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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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Lächeln aus ihrem Repertoire, die Grimasse einer zickigen Geschäftsfrau, die ständig unter Terminstress stand. »Hallo, ich bin Catalina Diego«, sagte sie zu der jungen Frau hinter der Empfangstheke. »Ich bin mit Sandra Nagle verabredet.«
    Die Frau sah nicht von ihrem Computermonitor auf. »Ist gerade zur Mittagspause fort.«
    »Aber ich bin mit ihr für ein Uhr verabredet.«
    Die Frau kaute auf dem oberen Ende ihres Stifts herum und zuckte mit den Schultern. Ihre Lippen waren mit pinkfarbenem Lipgloss verschmiert, ein Teil davon fand sich auch auf dem Stift wieder.
    Harry beugte sich über die Theke. »Ich soll ein Ausbildungsseminar für den Online-Support leiten. Wie lang wird sie weg sein?«
    Wieder zuckte die junge Frau mit den Schultern und klickte mit der Maus herum. Am liebsten hätte Harry sie ihr aus der Hand gerissen und ihr damit eins über die Knöchel gezogen.
    »Gut, ich kann hier nicht rumtrödeln«, sagte Harry. »Dann muss ich eben ohne sie anfangen.«
    Sie wandte sich zu den Türen links, als wüsste sie, wohin sie wollte. Die Rezeptionistin erhob sich halb von ihrem Stuhl, klappernd fiel ihr Stift auf den Tisch.
    »Ohne die Erlaubnis von Mrs. Nagle kann ich Sie hier nicht reinlassen.«
    »Hören Sie …« Harry drehte sich um und starrte auf das Namensschild der Frau. »Melanie. Es hat einen Monat gedauert, um einen Termin für dieses Seminar zu finden. Wenn Sie mich jetzt nicht durchlassen, wird es wieder einen Monat dauern, bis ich das nächste Mal Zeit habe. Wollen Sie wirklich, dass ich Sandra erklären muss, warum ich nicht angefangen habe?«
    Harry hielt den Atem an und machte sich auf einiges gefasst. Wäre sie von jemandem so angegangen worden, hätte sie ihm gehörig den Kopf gewaschen. Doch Melanie blinzelte nur und sank auf ihren Stuhl zurück. Harry konnte es ihr nicht verübeln. Sie hatte heute Morgen, als sie mit einer fingierten Kundenbeschwerde bei der Bank angerufen hatte, zum ersten Mal mit Sandra Nagle gesprochen. Deren Namen und Foto hatte sie von der Website der Bank, die sich ihres herausragenden Kundenservices rühmte. Nach dem zweiminütigen Gespräch hatte Harry die Frau als ausgesprochenes Miststück abgehakt, und es sah so aus, als würde Melanie dem zustimmen.
    Melanie schluckte und schob ihr ein Gästebuch hin. »Gut, aber Sie müssen das vorher ausfüllen. Hier Name und Datum, dort Ihre Unterschrift.«
    Harrys Bauch kribbelte, als sie die Felder vollkritzelte. Melanie reichte ihr eine Ausweiskarte und zeigte auf die Türen links.
    »Hier durch. Ich lass Sie rein.«
    Harry dankte ihr und gratulierte sich im Stillen. Sie musste an Siegerposen ihres Vaters denken, wenn sich ihre Pokerbluffs ausgezahlt hatten. »Nichts geht über den Adrenalinstoß, wenn man mit einer leeren Hand gewinnt«, hatte er immer gesagt und ihr dabei zugezwinkert.
    Leere Hand, das konnte man wohl sagen. Sie heftete sich den Ausweis ans Revers und trat zu den Türen. Das Sicherheitsschloss klickte, an der Wand blinkte ein grünes Licht. Sie streckte den Rücken durch und drückte die schweren Türen auf. Sie war drin.

[home]
    2
      
    L eon Ritch hatte seit mehr als acht Jahren vom Propheten nichts mehr gehört. Und, bei Gott, er hatte wirklich gehofft, von ihm auch nie mehr was zu hören. Er kratzte sich seinen Zweitagebart und las erneut die E-Mail.
    Vielleicht war es ein Scherz. Schließlich konnte sich jeder als »Prophet« bezeichnen. Er überprüfte die Absenderadresse. Eine andere als das letzte Mal, aber ebenso obskur: [email protected]. Er dachte daran, sie zurückzuverfolgen, wusste jedoch, dass er damit nicht weit kommen würde. Bei der letzten Adresse des Propheten waren sie letztendlich bei einem anonymen Remailer-Dienst gelandet. Eine Sackgasse. Wer immer er war, er verstand es, seine Identität zu verschleiern.
    Außer ihm wussten nur drei andere vom Propheten. Einer davon war im Gefängnis, ein anderer war tot. Blieb nur Ralph.
    Leon wählte eine Nummer, die er schon lange nicht mehr benutzt hatte. »Ich bin’s«, sagte er.
    »Entschuldigung, wer ist da?«
    Im Hintergrund waren lautstarke Männerstimmen zu hören. Wahrscheinlich saß Ralph in einer Sitzung mit den VIP s der Bank, wo er in der unternehmensinternen Hackordnung seinen Platz behaupten musste. Eine Welt, in der er früher auch zu Hause gewesen war.
    »Sei kein Arsch, Ralphy.«
    Männergelächter dröhnte ihm ins Ohr, das allmählich leiser wurde, bis nur noch hallende Leere übrig war. Klang ganz so,

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