Pasta Mortale
geworden wie alle anderen, fand er jetzt in einem der raren Momente völliger
Klarheit. Dass sie so rar waren, gefiel ihm plötzlich gar nicht.
In der Zwischenzeit war auch Franka Wallner eingetroffen, um
die Ergebnisse der morgendlichen Befragungen im Falle Modrianow auszutauschen.
Alle
Anwesenden waren sich einig, dass das Verhalten Dr. Arenbachs mehr Fragen
aufgeworfen als beantwortet hatte.
»Es ist doch irgendwie unverständlich, dass es dem
Botschafter aufgrund seiner Position und mit seinen Verbindungen nicht möglich
gewesen sein sollte, Valeria und ihrer Tochter eine Aufenthaltsgenehmigung zu
beschaffen«, fand Wallner. Noch dazu, wo die beiden über Jahre eine mehr als
freundschaftliche Beziehung gepflegt hatten.
Diese Information sowie die, dass Valeria die Beziehung
beendet und mit dem Direktor von Nataschas Schule eine neue begonnen hatte,
waren für Wallner und Palinski neu und sorgten für einiges Erstaunen.
»Das rückt die gute Beatrix Arenbach natürlich in ein etwas
anderes Licht«, stellte der Oberinspektor fest. »Vielleicht will sie ja die
Mutter loswerden und das Kind behalten, zwei Fliegen mit einem Schlag zur
Strecke bringen. Außerdem ist es doch seltsam, dass das Erste, was sie nach dem
Verschwinden Frau Modrianows macht, die Anmeldung der Kleinen in einer teuren
Privatschule ist.«
»Warum hat uns niemand von den Arenbachs auf die Existenz
dieses Martin Nesselberger hingewiesen?«, wunderte sich Franka jetzt. »Es ist
kaum vorstellbar, dass die beiden nichts davon mitbekommen haben. Immerhin weiß
Natascha Bescheid, und die hat sicher zumindest mit ›Tante Beatrix‹ darüber
gesprochen. Oder?«
»Sollte man eigentlich annehmen«, räumte Palinski ein.
»Vielleicht hat Frau Arenbach aber doch vom Verhältnis ihres Mannes gewusst,
ich denke, eine Frau spürt so etwas? Und nicht darüber gesprochen, um sich
nicht aufs Glatteis zu begeben.«
Er kratzte sich an der Nase. »Was hat die Spurensicherung in
Valerias Wohnung eigentlich gefunden?«
»Das ist eine gute Frage«, brummte Wallner. »Der Bericht
müsste eigentlich längst da sein.« Er drückte die Gegensprechanlage zu seinem
Vorzimmer und gab die Frage weiter.
Zwei, drei Minuten später betrat Frau Zechner,
Vertragsbedienstete und dienstbarer Geist im Büro des Oberinspektors, den Raum
und legte eine Mappe auf den Schreibtisch. Wallner dankte, öffnete die Mappe
und entnahm ihr den Bericht. »Na, so etwas«, meinte er dann. »Was bedeutet das
wieder?« Er hielt Franka den Wisch hin. »Es wurden drei Abdrücke gefunden, die
weder der Modrianow noch ihrer Tochter zuzuordnen waren. Wem der Abdruck auf
dem Glas in der Küche gehört, wissen wir nicht. Der gleiche Abdruck findet sich
auch auf dem Anrufbeantworter. Vielleicht kann uns da Europol oder Interpol
helfen. Der schöne Fingerprint auf dem silbernen Bilderrahmen im Vorzimmer
dagegen stammt von …, er hielt inne, vielleicht um die Spannung zu
erhöhen, »… einem gewissen Josef Bartulek.«
»Who the hell is Bartulek?«, Palinski konnte der Versuchung
nicht widerstehen, mit seinen fragmentarischen Eng-
lischkenntnissen zu protzen.
»Bartulek war bis vor etwas mehr als vier Jahren
an der Botschaft in Bukarest beschäftigt«, erklärte Wallner. »Als
Unregelmäßigkeiten in der Konsularabteilung bekannt geworden waren, ist er im
Anschluss an ein Disziplinarverfahren nach Wien versetzt worden und ein halbes
Jahr später aus den Diensten des Ministeriums ausgeschieden.«
»Es scheint langsam Zeit zu werden, uns eingehend darüber zu
informieren, was damals in Bukarest eigentlich geschehen ist«, warf Palinski
ein. »Immerhin hat die Sache ja angeblich Dr. Modrianow das Leben gekostet. Und
das seiner Frau steht inzwischen möglicherweise auch auf dem Spiel. Oder sehe
ich das zu dramatisch?«
»Ganz und gar nicht«, stimmte der Oberinspektor zu, und
Franka nickte. »Jetzt müssen wir schauen, dass wir so rasch wie möglich einen
einigermaßen authentischen Bericht darüber bekommen, was damals eigentlich
geschehen ist. Angeblich weichen die einzelnen Versionen beträchtlich
voneinander ab.«
Sie kamen überein, Ministerialrat Miki Schneckenburger darum
zu bitten, da diesem die Beschaffung der Akte mit der Autorität des Ministers
im Rücken wahrscheinlich am raschesten möglich sein würde. Auf jeden Fall
schneller als auf dem üblichen Amtsweg.
Inzwischen lag auch das Ergebnis der Überprüfung der
Telefonnummer vor,
Weitere Kostenlose Bücher