Pasta Mortale
über die Arenbach angeblich Kontakt mit der ›Fremdenpolizei‹
und mit Valeria aufgenommen hatte. Es handelte sich um einen Festnetzanschluss
in einem Büro in diesem neuen Businesscenter jenseits der Donau. »Der
Mietvertrag lautet auf eine Anton Buber KG «, berichtete Wallner. Die wenigen
eingegangenen Gespräche, die mit einer einzigen Ausnahme alle von einem,
vermutlich dem Wertkartenhandy Arenbachs stammten, waren ausnahmslos an eine
Mobilnummer weitergeleitet worden. Die Gesprächsumleitung war aber gestern
Abend wieder aufgehoben worden.
»Wir werden uns die Buber KG ansehen«, legte Wallner fest, »ich
glaube aber nicht, dass dabei viel herauskommen wird. Die einzige Hoffnung
liegt jetzt bei diesem Bartulek. Den werde ich mir gleich persönlich vornehmen.
Vielleicht bringt ja auch die Analyse von Arenbachs Handy etwas. Aber da müssen
wir den Bericht der Technik abwarten.«
Damit war die Besprechung beendet. Abschließend vereinbarten
die drei, sich spätestens am Abend wieder auszutauschen. Vielleicht bei einem
Vierterl beim ›Zimmermann‹, dem in der Armbrustergasse.
*
Karl Heinz Kracherl junior war ein wichtiger
Mann in der Wiener, nein, in der österreichischen Gastroszene. Nicht nur, dass
er vier wirklich gut gehende Restaurants sein Eigen nannte, davon zwei
Haubenlokale in der Innenstadt, das ›Offizierscasino‹ und die ›Künstlerklause‹,
die beim laufenden Test Kandidaten für den einen oder anderen Goldenen
Kochlöffel waren. Nein, dank seiner angenehmen Stimme, seines selbstsicheren
Auftretens und seiner guten Beziehungen hatte auch das Fernsehen den fotogenen
Fachmann entdeckt. Er konzipierte und moderierte die wöchentlich zur
Ausstrahlung gelangende, 45 Minuten dauernde Sendung ›Gourmetführer‹ und machte
seine Sache gar nicht schlecht. Wirklich nicht.
Kracherl junior war aber auch geschäftsführender Vizepräsident
des Verbandes der Wiener Gastlichkeit. Da Präsident Alphons Schmutzinger vom
legendären ›Grünen Waldschrat‹ mit seinen 89 Jahren nur mehr als freundlich
belächelter PR -Gag
bei Eröffnungen und Ehrungen eingesetzt werden konnte, bedeutete das gleichzeitig,
dass Kracherl junior der starke Mann der Wiener Gastronomie war. Und das schon
seit einigen Jahren.
Weil Wien eigentlich ein großes Dorf war und der uralte
denkmalgeschützte ›Henningsbacher Hof‹ in Nußdorf das jüngste und größte Lokal
Kracherls beheimatete, gab es da noch ganz andere ›Konnektschens‹.
Karl Heinz hatte vor mehr als drei Jahren auf einer Weltreise
in Osaka die japanische Mezzosopranistin Miyu Kanawote kennen- und lieben
gelernt. Bald darauf gab Miyu ihrem Kall das Jawort und spielte seither als
exotische Heurigenwirtin Miyu Kracherl in der Wiener Gesellschaft keine kleine
Rolle.
Das übrigens auch in der Döblinger Fledermaus, in der die
attraktive Frau die Rolle der Rosalinde übernommen hatte. Ein wahrer Glücksfall
für die Theatercompany, auch wenn es wahrscheinlich die erste Inszenierung der
Operette war, in der die Frau des Rentiers Eisenstein akustisch ohne ›r‹
auskommen musste. Na ja, »Glücklich ist, wel velgisst, was doch nicht zu ändeln
ist«. Das war irgendwie lieb. Aber man musste sich erst daran gewöhnen, vor
allem in Wien.
Aber auch für Kracherl schaute einiges dabei heraus. Immerhin
richtete er beziehungsweise natürlich sein Betrieb auch das großartige Fest im
Park des Prinzen Orlofsky aus, und da sollte nach dem Konzept Ondraseks schon
einiger Alkohol fließen. Nicht Champagner, so großzügig waren die Sponsoren
auch wieder nicht gewesen. Aber jede Menge Sekt und Bier für Akteure und
Zuschauer. Na, auch nicht schlecht.
Jetzt saß Karl Heinz Kracherl in seinem Büro am Fleischmarkt
und wartete auf Werner Lommel. Lommel war bis vor vier Jahren dreimal
hintereinander ›Sommelier des Jahres‹ geworden, einmal sogar ›Europäischer
Sommelier des Jahres‹. Nach einer durch einen Autounfall bedingten,
irreparablen Verletzung des Nervus olfactorius litt der bedauernswerte Lommel
plötzlich unter Anosmie. Das bedeutete, dass sein wichtigstes Werkzeug, die
Nase, nicht mehr funktionierte. Der Geruchssinn war ihm völlig
abhandengekommen. Was schon für jeden ›normalen‹ Menschen ein schlimmer Schlag sein
musste, war für Lommel eine Katastrophe gewesen. Nicht nur, dass er seinen
Beruf quasi über Nacht aufgeben hatte müssen, seine Frau hatte ihn ein knappes
halbes Jahr später
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