Pastetenlust
Buschfeuer in der ganzen EU aufflackerten, stand der Fall unter
der besonderen Beobachtung der Innenministerkonferenz. Da wollte man natürlich
glänzen. Und ihm selbst würden Erfolge bei diesem und dem Lettenbergfall auch
nicht schaden. Seine Sektionschefin würde in sechs Jahren in Pension gehen. Man
konnte gar nicht früh genug beginnen, entscheidende Punkte zu sammeln. Er
beschloss, die Vernehmung des Verdächtigten selbst zu übernehmen und nach
Klagenfurt zu fliegen. Sobald geklärt war, wann er über einen Hubschrauber verfügen
konnte.
*
Die
Besprechung mit ›Global Film Enterprises‹ war kurz und schmerzlos verlaufen und
hatte Palinski einen sensationellen Erfolg gebracht. Nach knapp 45 Minuten
hatte er einen vorerst auf ein Jahr befristeten Beratungsvertrag in der Tasche,
der ihm einen stattlichen fünfstelligen Eurobetrag und der ›Global Film‹ das
Recht auf Nutzung seiner Datenbank und Betreuung brachte. Damit hatte Palinski
aber eigentlich gerechnet. Völlig überrascht wurde er aber von der Frage Dr.
Metzlers, des Geschäftsführers der ›Global Film‹, ob er sich zutraute, selbst
Drehbücher zu verfassen. „Ich weiß, dass Sie sehr ansprechend formulieren und
originelle Storys bauen können.”
Woher er diese Informationen habe, hatte
Palinski wissen wollen. „Ich bin im Aufsichtsrat des Porthos-Verlags. Herr
Bastian hat mir Ihren Namen genannt.”
Nun, da würden sich meine teilweise unsäglichen Leiden mit
Matt Bachinger, dem unerschrockenen Geheimagenten im Auftrag des Guten
möglicherweise doch noch bezahlt machen. Matt war der etwas verunglückte Held
der Kurzromane, die er für einen zweiten, eben den genannten Porthos-Verlag
schrieb. Alle zwei Wochen einen neuen. Eine erschreckende Vorstellung, aber
nicht schlecht bezahlt.
„Ich kann Ihnen natürlich brauchbare Sujets liefern und die
entsprechenden Dialoge”, gab sich Palinskis selbstbewusst. Aber von der film-
bzw. fernsehspezifischen Bearbeitung habe ich keine Ahnung.”
„Das spielt keine Rolle, dafür erhalten Sie entsprechend
qualifizierte Hilfe. Uns geht es um die Story und nicht um das drehfertige
Buch.” Metzler blickte ihn fordernd an. „Na, trauen Sie sich das zu?”
„Na, spricht Putin russisch”, wandelte Palinski den mit dem
Papst schon mehr als abgenutzten Spruch etwas ab. Er würde also innerhalb von
zwei Jahren mindestens drei Sujets für die beliebte Serie ›Hauptkommissarin
Britta Bunsen‹ liefern und hatte bereits jetzt ein Akonto in respektabler Höhe
dafür kassiert.
Zum Drüberstreuen war er noch vom
Entwicklungschefs der ›Global‹ eingeladen worden, über ein Konzept für
eine interaktive Krimishow nachzudenken, die ab Herbst des nächsten Jahres
produziert werden sollte.
Jetzt fuhr Palinski, der sich einen Leihwagen zum Verlag
bringen hatte lassen, mit Frank Lettenberg Richtung Eschborn. Dort befand sich
das Seniorenheim, in dem Josefa Willinger ihre letzten Jahre verbrachte.
Er war bemüht, seine hervorragende Stimmung nicht allzu sehr
zur Schau zu stellen, um dem alten Herrn gegenüber nicht pietätlos zu
erscheinen. Der ließ sich allerdings nicht täuschen.
„Ihr Gespräch muss gut
verlaufen sein”, stellte er fest.
„Merkt man mir das an?”, Palinski war erstaunt über die
ungewohnte Sensibilität, mit der der Mann auf ihn reagierte.
„Sie sind jetzt ein ganz anderer als heute Morgen. Vitaler,
strahlender, zielbewusster. Ich freue mich für Sie, Herr Palinski.”
Der bedankte sich und berichtete über seinen Erfolg, seine
früheren Misserfolge, seine Familie und was ihn sonst so beschäftigte. Und er
fühlte sich prächtig dabei.
Dreißig Minuten später stellte Palinski den Wagen auf dem für
Besucher vorgesehenen Parkplatz im parkähnlichen Garten des alten Schlösschens
ab, in dem sich das Heim befand. Sah nicht ganz billig aus, aber für Lettenberg
war es Ehrensache, für die Großmutter seines Jungen zu sorgen.
„Sie müssen wissen, dass Josefa bereits 88 Jahre alt und
leider nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Sie ist häufig nicht mehr ansprechbar,
die lichten Momente werden immer seltener”, bereitete Lettenberg Palinski vor,
während sie in Begleitung einer Pflegerin in den zweiten Stock hinaufstiegen.
„Frau Willinger hatte vor zwei Monaten einen leichten
Schlaganfall und seither Probleme mit dem Sprechen”, klärte Schwester Anita sie
noch auf. „Es strengt sie sehr an. Bitte berücksichtigen Sie
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