Pasta Mortale
darf«, erklärte er mit leiser Stimme. »Das
bringt Bajazzo nur in Rage. Also bitte noch etwas Geduld, mein Freund.«
Folgsam hielt Colonel Rayn die Klappe, und Bajazzo stellte
Lommel vor, »the european winechampion«. Und der begann seine rund 30-minütige
Schau mit einem Grünen Veltliner Steinfeder. Also dann Prost.
*
Als sie das seltsame Geräusch weckte, hatte
Valeria zunächst nicht die geringste Ahnung, wo sie war. Nach zwei, drei
Sekunden wurde ihr ihre Situation aber wieder bewusst. Sie war auf der Flucht
und versteckte sich in einem überdimensionierten Puppenhaus im Wald. Jetzt
erinnerte sie sich auch an die Taschenlampe und machte Licht, um sich umsehen
zu können.
Das komische Quaken musste von dem Handy kommen, das sie
ihrem Bewacher abgenommen hatte. Komisch, dass sie das Gerät die ganze Zeit mit
sich getragen, aber überhaupt nicht daran gedacht hatte. Möglicherweise hätte
sie längst Hilfe herbeirufen können und läge jetzt sicher in ihrem warmen Bett
zu Hause.
Unbarmherzig zirpte das Handy weiter, dachte nicht daran
aufzugeben, das zähe Stück. Obwohl Valeria eigentlich Angst davor hatte, juckte
es sie ungeheuerlich, zu erfahren, wer da anrief. Nach ein paar Sekunden hin
und her Überlegens griff sie entschlossen in ihre Jacke, drückte die
Gesprächsannahmetaste und meldete sich mit einem möglichst neutralen »Hmmmm.«
»Hier … hmm … Rektor. Was ist los mit Ihnen?«, fuhr
sie eine leise Stimme böse an. »Sie wollten mich schon vor mehr als zwei
Stunden anrufen und Meldung machen. Wofür glauben Sie eigentlich, dass Sie so
viel Geld bekommen? Also, was ist jetzt? Ist die Frau tot? Haben Sie ihre
Leiche beseitigt?«
Valeria konnte nur mit Mühe verhindern, laut aufzuschreien.
Falls sie richtig verstanden hatte, und sie war sich darin einigermaßen sicher,
wollte jemand namens Rektor von ihr erfahren, ob sie bereits tot und möglichst
unauffindbar verscharrt war.
Und das Allerschlimmste war, sie glaubte zu
wissen, nein, sie war sich absolut sicher, wer der unheimliche Anrufer war. Wer
sich hinter diesem seltsamen Pseudonym versteckte.
»Hmmm«, brummte sie nochmals in das Mikrofon.
»Was soll dieses ›Hmmm‹ bedeuten?«, zischte sie Daniel
Arenbach an. »Soll das jetzt ›ja‹ bedeuten?«
»Hmmm«, wiederholte Valeria und dann mit so tiefer Stimme,
wie es ihr möglich war: »Ja.«
»Na endlich«, Arenbach wirkte erleichtert, hatte ihr offenbar
den aus dem Tiefschlaf gerissenen Gesprächspartner, das heißt Killer,
abgenommen. Und er wusste offenbar auch noch nichts von ihrer Flucht. Das war
gut, falls sie recht mit ihrer Vermutung hatte. Aber konnte sie da wirklich
sicher sein?
»Warum nicht gleich«, gab sich der Rektor versöhnlich.
»Setzen Sie sich morgen wie vereinbart mit mir in Verbindung. Also dann, gute
Nacht.«
Valeria war wie vor den Kopf geschlagen. Daniel, ihr
väterlicher Freund, der sogar überlegt hatte, Beatrix zu verlassen und ein
Leben mit ihr aufzubauen, steckte hinter alldem? Wenn ihr das jemand erzählt
hätte, sie hätte es ihm nicht geglaubt. Aber so, sie hatte es schließlich mit
eigenen Ohren gehört. Ihr Daniel ein derartiges Schwein? Aber immer gut
erzogen, wünschte dem vermeintlichen Mörder seiner ehemaligen Geliebten sogar
noch eine gute Nacht.
Doch da war noch etwas. Ihr Mann Nikolaj war am letzten Abend
weggegangen, um ein sehr ernstes, ja ein entscheidendes Gespräch mit einem
gewissen Hektor zu führen. So lautete der Name, den sie verstanden hatte. Das
war das letzte Mal gewesen, dass sie ihn lebend gesehen hatte. Bei den späteren
Untersuchungen des Todes Dr. Modrianows hatte ihr Hinweis auf diesen Namen aus
griechischer Sagenwelt zu nichts geführt. Kein Wunder, falls sie sich verhört
haben sollte. Dieser Verdacht lag jetzt sehr nahe. Aber bitte, Mord verjährte
schließlich nicht.
An Schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Zu
sehr bohrten die fehlenden Antworten auf die dringendsten Fragen. Vor allem
aber schmerzten die offensichtlich werdenden Zusammenhänge, die zum Teil wie
von selbst ersichtlich wurden. Sich zusammenfügten wie ein Puzzle, dessen
strategisch wichtigster Teil endlich gefunden worden war und damit das
Gesamtbild erst möglich machte.
Und vor allem anderen, was war mit Natascha?
*
Die Variationen von gebackenen Schnitzeln hatten
seine Gäste zu allerhöchsten Lobeshymnen veranlasst. Dieses panierte Rehkitz,
das Kaninchenfilet im
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