickte er zu den Fürsten hinüber. Gortahork war nur in Umrissen zu erkennen; er lag auf dem Rücken, hatte die Hände über dem Kopf verschränkt, starrte durch die Rauchöffnung die Sterne an. Vielleicht lächelte er.
Neben ihm, Dante zugewandt, saß Tremughati, die Fürstin. Die liebliche Jägerin. Die Anmut des Graslands. Dante entsann sich jenes altterranischen Satzes, demzufolge die Götter, wenn sie einem Sterblichen besonders wohl wollen, diesem zu einem gesunden Geist auch einen gesunden Körper geben. Die Götter, die es für die Shil nicht gab, hatten in Tremughati alles vereint.
Seit Tagen hatten sie, außer wenn sie schliefen, aßen oder ausritten, den Kosmos des Commonwealth und das Chaos der Shil beredet. Es war immer wieder Tremughati, die verständliche Vergleiche fand, um Dante die zynische Spekulation der Shil zu erläutern, und sie war es auch, die dem Fürsten erklärte, was Dante nur unvollkommen in Banyashilgu sagen konnte.
Er hatte lange den Nordkontinent bereist, um zu begreifen, wessen Sicherheit er in Cadhras eigentlich schützen sollte. Dieses Zelt, diese Freundschaft und die langen Gespräche in den ruhigen, klirrend kalten Steppennächten zählten zu den kostbarsten Geschenken.
Er lächelte Tremughati an. »Ihr wißt es längst, aber manche Dinge werden nicht vermindert, indem man sie ausspricht. Ich liebe euch. Und dich, Fürstin, besonders.«
Sie kniff Gortahork, während sie Dantes Lächeln erwiderte. »Hörst du, Jäger? Der wichtige Mann aus Cadhras sagt freundliche Worte.«
Im Halbdämmern begannen sich die Bilder zu vermischen. Die Bärenjagd in den Winterbergen. Tremughati und Gortahork, beide »Mutter und Vater der Stämme«, im Rat der Ältesten, zu Pferd, einander mit Schnee bewerfend. Der Abschied, der ihm ans Herz ging, die Umarmungen. Besuche in der Steppe, zu anderen Jahreszeiten.
Er drehte sich auf die Seite; der Schmerz in der Schulter riß ihn jäh aus seinem Halbtraum. Da bemerkte er, daß in den letzten Bildern Tremughatis Gesicht Ähnlichkeit mit dem von Lydia Hsiang
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