Passionsfrüchtchen
ihrem Treffpunkt mit Thomas entgegen.
18:45 Uhr.
Sven bog von der Prinz-Georg-Straße in die Jägerhofstraße. An der nächsten Kreuzung bog er erneut links ab. Über den Tausendfüßler fuhr er zum Parkhaus. Der Fahrstuhl brachte ihn von der Parkebene zwei ins Erdgeschoss. Er durchquerte die Arkaden, um bei Heinemann die Champagnertrüffel zu kaufen, die Tante Sybille so gerne mochte. Auf dem Weg zu dem Konditor kam er bei Pal Zileri vorbei. Er hielt vor dem Schaufenster an. Im Fenster hing ein beigefarbener Anzug. Sven sah auf die Uhr. Zeit hatte er noch genug, bevor er bei Herbert und Sybille sein musste. Er beschloss, sich ein bisschen umzusehen und betrat das Geschäft.
18:50 Uhr.
Nina und Thomas verließen das Café auf der Königsallee. Es hatte angefangen zu regnen, aber Thomas hatte einen Schirm dabei.
„Was meinst du“, sagte er zu Nina, „wenn ich dich mit meinem Schirm zum Parkhaus begleite, bringst du mich dann mit deinem Wagen nach Hause?“
Thomas hatte sich den ganzen Nachmittag über sehr aufmerksam verhalten. Fast hatte Nina vergessen, dass er auch charmant sein konnte, wenn er wollte. Es war schön gewesen, sich mit ihm zu unterhalten. Schnell hatte sich ein vertrautes Gefühl bei ihr eingestellt. Sie stimmte seinem Vorschlag zu und drückte sich so nah wie möglich an ihn heran, um mit unter den Schirm zu passen. Auf Dauer war das aber unbequem.Nach wenigen Metern legte Thomas daher einfach den Arm um ihre Schulter. Es fühlte sich an wie in alten Zeiten, als zwischen ihnen noch alles in Ordnung gewesen war.
18:55 Uhr.
Sven kam aus der Anprobe und betrachtete sich im Spiegel. Der Anzug stand ihm gut, nur die Hose war einen Tick zu kurz. Bei seiner Größe kam das leider immer wieder vor. Er fragte den Verkäufer, ob es die Hose auch in einer anderen Länge gab.
„Ich will gleich mal nachsehen.“ Der Verkäufer wandte sich ab, um die Hosen auf der Kleiderstange nach anderen Beinlängen durchzusehen.
Sven schaute sich im Laden um. Sein Blick fiel auf die am Fenster vorbeigehenden Leute. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand Nina.
Seine Nina.
Aber sie war nicht allein. Ein Mann hatte den Arm um sie gelegt. Er stand mit ihr unter einem Regenschirm. Die Ampel schaltete auf grün. Die beiden gingen an dem Schaufenster vorbei. Sie nahmen keine Notiz von dem, was um sie herum geschah, und hatten nur Augen füreinander, so erschien es Sven. Nina!
Mit einem stummen Hilferuf schaute er ihr hinterher, bis sie seinen Blicken zwischen den anderen Passanten entschwand.
„Sie haben Glück“, sagte der Verkäufer. „Wir haben noch ein Modell mit einer größeren Beinlänge. Wollen Sie es gleich probieren?“
„Wie bitte?“
„Wollen Sie diese Hose anprobieren?“
„Ja. Ach so, nein. Danke. Ich glaube, ich nehme den Anzug doch nicht. Danke für Ihre Mühe.“
Erneut starrte er in die Richtung, in die Nina mit dem anderen Mann verschwunden war.
Vor Thomas’ Haustür angekommen, hatte sich Nina von ihm überreden lassen, noch auf einen Sprung mit zu ihm zu kommen. Es war allerdings nicht bei einem Sprung geblieben, denn Thomas fand immer neuen Gesprächsstoff.
Nina genoss die ungezwungene Atmosphäre, die jetzt zwischen ihnen herrschte. Schließlich aber schien auch Thomas nicht mehr zu wissen, was er noch sagen könnte, es entstand eine peinliche Stille.
Nina räusperte sich. „Es ist schon spät. Ich glaube, ich sollte verschwinden.“
Doch Thomas schien sie nicht gehört zu haben. Er betrachtete sie neugierig. „Kommt es mir nur so vor oder hast du dich verändert, seit …?“ Er machte eine Pause. „Habe ich dich damals tatsächlich verlassen? Ich muss total verrückt gewesen sein.“
Nina glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Was hatte er vor? Sollte das etwa eine Liebeserklärung werden? Ihr war aufgefallen, dass er schon den ganzen Abend ihre Nähe gesucht hatte und keine Gelegenheit ausließ, sie zu berühren. Im Café hatte er sie eingeladen und seine Hand auf ihre gelegt, als sie ihr Portemonnaie hervorgeholt hatte. Unter dem Schirm hatte er den Arm um sie gelegt. Zu Hause angekommen hatte er ihr aus der Jacke geholfen, und während sie hier bei ihm war, hatte sein Bein immer wieder ihr Knie berührt. Viele Signale, mit denen er ihr zu verstehen gegeben hatte, dass er wieder mehr von ihr wollte als nur Freundschaft. Konnte es sein, dass er sich wieder in sie verliebt hatte? Nina fühlte eine gewisse Aufregung. Jetzt rutschte er auch noch näher an sie heran
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