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Pastetenlust

Pastetenlust

Titel: Pastetenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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wie viel Zeug die weiblichen Mitglieder seiner Familie benötigten,
auch wenn sie nur zwei, drei Tage verreisten.
    Wilma hatte ihm das einmal erklärt. „Jede Frau hat so eine
Art Grundbedarf, also eine Basisausstattung, die muss sie mitnehmen, egal, ob
sie einen Tag wegfährt oder drei Wochen. Der Rest, also zwei Slips mehr oder
weniger fallen dann nicht mehr ins Gewicht.”
    Palinski hatte lange darüber nachgedacht und Wilma recht gegeben, bei Männern war es schließlich genauso. Der
Unterschied war lediglich, sie hatten einen wesentlich geringeren Grundbedarf.
Oder auch nicht.
    Tina nahm das Angebot ihres Vaters, einen Kaffee mit ihm zu
trinken, gerne an. Palinski genoss es, mit ihr zu sprechen. Zu hören, was sie
in Zürich erlebt hatte, mit welcher Begeisterung sie über einige Menschen sprach,
die sie dort kennengelernt hatte.
    „Heute Abend ist unsere Gruppe zu einem Heurigen des Klubs
der Auslandskorrespondenten eingeladen”, berichtete sie stolz, „das ist eine
besondere Auszeichnung.”
    Das bedeutet wieder einmal einen Abend alleine, dachte er
leicht resigniert. Aber nein, das stimmte ja nicht. Da war ja noch Maximilian.
Er bückte sich und kraulte den freudig mit dem Schwanz wedelnden Hund hinter
den Ohren.
    „Aber morgen kommst du schon mit zum Flughafen, deine Mutter
abholen.” Tina nickte auf diese als Feststellung kaschierte Frage.
    „Und danach feiern wir ein bisschen bei euch oben, ich habe
einige ›Goodies‹ eingekauft.” Palinski freute sich schon auf die überraschten
Gesichter seiner Kinder nach dem Heiratsantrag.
    Kurz nachdem Tina gegangen war, erreichte ihn Wallners Anruf.
„Wir haben Roman Schuster in einem Taxi gesehen und ziemlich lang verfolgt.
Leider ist er uns dann doch noch entwischt”, bedauerte der Inspektor. „Über die
Taxizentrale sollte es aber kein Problem sein, heraus zu bekommen, wo er
hingefahren ist.” Wallner wollte sich wieder melden, sobald es etwas Neues gab.
    Gegen 19 Uhr klingelte das Telefon aufs Neue. Es war aber
nicht Wallner, wie Palinski vermutet hatte, sondern Wilma aus Paris.
    „Hallo, mein Lieber”, heute schien sie erheblich besserer
Laune zu sein als beim letzten Gespräch. Wahrscheinlich waren die Mädchen in
den vergangenen Tagen etwas pflegeleichter geworden oder Wilma entspannter.
„Ist alles in Ordnung zu Hause?”
    „Ja, alles bestens. Harry lernt fleißig”, hoffte er zumindest,
„und Tina ist eben aus Zürich zurückgekommen. Die Gespräche mit ...”
    „Das musst du mir alles erzählen, wenn ich zurück bin. Wir
brechen gerade zu unserem Abschiedsdiner auf, in ein kleines Lokal am Boulevard
St. Michel. Ich komme morgen um 18.15 Uhr an. Kommt ihr mich vielleicht
abholen?”, ihre Stimme klang zuckersüß.
    „Natürlich mein Schatz, und ich habe auch eine Überraschung
für dich”, konnte er noch sagen, dann war das Gespräch auch schon beendet.
    Jetzt reichten nicht einmal mehr in Aussicht gestellte
Überraschungen aus, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Palinski erinnerte sich
an den Beginn ihrer Beziehung. Damals hatten sie stundenlang telefoniert und
sich eine halbe Stunde später schon wieder angerufen. Über die knapp 24 Jahre
ihrer Beziehung hatte sich die Dauer ihrer Telefonate ständig verkürzt, in den
letzten Jahren sogar exponentiell. Wenn das so weiterging, würde Wilma die
Gespräche bald schon nach dem ›Guten‹ und noch vor dem ›Abend‹ beenden. Das
sollte aber der morgige Antrag verhüten. Palinski hoffte auf einen neuen
Anfang.
    Kurz vor den Abendnachrichten bereitete er sich einige
belegte Brote, öffnete eine Flasche ›Schilcher‹ und machte es sich in seinem
Fauteuil bequem.
    Als Palinski aufwachte, war der ›Schilcher‹ warm und ihm
kalt. Er brauchte einige Sekunden, um sich zu orientieren. Ein verschlafener
Blick auf die Uhr zeigte ihm dass es bereits nach 23 Uhr war. Er musste gut
drei Stunden geschlafen haben. Am Bildschirm wehrte sich ein junger Mann, der
aussah wie der Held aus dem Film Titanic, dagegen, dass ihm ein eiserner
Vollvisierhelm über den Kopf gezogen wurde. Eigenartigerweise schaute er sich
aber auch selbst dabei zu. Komisch, wie hieß der Bursche noch, etwas wie
Peppino di Vinci, nein, Leonardo di Capri, das war der Name.
    „Der Mann mit der eisernen Maske”, jetzt erinnerte er sich
auch an den Titel des Filmes, den er bereits mehrmals gesehen hatte. Nach einem
Roman von Alexandre Dumas. Sein Kopf schien wieder anstandslos zu

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