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Passwort in dein Leben

Passwort in dein Leben

Titel: Passwort in dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Stehle
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nicht zu sehen.
    »Marco!« Ich klinge verzweifelt, bedürftig und so, wie ich auf keinen Fall klingen will.
    Jetzt sieht er mich. Unsere Blicke begegnen sich. Etwas ist seltsam in seinen Augen. Er sieht aus, alswürde er mich bedauern. Dann dreht er sich um, wendet sich ohne ein Wort ab und geht, läuft beinahe zu einem der großen Gebäude hinüber.
    Ich renne ihm nach, bleibe aber dann so abrupt stehen, dass ich beinahe hinfalle. Das Gras ist glitschig vom Regen.
    Ich schlucke und drehe mich schließlich um. Eigentlich kenne ich ihn ja überhaupt nicht. Ich dachte zwar, dass er mich mag. Aber dann hätte er mich ja schon beim letzten Mal gefragt, ob wir uns nicht wiedersehen wollen. Trotzdem hätte ich gehofft … Keine Ahnung, warum er so seltsam reagiert, mich so komisch angesehen hat. Es kann doch nicht sein, dass er irgendwas von jemand anderem erfahren hat, mich nun auch hasst?
    Scheiße, ich brauche irgendjemanden, der mir hilft.
    Und wieder ist Clara die Einzige, die mir einfällt. Die Einzige, die mir vielleicht jetzt noch helfen kann. Sie muss mich einfach verstehen. Tim könnte uns vielleicht auch helfen, über das Internet eine Spur zurückverfolgen oder so. Er kennt sich doch so gut aus mit Computern.
    Durch das Fenster der Gartenlaube beobachte ich Claras Haus. Die Terrassentür geht auf und Tatjana kommt heraus, schüttelt ein Küchentuch in den Rosen aus. Krümel stauben um sie herum. Ein Schatten schlüpft an ihr vorbei, Toljenka, der Kater. Ich denke,er muss eigentlich längst ein Greis sein, zumindest gehört er schon ewig zu Tatjana und ist so dick, als würde er jeden Tag russische Nachspeisen fressen.
    Tatjana pfeift vor sich hin. Ein Schatten in der offenen Tür.
    Der Schatten macht einen Schritt, tritt auf die Terrasse heraus. Es ist Clara. »Hallo«, ruft sie fröhlich.
    Tatjana geht auf sie zu, nimmt sie in den Arm. Und ich spüre einen Stich irgendwo im oberen Bauchbereich. Früher hat Tatjana mich auch manchmal an ihren weichen Busen gedrückt. Das war ein wenig so, als würde man von einer Wolke umarmt werden.
    Sie gehen zusammen ins Haus zurück, schließen die Tür hinter sich. Mir fällt auf, dass es immer kälter wird. Plötzlich spüre ich, wie etwas an meinem Bein entlangstreift. Ich erschrecke, unterdrücke gerade noch einen Aufschrei. Dann sehe ich, dass es nur Toljenka ist. Ich bücke mich und streichle ihn. Sein Fell ist warm und weich. Er streckt sich vor mir auf dem Boden aus, öffnet sein Maul und gähnt. Es stinkt widerlich nach Katzenfutter. Ich richte mich wieder auf, merke, dass mir ein wenig schwindlig ist. Ich muss mich an der Wand der Laube festhalten. Das Holz ist rau und kalt. Meine Zunge klebt am Gaumen fest. Vermutlich habe ich viel zu wenig getrunken.
    Mit einem Mal habe ich das Gefühl, dass nichts mehr Sinn macht. Ich gehe, drücke mich in die Lücke zwischen Mauer und Hecke.
    Irgendwo schreit ein Vogel. Feuchte Nadeln bohren sich in meinen Nacken. Ich habe bestimmt die ganzen Haare voll. Plötzlich fühle ich mich total müde. Ich mache einen Moment lang die Augen zu, sehe nichts außer helleren Lichtpunkten. Ein Auto fährt vorbei. Ich habe Sehnsucht nach irgendetwas, das ich nicht benennen kann. Die Mauer, an der ich mich abstütze, ist glatt mit ein paar winzigen Löchern.
    Ich höre etwas scheppern. Als ich vorsichtig herausluge, ist es nur Tatjana, auf dem Weg zur Mülltonne. Sie scheint irgendwie zu fühlen, dass sie beobachtet wird, und dreht sich um. Ich verschwinde, so schnell ich kann, hoffe, die Bewegung in den Zweigen verrät mich nicht. Aber wenn ich mich weiter nach hinten durchdrücke, hört man das bestimmt. Wieder schreit der Vogel.
    Tatjanas Schritte kommen näher. Werden lauter und dann wieder leiser. Sie geht vorbei. Ich merke, dass ich die Luft angehalten habe.
    Meine Beine schlafen ein und doch traue ich mich nicht hinaus. Ich merke, dass ich Nadeln von der Hecke rupfe. Eine ganzer Zweig ist schon kahl.
    Geräusche im Carport. Ich zwänge mich an der Mauer entlang, reiße mir den Knöchel blutig und verheddere mich mit meinem Fuß in ein paar Wurzeln.
    Es ist Ralf. Ausgerechnet.
    Und er geht nicht zur Tür, sondern in meine Richtung.
    Ich halte den Atem an, drücke mich an die Mauer.
    Dicht, viel zu dicht, geht er an mir vorbei, ich meine ihn spüren zu können. Die Härchen in meinem Nacken stellen sich auf.
    Er muss das doch auch fühlen.
    Aber er bemerkt nichts, geht einfach so weiter, sieht sich kein einziges Mal um.
    An der

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