Password - Zugriff für immer verweigert
fünfzehn Jahre lang belogen, aber nur aus Angst, ihn zu verlieren, so viel hatte er gestern Abend schon begriffen. Er sah auf seine Uhr. Halb vier.
Die Enten im Teich schnatterten. Ein paar freche Enteriche wagten sich näher heran, als wollten sie sagen: Warum hast du kein Brot für uns mitgenommen? Stefan schaute sich um. Wie lange sollte er sitzen bleiben, wenn Dexter nicht kam?
Er wartete drei, vier Minuten … Meistens war er nicht so geduldig, aber für eine Million musste man schon etwas investieren.
Als er gerade aufgeben wollte, tauchte Dexter auf.
»Du bist spät«, sagte Stefan bissig.
»Ich wollte erst sichergehen, dass du auch wirklich allein bist.« Dexter setzte sich neben ihn. »Ich habe keine Lust, wegen Hausfriedensbruch geschnappt zu werden.«
»Warum warst du gestern auf einmal verschwunden?«
»Zu hohes Risiko. Du hättest mich bei dem Mann verraten können.«
Stefan zog die Nase hoch. »Held.«
»Ein paar Jahre Gefängnis und du gewöhnst es dir ab, unvorsichtig zu sein.« Dexter setzte sich schräg, sodass er auch die Leute sehen konnte, die hinter ihnen vorbeigingen. »Wo waren wir noch stehen geblieben?«
»Der entlassene Angestellte«, antwortete Stefan.
»Entlassen für eine vollkommen nutzlose Aktion.« Dexter sprach leise, als hätte er Angst, jemand könne ihn belauschen.
»Die Informationen auf dem Computer von Bjorge Prins sind natürlich verschlüsselt. Es kostet mindestens hundert Jahre, um das Password zu knacken. Trotzdem ist sein Arbeitszimmer seither von einer Alarmanlage bewacht und der Zutritt für fast jeden verboten. Nicht einmal das Reinigungspersonal darf hinein. Aber weißt du noch, was Prins in dem Interview sagte? Auch Kinder kämen prima mit dem Spielecomputer zurecht.«
Ja, und?, dachte Stefan.
»Kinder«, wiederholte Dexter. »Als ich das las, wusste ich sofort, wer ab und zu mit seinem Vater ins Arbeitszimmer darf, um den neuen Spielecomputer zu testen.«
Jerro!
Allmählich dämmerte es Stefan. »Und weil ich wie Jerro ein Sohn von Bjorge Prins bin, hoffst du, dass auch ich Zugang zu diesem Arbeitszimmer bekomme und für dich spionieren kann.«
»Du bist nah dran«, sagte Dexter.
Stefan schüttelte heftig den Kopf. »Vergiss es. Wenn ich erwischt werde, können sie dir nichts. Dreimal raten, wer dann der Dumme ist.«
Dexter verschränkte die Arme. »Auf jeden Fall nicht Stefan Post.«
»Hä?«
»Wenn Prins dich erwischt, bekommt Jerro die Schuld.«
Darüber musste Stefan kurz nachdenken.
»Jerro Prins«, sagte Dexter noch einmal. »Dein Bruder, der dir so ähnlich sieht wie ein Ei dem anderen.«
Ein Hund platschte in den Teich und kam kurz darauf mit einem Stöckchen zurück. Dann erst wurde Stefan klar, was Dexter von ihm wollte.
»Du willst, dass ich mich als Jerro ausgebe?«, fragte er verblüfft.
»Die Familie Prins weiß nicht, dass es dich gibt.« Dexter zeigte wieder sein selbstgefälliges Lächeln. »Wer nicht existiert, kann kein Verbrechen begehen und kann deswegen auch nicht bestraft werden.«
Warum hatte Stefan dann trotzdem das Gefühl, dass irgendwo ein Haken an der Sache war?
»Kennst du das Buch Der Prinz und der Bettelknabe?«, fragte Dexter.
Die einzigen Bücher, die Stefan noch aufschlug, waren die von der Schule – dann auch noch darin zu lesen, war wieder eine ganz andere Geschichte.
»Ich habe es gelesen, als ich im Bau war«, sagte Dexter. »Es handelt von Prinz Eduard, der einen armen Jungen trifft, Tom. Aus Spaß tauschen sie ihre Kleider und in dem Moment stellt sich ihre täuschende Ähnlichkeit heraus. Als Prinz Eduard in Toms Lumpen auf die Straße geht, hält man ihn für einen echten Bettler. Das Tor schlägt hinter ihm zu und er kann den Palast nicht mehr betreten. Tom sagt sofort, er sei nicht Prinz Eduard, aber auch ihm glaubt man nicht. Man denkt, er habe den Verstand verloren.«
In Stefans Ohren klang das alles ziemlich unwahrscheinlich. »Ist das dein großartiger Plan? Ich ziehe die Kleider von Jerro Prins an und alle denken sofort, ich bin Jerro Prins? Einschließlich seiner Eltern?« Er sah Dexter mitleidig an.
»Natürlich braucht das Ganze etwas mehr Vorbereitung.« Dexter wartete kurz, bis ein Spaziergänger vorbei war. »Du müsstest das ein oder andere auswendig lernen. Daten, die Jerro kennt, Dinge, die er erlebt hat, bestimmte Gewohnheiten, Informationen über seine Umgebung, Freunde und Schule. Wir präparieren dich, bis du Jerros Rolle überzeugend spielen kannst, so ähnlich wie ein
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