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Pastetenlust

Pastetenlust

Titel: Pastetenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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mehrmals. „Sie hat Jürgen sehr geliebt und liebt ihn
wahrscheinlich immer noch. Trotz allem, was er ihr angetan hat.” Immerhin habe
sein Sohn sie zu einer Abtreibung gezwungen, die damit endete, dass Marion
keine Kinder mehr bekommen könnte.
    „Als Dank dafür hat er sie ein halbes Jahr später verlassen
und sich eine andere genommen”, gab der alte Mann bitter von sich.
    „Jürgen war ein entzückendes Baby und ein besonders liebes
Kind. An seinem 12. Geburtstag haben wir ihn über seine Herkunft informiert.
Diese Eröffnung hat ihm anfänglich sehr zu schaffen gemacht. Es ist zu einer
gewissen Entfremdung zwischen uns gekommen. Andererseits hat er sich plötzlich
mehr für seine Großmutter interessiert.” Lettenbergs Atem ging immer schwerer,
sodass Palinski anregte, eine kleine Pause einzulegen.
    „Mit 17 Jahren ist er dann in schlechte Gesellschaft gekommen
und total versackt”, Lettenberg schon nach wenigen Minuten wieder fort. „Aus
dieser Halbwelt hat ihn erst Marion herausgeholt, zwölf Jahre später. Wir haben
damals fast keine Hoffnung mehr gehabt, dass er je wieder zurückfinden wird.”
    Gemeinsam arbeiteten Jürgen und Marion an seiner Karriere.
„Es war zunächst ihre Hartnäckigkeit, die ihm die erste große Chance   gebracht hat. Er hat diese dann mit seinem
Talent genützt. Mit dem Adrian Brand in ›Wir alle wollen leben‹ schaffte er
einen fulminanten Start.“ Innerhalb weniger Wochen hatte Jürgen den Sprung vom
unbekannten Underdog zum begehrten Star am deutschen Film- und Fernsehhimmel
geschafft.
    „Mit dem plötzlichen Ruhm und dem vielen Geld im Gefolge ist
der Junge aber nicht fertig geworden. Er hat mit dem Geld nur so
herumgeschmissen. Ganz so, als wollte er sich die Zuneigung der Leute um ihn
herum durch regelmäßige Zahlungen sichern. So souverän er in seiner Arbeit war,
so unsicher war er im privaten Leben.” In dieser Zeit hatte Lettenberg seine
Eltern großzügig unterstützt und ihnen eine Villa in der Nähe von Wiesbaden
gekauft. „Die mussten wir aber später wieder verkaufen, als Jürgen Geldprobleme
bekam.”
    „Ich bin alles andere als
ein Fernsehfanatiker”, Palinski konnte es nicht fassen, „aber selbst ich habe
mitbekommen, dass Ihr Sohn über Jahre hinweg einer der drei, vier beliebtesten
und vor allem gefragtesten männlichen Darsteller Deutschlands gewesen ist. Da
müssen doch etliche Millionen DM und zuletzt Euro hereingekommen sein.”
    Lettenbergs Vater nickte bedächtig, „Das stimmt schon. Nur,
so schnell wie er das Geld verdient hat, hat er es auch wieder ausgegeben. Für
Frauen, Häuser und Autos. Und viele andere Dinge, die eigentlich kein Mensch
benötigt.”
    Lettenberg war hochgradig süchtig gewesen. „Nicht nach
Rauschgift”, wie der alte Herr feststellte, „das war lediglich eine relativ
kurze Experimentierphase in seiner Jugend. Aus der ist er mit Hilfe Marions
ziemlich rasch wieder herausgekommen. Er hat das Teufelszeug später regelrecht
gehasst und große Beträge für den Kampf gegen die Sucht gespendet. Sein größtes
Problem war, er ist, war spielsüchtig, ein exzessiver Spieler.”
    Poker, Black Jack oder Roulette, ihm war egal, um welches
Spiel es sich handelte. Wichtig war nur, dass die Höhe des Einsatzes jene
Spannung brachte, die er offenbar bitter notwendig hatte. Ob er gewann oder verlor, war Lettenberg gar nicht so wichtig, was
zählte, war ausschließlich der Kick.
    „Meine Damen und Herrn, wir
befinden uns im Anflug auf den Frankfurter Rhein-Main-Flughafen. Bitte richten
Sie ...”, die Ansage der Senior-Flugbegleiterin unterbrach den monotonen, durch
gelegentliche Seufzer unterbrochenen Vortrag des alten Mannes. Palinski schloss
seinen Sicherheitsgurt und achtete darauf, dass sich Lettenberg, der in der
letzten halben Stunde Zeit und Ort vergessen zu haben schien, ebenfalls wieder
anschnallte.
    „Fliegen ist eigentlich gar nichts b esonderes”, meinte der Mann, „ich habe gedacht, dass es
aufregender sein wird. Ich finde Bahnfahren anregender.” Entschuldigend fügte
er dazu: „Das gilt natürlich nicht für unser Gespräch, Sie sind ein ganz
ausgezeichneter Zuhörer.”
    „Und wie ging es weiter”, Palinski wollte verhindern, dass
der ungehemmte Sprechfluss Lettenbergs der Unterbrechung zum Opfer fiel. Bis
zum Aussteigen blieben mindestens noch zehn Minuten.
    „Na ja, der Rest ist rasch erzählt. Nachdem ihn die
konzessionierten Spielbanken nicht mehr

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