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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Anfang des Terzetts mit Rosalinde und Eisenstein musste
Palinski, also Dr. Blind, lediglich kurze Halbsätze wie ›Nur Geduld‹, ›Wer ist
schuld?‹ und ›Das ist nicht wahr‹ von sich geben. Mein Gott, er in einem
Terzett mit Rosalinde und Eisenstein, wenn ihm das jemand vor einem Jahr
vorhergesagt hätte.
    Langsam steigerte sich das Singen der drei zu einer
veritablen Auseinandersetzung zwischen Eisenstein und dem Anwalt, den der
Rentier verantwortlich für drei zusätzliche Tage im Häfn, Knast, Gefängnis
machte. Doch die entzückende Miyu Kracherl, eine hervorragende Rosalinde, sah
man von dem leidigen Problem mit dem ›r‹ ab, ließ es nicht so weit kommen.
    »Das Beste wäl, Sie gehn hinaus«, sang sie, »sonst wild noch
ein Skandal dalaus.«
    Jetzt war noch Mario mit »Nein, diesen Ton hält man nicht
aus, ich gehe schon, ich geh hinaus« dran. Und dann Abgang.
    Damit war der erste Akt für ihn auch schon wieder vorüber.
Erleichtert schleppte er sich in die entfernteste Ecke hinter den Kulissen und
setzte sich auf den Boden. Da wollte er jetzt so lange sitzen bleiben, bis sich
sein aufgeregt klopfendes Herz wieder einigermaßen beruhigt hatte.
    Also, so schlecht war das ja gar nicht gewesen, dachte er
noch. Da war ja sogar noch etwas Applaus zu hören. Oder war das bloß das
Rauschen des Windes in den Bäumen?

     
    *

     
    Während sich
Valeria in einem etwas zu groß geratenen ›Puppenhaus‹ im Wienerwald versteckte,
besuchte Beatrix Arenbach mit Natascha eine Aufführung der Oper Hänsel und
Gretel in der Wiener Volksoper. Man konnte Kinder ja nie früh genug an die
klassische Musik heranführen, und am besten geeignet dafür war nach Ansicht gar
nicht weniger selbstgestrickter Musikpädagogen die Geschichte einer Hexe, die
zwei Kinder essen wollte. Und das mit Musik dazu.
    Man stelle sich das vor: Ein sechsjähriges Mädchen, dessen
Mutter verschwunden war, wurde zum Besuch eines Musiktheaterstücks gezwungen,
dessen Handlung maßgeblich dadurch bestimmt wurde, dass eine Mutter ihre Kinder
in den Wald schickte. Wo die beiden als Leckerli für das böse Weib mit der
Warze auf der Nase dienen sollten.
    Wie auch immer, Dr. Daniel Arenbach war allein in der schönen
Villa am Schreiberweg. Er hatte eine gute Flasche Wein aus dem Keller geholt,
schon vor zwei Stunden geöffnet, damit der edle Rote auch ausreichend atmen
konnte, bis er seiner endlichen Bestimmung zugeführt wurde. Und das würde in
Kürze der Fall sein. Ja, eigentlich sollte der erlösende Anruf bereits vor
einer halben Stunde gekommen sein. War er aber nicht. Auf jeden Fall konnte es
sich aber nur mehr um Minuten handeln, ehe er sich erleichtert dem Suff auf
höchster qualitativer Ebene hingeben konnte.
    Wenn alles so gelaufen war, wie geplant, und nichts sprach
dagegen, dann würde er in Kürze Grund zum Feiern haben. Kein reiner Grund zur
Freude, denn die Sache hatte wie alles im Leben zwei Seiten. Er würde aber ein
großes, in letzter Zeit sogar übermächtig angewachsenes Problem losgeworden
sein. Und das war wohl ein Anlass für einen wirklich guten Tropfen. Schade nur,
dass er mit niemandem darüber sprechen, seinen Erfolg nicht teilen konnte. Ja,
nicht einmal mit Beatrix, die, obwohl ebenfalls Nutznießerin der Entwicklung,
wahrscheinlich kein Verständnis für einzelne Details der Problemlösung haben
würde.
    Nervös lief Arenbach auf der Terrasse seines Hauses auf und
ab, kontrollierte sein Handy zum wiederholten Mal auf die Funktion des Akkus
und wurde immer nervöser. Konnte irgendetwas schiefgelaufen sein? Kaum, denn
dann hätte er sicher davon gehört. Beruhige dich, Daniel, redete er sich gut
zu, bloß nicht die Nerven verlieren. In einer Stunde ist alles vorüber, wird
alles wieder in Ordnung sein. Fast alles zumindest. Was gab es denn jetzt
eigentlich im Fernsehen?
    Verdammt noch mal, wieso rief der Scheißkerl nicht an und
machte endlich die erlösende Vollzugsmeldung? Wer sollte denn diese Anspannung
auf Dauer aushalten?

     
    *

     
    Alles hatte
ein Ende, und damit auch die teilweise leicht verunglückte, insgesamt aber
besser als erwartet verlaufene Generalprobe. Nachdem sich die kleine Intrige
gegen Eisenstein aufgeklärt und der Geläuterte seine Rosalinde um Verzeihung
gebeten hatte, erloschen gegen 22.15 Uhr die zusätzlichen Lichter, und die
durchaus begeisterten Zaungäste wanderten ab. Ins Gasthaus, zum nächsten
Heurigen oder nach Hause. Palinski, der

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