Pastetenlust
ein schöner Spaziergang mit Maximilian, ein paar Notizen für den nächsten
Mist, den ich produzieren muss. Ich freue mich schon auf den Tag, ab dem ich es
mir finanziell werde leisten können, auf das Herstellen dieses wöchentlichen
Schundes zu verzichten.
In ein paar Stunden kommt Tina aus der Schweiz zurück,
sodass einem netten Abend mit den Kindern hoffentlich nichts im Weg steht.
Also, falls ich Wilma wirklich einen Antrag mache, dann
gleich morgen. Ehe ich es mir noch anders überlege. Aber dann brauche ich auch
noch Blumen und einen Ring? Wenn schon, denn schon. Entweder mit Stil oder gar
nicht. Den Leihwagen sollte ich auch einmal zurückbringen. Steht doch bloß
herum und kostet Geld. Also nichts wie nach Hause, Maximilian und den Wagen
holen und ab in die Stadt.
Ich bin richtig aufgeregt bei dem Gedanken, Wilma morgen
zu fragen, ob sie mich heiraten will. »Was soll ich eigentlich sagen? Willst du
meine Frau werden? Oder, wollen wir heiraten ?« Es
sollte nicht zu kitschig ausfallen, wir sind ja keine Teenager mehr. Aber auch
nicht zu sachlich. »Willst du mich heiraten« in dem Tonfall, mit dem man
»willst du noch eine Semmel« sagt, wäre wirklich nicht gut.
Richtig gespannt bin ich ja auch, was sie von Maximilian
halten wird. Ich weiß schon, dass sie recht hat, wenn
sie sagt, Hunde haben in der Stadt nichts verloren. Sind arm dran in den
kleinen Wohnungen und ohne Auslauf. Aber trotzdem. Hoffentlich darf er
wenigstens in die Wohnung, wenn ich auf Reisen bin. Oder Harry schläft bei mir
herunten. Er ist ja schon groß genug.
Also was werde ich jetzt zu Wilma sagen?
»Wilma«, werde ich sagen, »wenn wir damals gleich
geheiratet hätten, falls wir überhaupt geheiratet hätten, dann würden wir
demnächst schon Silberne Hochzeit feiern. Was hältst du davon, wenn wir fürs e rste jetzt einmal überhaupt heiraten ?« Und falls sie mich fragen sollte warum, dann werde ich
sagen: »Weil das kein Zustand ist, so, wie es jetzt ist. Wir können uns ja
nicht einmal scheiden lassen .«
Eigentlich ist das gar nicht witzig. Das werde ich also
besser lassen. Was ist, wenn ich einfach antworte: »Weil ich dich liebe«?
*
Nachdem sich die vormittägliche Besprechung in
seinem Büro aufgelöst hatte, erwartete Wallner eine angenehme Überraschung.
Nach ihren momentanen Plänen befragt teilte Franca Aigner mit, dass sie die
Absicht habe, bis morgen Nachmittag in Wien zu bleiben. Nach dem Tod ihrer
Mutter war die 14-Jährige zu ihrer Tante nach Wien gezogen. Hier hatte sie auch
ihre Matura gemacht, im Gymnasium Hetzgasse. Im Alter von 17 hatte sie einen
jungen Polizeijuristen kennengelernt, der aber bald wieder Vergangenheit war.
Allerdings hatte er sie mit etwas infiziert, das sie seither
nicht mehr losgeworden war. Ganz im Gegenteil. Das war die Neugierde, der
Drang, Verbrechen zu bekämpfen und aufzuklären. Sie wollte aber nicht Jus
studieren, sondern an der Basis wirken. Die Dinge von unten angehen und nicht
vom akademischen Wolkenkuckucksheim, wie sie es nannte. Also kehrte sie Wien
und der Tante, mit der sie sich nie sonderlich gut verstanden hatte, den Rücken
und kehrte zu den Großeltern nach Salzburg zurück. Hier bewarb sie sich bei der
Polizei, wurde aufgenommen und kam in diesem nach wie vor von Männern
dominierten Kosmos erstaunlich gut voran.
Wallner verstand die junge Frau sehr gut. Der gebürtige
Linzer war bereits mit 14 von der Mittelschule ab- und zur Polizei gegangen.
Die Reifeprüfung hatte er sich mit nächtelangem Büffeln hart im zweiten
Bildungsweg erarbeitet. Zwei Jahre nach seiner Überstellung zum
kriminalpolizeilichen Dienst hatte er sich in eine angehende Ärztin aus Wien
verliebt und in die Bundeshauptstadt versetzen lassen. Aber, wie das Leben
manchmal eben so spielt. Kaum war seine Versetzung durch, folgte sie, mit der
er sich ein gemeinsames Leben hätte vorstellen können, dem finanziell äußerst
attraktiven Ruf eines Pharmariesen nach Basel.
Zurück blieb ein äußerst verletzter, in seiner Einstellung
zum andern Geschlecht zunächst stark verunsicherter junger Mann. Der sich fast
manisch in seine Arbeit stürzte, dabei rasch Karriere machte, aber nur langsam
Trost in ihr fand. Das hatte unter anderem auch zur Folge, dass er außer der
Inneren Stadt, der unmittelbaren Umgebung seiner Wohnung in Hernals und dem 19.
Bezirk Wien so gut wie nicht kannte.
In der konkreten Situation bedeutete das, dass
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