Passwort: Henrietta
zerrte an seiner Krawatte und lockerte sie. »Hören Sie, wenn ich diese Sache heute Abend nicht über die Bühne bringe, werde ich es dem CEO erklären müssen. Und glauben Sie mir, es wird Ihnen nicht gefallen, wenn er Ihnen dann im Nacken sitzt.«
»Ashford? Sie meinen, ich hätte Angst vor dem? Es gehört ja gar nicht zu meinem Aufgabenbereich, Ihnen zu helfen. Außerdem kann der mir sowieso nichts anhaben. Nicht mehr.«
Jude legte den Kopf schief und sah aufs Handy. Dann wandte er sich mit verwirrter Miene an Harry und schüttelte den Kopf.
Harry warf den Stift auf den Schreibtisch und sank auf ihrem Stuhl zurück. Das war es also. Sie hatten ihre letzte Karte ausgespielt. Sie schloss die Augen, massierte sich den Nacken und spürte das dumpfe Pochen, das sich von dort in den Kopf hochzog. Als sie die Augen aufschlug, bemerkte sie, dass Jude sie beobachtete. Sie schüttelte den Kopf und versuchte zu lächeln, strich sich mit der flachen Hand über die Kehle und signalisierte ihm, dass er aufgeben sollte. Wenn Felix Informationen besaß, die ihr weiterhelfen konnten, musste sie irgendwie anders rankommen.
Sie machte sich daran, den Laptop herunterzufahren, als sich Jude wieder dem Handy zuwandte.
»Es könnte sich für Sie aber vielleicht auszahlen«, sagte er.
Harry erstarrte und sah ihn an. Sein Unterkiefer war angespannt. Was zum Teufel trieb er da? Das hatten sie nicht besprochen.
»Ach?«, erwiderte Felix. »Wie?«
»Ein Tauschgeschäft. Sie geben mir eine Login- ID , und ich gebe Ihnen Informationen.«
»Was für Informationen?«
»Vertrauliche Informationen. Informationen, die noch keiner hat.«
Eine Pause. »Fahren Sie fort.«
Harry hielt den Atem an, den Blick auf Jude fixiert.
»Diese Sache, an der ich arbeite«, sagte er. »Es geht um Nectel. Sie übernehmen eine andere Firma.«
»Weiß doch jeder. Sie übernehmen BridgeCom. Stand alles schon in der Zeitung.«
»Nicht mehr. Sie haben das Zielobjekt gewechselt. Hab ich soeben vom Nectel- CEO bestätigt bekommen. Sie lassen BridgeCom fallen und haben es auf ein anderes Unternehmen abgesehen.«
Über das Telefon war Felix’ abgehackter Atem zu hören. Was dachte sich Jude bloß dabei? Wollte er wirklich Felix Insiderinformationen zukommen lassen? Ihre Handflächen wurden feucht. Sie wusste, sie sollte ihn stoppen, aber sie konnte sich nicht rühren. Außerdem ging ihr durch den Kopf, dass er das alles schon mal gemacht haben könnte.
Jude beugte sich so nah übers Handy, dass er es fast mit dem Mund berührte. »Das alles wird erst in einem Monat offiziell bekanntgegeben. Ein ganzer Monat, in dem jemand seinen Reibach machen könnte. Und nichts, was ihn mit dieser Information in Verbindung bringen kann.« Er sah zu Harry. »Geben Sie mir brauchbare Login-Daten, Felix.«
Aus dem Handy kamen nur krächzende Hintergrundgeräusche.
»Sie müssen ja ziemlich verzweifelt sein«, sagte Felix nach einer Weile.
Jude antwortete nicht. Seine Miene war wie versteinert. Harry betrachtete ihn fasziniert.
Dann lachte Felix. »Okay, abgemacht. Was für ein Spaß! Sie geben mir den Namen des Zielobjekts, und ich gebe Ihnen eine Login- ID . Und, Judy?«
»Ja?«
»Verarschen Sie mich nicht, okay?«
»Bei meiner Bankerehre.«
Felix lachte ins Telefon. »Ja, genau. Also, schießen Sie los.«
»Das Ziel ist Aslan Technology.«
»Aslan. Schön, schön. Okay, die sind wohl einen Benutzernamen und ein Passwort wert. Aber nicht das Admin-Konto.«
Scheiße. Harry schloss die Augen. Sie brauchte Administratorenrechte. Außer Felix’ eigenen Zugangsdaten war das die einzige sichere Möglichkeit, an seine E-Mails zu kommen.
»Ich trau Ihnen nämlich nicht«, fuhr Felix fort. »Sie bringen noch das ganze verdammte Netzwerk zum Einsturz.« Er räusperte sich mit einem schleimigen, kehligen Husten. »Sie können meine Zugangsdaten haben. Haben zwar nicht so viele Rechte wie der Admin, aber es reicht, damit Sie Ihre Dateien lesen können.«
Harry riss die Augen auf und spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Sie streckte beide Daumen nach oben. Jude lächelte sie an.
»Wunderbar, Felix«, sagte er, den Blick auf sie gerichtet. »Danke.«
»Benutzername ist Froche.« Er buchstabierte es ihm. »Und das Passwort Rasputin45. Und jetzt scheren Sie sich zum Teufel und rufen Sie mich nicht mehr an. Ich werde mein Handy ausschalten. Und mich über mein Glück freuen.«
Die Leitung war tot. Harry schrieb die Zugangsdaten auf und grinste Jude an. Sein
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