Pastetenlust
Nervenzusammenbruch. Soviel ich weiß, befindet sie sich derzeit in einem
Privatsanatorium in der Nähe von Thalgau.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Die Ehe
klappte wohl auch nicht mehr so ganz, seit sie den Reiterhof übernommen hat.“
„Wo wohnte Lettenberg eigentlich?“
„Er besitzt, vielmehr besaß ein Haus in der Nähe von München
und ein Penthouse in Berlin. Ich bin aber sicher, dass es noch einige Absteigen
gibt, von denen selbst ich nichts weiß.“ Marion Waldmeister lachte bitter. „Er
hat niemandem voll vertraut oder alles erzählt. Nach der Eheschließung haben
die beiden meistens in München oder auf Sophies Reiterhof verbracht.“
„Wie sieht es mit Verwandten aus?“
„Seine Eltern leben in Wiesbaden. Jürgen hatte aber in den
letzten Jahren wenig Kontakt zu ihnen. Zuletzt haben sie sich bei der Hochzeit
gesehen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das muss man sich einmal vorstellen. Hat
Eltern und sieht sie zwei Jahre lang so gut wie nie.” Wallner spürte Kummer
hinter ihrer Äußerung. Er wollte das Gespräch aber nicht in diese Richtung
lenken, hatte so schon genug Probleme am Hals.
„Dann gibt es noch eine Großmutter in einer Seniorenresidenz
in Eschborn. An ihr muss Jürgen ziemlich gehangen haben. Er hat sie immer
besucht, wenn sich die Gelegenheit dazu geboten hat.“
Wallner merkte, dass Marion Waldmeister wieder zu weinen
begonnen hatte. „Sie werden ihn wohl sehr vermissen“, meinte er verständnisvoll
und hielt ihr ein sauberes Taschentuch hin.
Sie nickte nur, dann wischte sie sich die Augen trocken und
schnäuzte sich. „Ich sende es Ihnen gewaschen und gebügelt wieder zurück“, sie
lächelte wieder und steckte das zerknüllte Tuch ein.
„Ich denke, fürs e rste
sollte das jetzt reichen.“ Wallner schaltete das kleine Aufnahmegerät aus, mit
dem er das Gespräch mitgeschnitten hatte, natürlich mit Zustimmung der Frau.
„Wollen Sie sich jetzt etwas ausruhen oder können wir gleich zur Identifizierung
in die Gerichtsmedizin fahren?“
„Mir wäre es lieb, wenn ich das gleich hinter mich bringen
könnte“, meinte Marion Waldmeister und wollte schon aufstehen, doch Wallner
hielt sie zurück. „Eine letzte Frage noch. Wer könnte einen Vorteil aus
Lettenbergs Ableben ziehen?“
„Da fällt mir spontan Hans ›Jack‹ Ehrlinger ein, der jetzt
wohl die Rolle des Staatsanwaltes in der neuen Serie ›Im Auftrag desGesetzes‹
bekommen wird”, kam ihre spontane Antwort.
„Den können wir sicher auch nicht ganz außer acht lassen“, Wallner
schmunzelte. „Ich denke aber eher an Erbschaften, Lebensversicherungen, die
jetzt fällig werden oder ä hnliches.“
„Ich nehme an, dass alles oder das meiste an Sophie gehen
wird. Die Erbin wird aber auch enorme Schulden übernehmen müssen. Soviel ich weiß,
steht er alleine bei der Bank mit mehr als einer Million Euro in der Kreide.“
„Und wie steht es mit Lebensversicherungen“, bohrte Wallner
weiter, „ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Mensch unversichert durch
das Leben gegangen ist.“ Er registrierte, dass das Thema seiner
Gesprächspartnerin nicht angenehm war.
Sie druckste ein wenig herum, schien endlich zu einer
Entscheidung gekommen zu sein und eröffnete ihm schließlich, dass die einzige
Polizze * dieser Art, die ihr
definitiv bekannt war, sie als Begünstigte vorsah. „Bin ich jetzt verdächtig?“,
wollte Marion Waldmeister abschließend besorgt wissen.
„Das ist grundsätzlich einmal jeder aus dem Umfeld des
Opfers, der ein Motiv und die Möglichkeit zur Tat hat. Aber wir wissen ja noch
gar nicht, ob Lettenberg nicht ohnehin eines natürlichen Todes gestorben ist“,
beruhigte er die aufgeregte Frau. „Ich kann auch Ihr Zögern verstehen und
schätze Ihre Offenheit. Sie können sicher sein, dass wir früher oder später
ohnehin von der Existenz dieser Versicherung erfahren hätten.“
„Sie müssen verstehen,
dabei ging es um eine Art Abfindung für mich. Die hätte ich entweder mit seinem
50. Geburtstag oder mit seinem Ableben erhalten sollen. Das war Bestandteil
unseres Vertrages.“
„Um welchen Betrag handelt es sich dabei“, Wallner hatte
keine Vorstellung, welche Abfindungen in diesen Kreisen üblich waren.
„Die Polizze wurde vor acht Jahren auf 1 Million DM
abgeschlossen. Es geht also um eine runde halbe Million.“
Nun, das war selbst in
diesen Kreisen ein handfestes Motiv, musste Wallner zugeben. Er fühlte sich gar
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