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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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es lose unter das Kissen. Dann drapierte er das untere Ende des Vorhangs über den Wäscheständer und zog den Stoff zwischen den Querstreben durch.
    Cameron ging in die Hocke, um sein Werk zu bewundern. Vorhang, Wäscheständer und Sessel waren zu einer leicht entflammbaren, tödlichen Kette verflochten, in deren Zentrum der Mülleimer stand und nur darauf wartete, entzündet zu werden. Es lief ihm heiß über den Rücken.
    Er schraubte den Paraffinbehälter auf und goss einen kleinen Teil der Flüssigkeit in die Kappe. Durchdringender metallischer Geruch stieg ihm in die Nase, als er einige Tropfen über das Papier sprenkelte und dann über den Vorhang und die Handtücher. Vom Papierkorb abgewandt, zündete er die Zigaretten an und klemmte sie in das Streichholzbriefchen. Dann legte er es unten in den Papierkorb, drückte das zusammengeballte Papier zur Seite, damit es nicht den brennenden Tabak berührte.
    Er stand auf und sah auf seine Uhr. 01:41 Uhr. Es blieben ihm neun Minuten, um von hier zu verschwinden.
    Er griff in seine Hosentasche und holte die Batterien heraus, die er aus dem Rauchmelder der Wohnung entfernt hatte, und warf sie in den Rucksack. Dann packte er seine Sachen zusammen und schlang sich den Rucksack auf den Rücken. Er trat ans Fenster und schob es knapp fünfzehn Zentimeter hoch, gerade genug, damit ein wenig Luft hereinkam.
    Brennstoff, Sauerstoff, Hitze.
    Er schlich sich durchs Wohnzimmer hinaus in den Flur. Im Dämmerlicht war die Tür zum kleinen Arbeitszimmer zu erkennen, durch das er die Wohnung betreten hatte. Um dorthin zu gelangen, würde er am Schlafzimmer vorbeimüssen.
    Er tastete sich an der Wand entlang, setzte die Füße flach auf, um sein Gewicht gleichmäßig zu verteilen.
    In der Dunkelheit schrillte ein Telefon. Er fuhr zusammen. Es klingelte und klingelte, laut genug, um das ganze Gebäude zu wecken. Das Telefon musste ganz in der Nähe sein, wahrscheinlich auf einem Tisch im Flur. Er zwang sich zum Weitergehen und sank dann doch wieder nur gegen die Wand. Wer zum Teufel telefonierte um diese Zeit?
    Sein Herz pochte. Er wartete auf die unvermeidlichen Geräusche aus dem Schlafzimmer, auf den grellen Lichtschein, der den Flur erhellen würde. Er zählte mit, es klingelte zum achten Mal, zum neunten, zehnten Mal. Ihm wurde heiß, er roch seinen Schweiß, seinen Körpergeruch, scharf und sauer wie der Gestank von gekochten Zwiebeln. Nach dem zwölften Klingeln verstummte das Telefon.
    Cameron war wie gelähmt. Er zählte bis sechzig und blinzelte auf seine Uhr. Noch drei Minuten. Er musste raus. Mit steifen Gliedern rückte er Zentimeter für Zentimeter durch den Flur. An der Schlafzimmertür zögerte er und lauschte auf den Atem. Noch immer der gleiche Rhythmus. Ein, aus, ein, aus, wie jemand, der einen kleinen Blasebalg betrieb.
    Cameron huschte ins Arbeitszimmer. Er stieg durch den leeren Fensterrahmen und landete auf dem knirschenden Kies. Die Fensterscheibe lehnte an der Wand, wo er sie zusammen mit dem Kittmesser und den Saugnäpfen abgestellt hatte. Er setzte die Scheibe in den Rahmen und verstaute die Saugnäpfe und das Messer in seinem Rucksack. Die Scheibe saß nicht fest im Rahmen, aber das spielte keine Rolle mehr. Alle Spuren seines Einbruchs würden bald Opfer der Flammen werden.
    Er joggte über die Straße, stieg in seinen Wagen und warf den Rucksack auf den Beifahrersitz. Er kauerte sich hinter das Lenkrad und schloss die Augen.
    Adrenalin schoss durch seinen Körper, sein Atem ging hart, stoßweise. Er stellte sich die Szene vor, die er zurückgelassen hatte. Die Streichholzköpfchen mussten sich mittlerweile entzündet und das Papier in Brand gesetzt, der Papierkorb musste sich wie Zuckerwatte im Regen aufgelöst haben. Er stellte sich die lodernden Flammen vor, die am Vorhang züngelten, zögernd vom Stoff kosteten, bevor sie an ihm entlangrasten, um das ganze Zimmer zu verschlingen.
    Cameron schlug die Augen auf und sah zur Wohnung. Ein orangefarbener Schein zuckte im Spalt der Vorhänge. Er rollte die Seitenscheibe nach unten. Der Regen hatte aufgehört, der Schein des Feuers spiegelte sich bereits auf dem nassen Bürgersteig. Er beobachtete die Flammen, die sich in ihrem zitternden Wüten verstärkt hatten, gegen die Fensterscheibe schlugen und an den Vorhängen zerrten. Camerons Atem wurde flach und beschleunigte sich, eine ekelhafte Heiterkeit kam über ihn, die er jetzt ganz auskosten wollte. Der Abscheu vor sich selbst würde sich später

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