Pasta Mortale
nichts zu verbergen haben, verstehe ich
eigentlich nicht.«
Dr. Arenbach mochte viele herausragende Eigenschaften haben,
das Schnelldenken gehörte nicht dazu. Zögernd überlegte er hin und her und
spielte dabei mit dem kleinen Gerät in seiner Hand. Den Ausschlag für seine
Entscheidung gab dann offenbar seine Frau, die nur schüchtern sagte: »Daniel,
der Inspektor hat doch recht, oder? Du hast nichts zu verbergen.«
Jetzt erst gab sich der Botschafter einen Ruck und reichte
Wallner das Gerät. Dann nickte er den beiden Männern zu, drehte sich um und
verließ wortlos den Raum.
*
Während ihr Mann mit Mario Palinski Kaffee bei
den Arenbachs schlürfte, hatte Franka Wallner der Volksschule in der Krim einen
Besuch abgestattet. Korrekterweise musste man sagen, dem Direktor der
Volksschule in der Krim, Mag. Martin Nesselberger. Einem fast zwei Meter
langen, 34 Jahre alten und äußerst sympathischen Pädagogen, der sich
offenbar einige Gedanken um Valeria machte.
»Ich habe mir schon solche Sorgen um Va…, um Frau Modrianow
gemacht«, bekannte der Schulmann aufgeregt. »Sie wollte mich gestern anrufen,
hat es aber nicht getan. Und als ich versucht habe, sie zu erreichen, hat sich
niemand gemeldet. Immer nur der verdammte Anrufbeantworter. Dazu kommt noch,
dass Natascha gestern und heute nicht zur Schule gekommen ist.«
»Von mir aus können Sie ruhig bei ›Valeria‹ bleiben«,
ermunterte ihn Franka. »Aus Nataschas Bemerkungen habe ich entnehmen können,
dass Sie und Frau Modrianow … zumindest Freunde sein dürften.«
Der hochgewachsene Mann war plötzlich rot geworden im
Gesicht. »Ich bin ganz krank vor Sorgen um Valeria. Wir haben uns vor etwa vier
Monaten bei einer Schulveranstaltung kennengelernt.« Er blickte die Inspektorin
an wie ein riesiger Teddybär. Fast zum Abbusseln, fand die sonst nicht zu
derart spontanen Gefühlsäußerungen neigende Franka. »Es war … wie wenn der
Blitz einschlägt und gleichzeitig zwei Menschen trifft.« Er lächelte. »Wenn es
je eine große Liebe gegeben hat, dann ist das unsere. Aber entschuldigen Sie,
ich wollte Sie nicht mit meinen Gefühlen belästigen.«
»Aber ich bitte Sie, es schmeichelt mir, wenn Sie mir
offenbar so weit vertrauen, dass Sie mir Ihre geheimsten Empfindungen
anvertrauen.« Franka war richtig hin und her gerissen, etwas, das ihr sonst
kaum passierte. Schon gar nicht mit Menschen, die sie noch keine fünf Minuten
kannte. »Obwohl ich ja nicht weiß, ob Sie die Geschichte Ihrer Liebe nicht
jedem erzählen, der sich länger als eine Minute in Ihrer Nähe aufhält.«
Jetzt wurde der süße Kerl tatsächlich wieder rot im Gesicht
und machte auf verlegen. Langsam wurde Franka diese Ermittlung ein wenig zu
unsachlich. Also zwang sie sich zu einem betont nüchternen Ton. »Ich bin aber
nicht hier, um über Sie zu sprechen, sondern Informationen über Frau Modrianow
einzuholen.« Sie informierte Nesselberger kurz über das Geschehen. »Nachdem die
Polizei definitiv nichts mit dem Verschwinden … Ihrer Freundin zu tun hat,
können wir auch eine Entführung nicht ausschließen. Ist Ihnen in letzter Zeit
etwas an oder in Zusammenhang mit Valeria aufgefallen, das auf so eine
Entwicklung hätte schließen lassen?«
Martin Nesselberger überlegte, schüttelte den Kopf und meinte
dann: »Ich kann das nicht beurteilen. Am besten, ich erzähle Ihnen alles von
Anfang an. Aber halten Sie mich bitte nicht für indiskret oder geschwätzig.«
»Es geht darum, Valeria zu finden«, stellte Franka klar.
»Daher sollten Sie so offen sein wie nur möglich. Sie wollen sie doch so
schnell wie möglich wieder zurückhaben?«
Der Mann, der eher wie ein großer Bub wirkte denn wie ein
Schuldirektor, nickte und begann zu erzählen.
Ein halbes Jahr nach dem Tode ihres Mannes hatte Valeria ein
Verhältnis mit Daniel Arenbach begonnen. Angeblich keine stürmische Liebesbeziehung,
sondern eine mehr auf Geborgenheit und Dankbarkeit beruhende Freundschaft, in
der eben gelegentlich auch Sex stattfand.
»Beatrix Arenbach hat davon keine Ahnung gehabt und weiß,
soweit ich informiert bin, bis heute nichts davon. Das hat Valeria zunehmend
belastet, da sie die Frau sehr schätzt, ja liebt.«
Gleich nachdem sich Martin und Valeria ›gefunden‹ hatten, ein
etwas verstaubter Begriff, der aber hier sehr gut passte, wie Franka fand,
hatte sie mit Daniel gesprochen und das Verhältnis beendet. Kein Zweifel, dass
dem
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