Passwort: Henrietta
Gerüchten zufolge war er mit achtundzwanzig Jahren während des Dotcom-Booms zum Multimillionär geworden. Das war jetzt neun Jahre her. Kurz darauf hatte er Lúbra Security gegründet und das Unternehmen durch den Zukauf anderer Software-Häuser so weit vergrößert, dass es als eines der wichtigsten der Branche galt.
»Was will er?«, fragte Harry.
»Keine Ahnung. Ein Date vielleicht?«
Harry rollte mit den Augen. Imogen mochte zwar aussehen, als könnte ein Windhauch sie wegblasen, wenn es aber darum ging, Klatsch aufzuschnappen, konnte sie sich wie ein Terrier darin verbeißen.
»Warum stellst du mich nicht einfach zu ihm durch?«, sagte Harry.
»Okay, okay.«
Ein paar Sekunden später war Dillon in der Leitung.
»Harry? Du bist mit Sheridan fertig?«
Nach der Hintergrundakustik zu schließen, brüllte er aus mehreren Metern Entfernung in ein Konferenztelefon.
»Ja«, sagte Harry. »Bis auf den Papierkram.«
»Vergiss ihn. Ich hab einen anderen Job für dich.«
»Jetzt?« Sie war am Verhungern und konnte den Kaffee und die Schinkenröllchen in den Sandwich-Bars der Baggot Street förmlich riechen. Sie erhob sich und schlenderte in Richtung Kanalbrücke.
»Ja, jetzt. Schick mir die Sheridan-Sachen, Imogen soll den Bericht zusammenstellen. Ich hab für dich was anderes, eine weitere Verwundbarkeitseinschätzung.«
Harry hörte im Hintergrund das Klacken seiner Tastatur. Man konnte darauf bauen, dass Dillon jede Gelegenheit fürs Multitasking nützte. Seine linke Hand war wahrscheinlich wie die eines Klavierspielers über den Laptop gespreizt, während er sich mit der rechten Notizen machte.
»Wo dieses Mal?«, fragte Harry.
» IFSC . Der Kunde hat ausdrücklich nach dir verlangt. Ich hab ihnen gesagt, du wärst die Beste.«
»Danke, Dillon, du bist ein wahrer Gentleman.« Jetzt war sie froh um ihre etwas höheren Absätze. Das International Financial Services Centre gehörte definitiv zu den Zirkeln, die man exklusiv nannte.
»Ruf mich an, wenn du bei denen fertig bist«, sagte Dillon. »Beim Abendessen kannst du mir dann ja berichten, wie es gelaufen ist.«
Ihr gingen die Augen über. Nun war sie sogar doppelt froh um ihre höheren Absätze. »Okay.« Bevor sie sich noch Gedanken machen konnte, was es mit dem Abendessen auf sich haben könnte, sagte sie: »Also, dann erzähl mir was über diesen IFSC -Job. Wissen wir, welche Systeme sie haben?«
»Nein, wirst du alles erfahren, wenn du dich mit ihnen triffst.« Dillon stockte kurz. »Wenn du mich fragst, glaube ich, dass sie dich erst in Augenschein nehmen wollen.«
Harry blieb mitten auf dem Bürgersteig stehen. »Warum das denn?«
Dillon zögerte einen Moment zu lang. »Hör zu, war wohl doch keine so gute Idee. Vielleicht sollte ich Imogen darauf ansetzen.«
Harry hielt sich das Ohr zu, um die Verkehrsgeräusche auszublenden. »Was soll das alles? Wer ist der Kunde?«
Sie hörte, wie er zwischen den Zähnen Luft einsog, während er über seine Antwort nachdachte.
»Gut, es war eine dämliche Idee«, sagte er. »Der Kunde ist KWC .«
Das Adrenalin strömte aus ihr wie Wasser aus einer geborstenen Hauptleitung. Sie wankte zur Kanalmauer und sank auf die kalte Steinbrüstung.
KWC . Klein, Webberly und Caulfield, eine der renommiertesten Investmentgesellschaften der Stadt, zu deren Kunden die reichsten Privatpersonen und Unternehmen in Europa gehörten. Das Hauptquartier lag in New York, Zweigniederlassungen gab es in London, Frankfurt, Tokio und eben hier in Dublin.
Es war auch das Unternehmen, für das ihr Vater gearbeitet hatte, bevor sie ihn eingelocht hatten.
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4
B eschreiben Sie mir Ihr Worst-Case-Szenario«, sagte Harry.
Der Mann ihr gegenüber am Konferenztisch sah sie mit halbgeschlossenen Augen an. Er war über vierzig, das graue Stoppelhaar war wie bei einem US -Mariner geschnitten. Er zuckte mit den Schultern. »Wenn jemand Zugang zu unseren Anlagekonten bekommt.«
»Es gibt nichts Schlimmeres?«
Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme, sein Hemd spannte sich. »Was könnte schlimmer sein als ein Hacker, der Zugriff auf das Geld unserer Kunden hat?«
»Sagen Sie es mir!« Harry warf einen verstohlenen Blick auf die Visitenkarte, die er ihr gegeben hatte. Felix Roche. IT -Beschaffung, KWC . Sie kritzelte eine Notiz auf die Rückseite: Ist auf Zoff aus.
Ihr Blick schweifte zum Fenster hinter Felix. Es war nicht nur ein Fenster, es war eine ganze Glaswand, durch die die Piers am Liffey aussahen,
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