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Pastetenlust

Pastetenlust

Titel: Pastetenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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tot.“
    Die Waldmeister blickte ihn einige
Sekunden lang fassungslos an. Dann fing sie nervös zu lachen an. „Aber das gibt
es nicht, das kann nicht stimmen. Ich habe ihn doch noch gestern um 11 Uhr
nachts gesehen, mit ihm gesprochen.“
    Dass die Menschen immer meinen, der Tod eines anderen
Menschen müsste zwangsläufig etwas sein, das sich vorher ankündigt und in jedem
Falle ein mehr oder weniger langes, für die unmittelbare Umgebung erkennbares
Sterben bedingt.
    „Das geht manchmal sehr rasch, Gnädige Frau“, Wallners Stimme
hatte einen tröstlichen, verständnisvollen Klang angenommen. Damit eine
Vertrauensbasis zu möglichen Verdächtigen aufzubauen war eine der
unbestrittenen Stärken des jungen Inspektors. „Es tut mir sehr leid, aber
soweit wir feststellen konnten, handelt es sich bei der heute Morgen
aufgefundenen Leiche um die sterblichen Überreste von Jürgen Werner Lettenberg.
Geboren am 14. April 1963 in Reschitz.“ Wallner merkte, dass die Frau langsam
begann, das Unfassbare zu begreifen. „Leider müssen wir Sie später noch bitten,
die Leiche zu identifizieren.“
    Frau Waldmeister, deren Augen sich mit Tränen gefüllt hatten,
nickte gerade stumm, als ein jüngerer Mann an den Tisch trat.
    „Guten Morgen Marion, ich kann Jürgen nicht finden. Er hat
mir den Termin fix zugesagt.“ Ehe die Frau noch reagieren konnte, war Wallner
schon aufgestanden, führte den Journalisten zur Seite und klärte ihn über die
Gründe des geplatzten Interviewtermins auf. „Wegen weiterer Details setzen s ie sich am besten mit unserer
Pressestelle in Verbindung.“ Entweder waren die Nachrichtenagenturen langsamer
als der Rundfunk oder die Kommunikation zwischen der Redaktion dieses
Journalisten mit ihren Mitarbeitern war auch im Zeitalter des Handys miserabel.
Auf jeden Fall hatte der zugegebenermaßen nur für den Gesellschaftsteil
zuständige Kollege noch keine Ahnung von den aktuellen Entwicklungen.
    Eingedenk der alten journalistischen Regel, dass ›bad news
good news‹ sind, stürmte der Mann ohne weitere Worte los. Sicher auch, um sich
als Überbringer dieser Toppmeldung das gesteigerte Wohlwollen seines
Chefredakteurs zu sichern.
    Sic transit gloria mundi, dachte sich Wallner, der zumindest
ein Wort des Bedauerns gegenüber Marion Waldmeister erwartet hätte.
    Die hatte sich zwischenzeitlich wieder soweit gefasst, dass
der Inspektor mit seinen Fragen beginnen konnte.
    „Sie haben vorhin gefragt, ob Herr Lettenberg möglicherweise
etwas angestellt hat. Wieder einmal, wenn ich das richtig verstanden habe.“
Wallner bemühte sich sichtlich, die Frau so schonend wie möglich zu behandeln.
Er fand sie sympathisch und ihre bisherigen Reaktionen hatten seinen
routinemäßigen Verdacht gegen sie bisher nicht verstärkt. Auch wenn sie mit
ihrer unübersehbaren Haarpracht ein wesentliches Merkmal mit der
geheimnisvollen Blondine gemein hatte, die Palinski in einer Umarmung mit
Lettenberg gesehen hatte.
    „Nun“, Marion Waldmeister zögerte. Weniger, um Wallner etwas
zu verheimlichen, eher, um ihren toten Schützling möglichst schonend zu
behandeln. „Besondere Menschen haben häufig auch besondere Vorlieben“,
umschrieb sie vorsichtig. „Und besondere Schwächen“, setzte sie fort. „Als ich
Jürgen vor mehr als zwölf Jahren kennengelernt und etwas später sein Management
in die Hand genommen habe, war er das, was man als ›Wilder Hund‹ bezeichnen
könnte. Sex, Alkohol, eine Zeit lang auch verbotene Drogen, es gab kaum etwas,
was er nicht ausprobiert hätte.“
    Sie griff in ihre Tasche und holte ein kleines Fotoalbum
heraus, dem sie nach einigem Suchen zwei Bilder entnahm.
    „Hier, so hat er ausgesehen, wie ich ihn kennengelernt habe“,
sie reichte Wallner das Bild. Es zeigte einen jungen schlaksigen Burschen mit
Christusfrisur, ungezähmtem Vollbart und lachenden, etwas stechend blickenden
Augen. „Und so hat er sich drei Jahre später präsentiert, nach seinem großen
Durchbruch mit der Serie ›Wir alle wollen leben.‹ Erinnern Sie sich daran.“
    Wallner erinnerte sich nicht, nickte aber zustimmend, um das
positive Gesprächsklima nicht zu gefährden. Das Foto zeigte einen gestandenen
Mann im Designeranzug, mit modischem Kurzhaarschnitt und siegessicherem Lächeln
im Gesicht, der lässig an einem rassigen Sportwagen lehnte. Wallner kannte sich
bei Autos nicht so aus, aber dass dieses Geschoss weit mehr gekostet hatte als
seinem

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