Pastetenlust
die
Salzburgerin Franca Aigner gerade dabei war, dem Wiener Helmut Wallner
Schmankerln der Bundeshauptstadt zu zeigen, wie gerade jetzt das
Hundertwasserhaus.
Der Inspektor fand das wirklich originelle und das Stadtbild
unzweifelhaft bereichernde Gebäude recht interessant. Einige Details ließen ihn
aber vermuten, dass das Haus angenehmer anzusehen als zu bewohnen sein musste.
Tatsächlich beschäftigte ihn aber etwas ganz anderes. Da war Marion
Waldmeister, eine sehr attraktive, interessante Frau, die ihn faszinierte und
seine Phantasie intensiv beschäftigte. Oder zumindest bis heute m orgen beschäftigt hatte.
Da war jetzt aber plötzlich
auch Franca Aigner. Eine schöne, auf ihre Art ebenso begehrenswerte junge
Kollegin, die seine Gefühle für die etwas ältere Frau spürbar relativierten.
Auf das reduzierten, was sie möglicherweise von Anfang an gewesen waren,
nämlich eine starke körperliche Attraktivität. Wallner hatte im Kollegenkreis
den Ruf, ein toller Hecht, ein überzeugter Single zu sein.
Manchmal glaubte er das selbst, wollte es glauben. Aber er
war selbstkritisch genug zu wissen, dass seine wahre Persönlichkeit eine ganz
andere war. Im Grunde genommen war er schüchtern, wegen seiner Erfahrungen noch
immer eher kontaktscheu und vor allem vom Wunsch beseelt, einen Menschen zu
finden. Den Menschen, mit dem er sein Leben verbringen wollte.
Dass Marion Waldmeister dieser Mensch nicht sein würde, war
ihm von Anfang an klar gewesen. Franca Aigner aber könnte dieser Mensch sein.
Er würde sich besonders behutsam verhalten, um das zarte Pflänzchen Zuneigung
nicht am Wachsen zu hindern.
„Helmut”, Franca ging das kollegiale ›du‹, auf das sich die
beiden rasch geeinigt hatten, schon gut über die Lippen. „Ich hätte jetzt Lust
auf eine Portion Eis mit Schlag. Am Schwedenplatz gibt es einen außerordentlich
guten Eissalon.”
Vom dem hatte Wallner auch schon gehört, warum sollte er ihn
nicht auch einmal kennenlernen.
Während sie zu Francas Auto gingen, kehrten seine Gedanken
noch einmal zu Marion zurück.
Die bedauernswerte Frau
saß nach wie vor in Untersuchungshaft, obwohl ihre Unschuld nun so gut wie
sicher feststand. Wäre sie noch in Polizeigewahrsam gewesen, dann hätte er ihre
formlose Entlassung veranlassen können. Da sie aber bereits der Justiz
überstellt worden war, musste sie wohl oder übel noch bis Montag brummen. Da er
das nicht selbst machen konnte, hatte er Palinski ersucht, Marions Anwalt
entsprechend aufzumunitionieren. Er überlegte, ob es wohl möglich sein würde,
ihr später zumindest ein gutes Abendessen vorbeizubringen. Um ihr zu zeigen,
dass es Menschen gab, die an sie dachten. Ob sie wohl chinesische oder lieber
italienische Küche mochte?
Francas Kleinwagen war schon in Sichtweite, als sie die rote
Ampel an der Kreuzung zum Stehenbleiben zwang. Es war wohl so eine Art
Berufskrankheit, die Wallner routinemäßig die Insassen der vorbeifahrenden
Fahrzeuge beobachten ließ. Plötzlich ergriff ihn eine unbestimmte Erregung,
sein professioneller Jagdinstinkt meldete sich vehement. Da der Fahrgast des
nach rechts abbiegen wollenden und daher vor dem Zebrastreifen anhaltenden Taxis
ebenfalls kurz nach rechts blickte, wandelte sich sein bis dahin unbestimmtes
Gefühl zum konkreten Verdacht. Der Mann in dem Taxi hatte große Ähnlichkeit mit
dem steckbrieflich gesuchten Roman Schuster. Zwar ohne Bart, aber den konnte er
sich ja abrasiert haben.
Franca Aigner erschrak, als Wallner ansatzlos auf das Taxi
lossprintete. Sie reagierte aber rasch und folgte ihrem Kollegen. Dem
vorbildlichen Einsatz blieb allerdings der Erfolg versagt. Wallner hatte sich
dem Taxi schon bis auf etwa drei Meter genähert, als der Wagen wieder anfuhr
und sich langsam im dichten Verkehr verlor.
Ohne sich um die wieder rote Ampel zu kümmern, rannten die
beiden Polizeibeamten zu Francas Auto. Gott sei Dank stand das Fahrzeug in der
richtigen Richtung, sodass nur knapp eine halbe Minute verging, ehe sie die
Verfolgung aufnehmen konnten. Obwohl es ziemlich aussichtslos schien, das Taxi
im dichten Verkehr noch einzuholen oder überhaupt zu erkennen, klammerte sich
Wallner an eine Hoffnung. Durch das offene Schiebedach des Taxis hatte eine
lange dünne Stange herausgeragt. Könnte eine Angelrute sein, dachte er sich.
Während Franca bewies, dass sie auch eine ausgezeichnete
Autofahrerin war, konzentrierte sich der Inspektor voll auf dieses
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