Pastetenlust
eine
Sache festbeiße, lasse ich nicht mehr los. Gelt, Maximilian“, er kraulte den
jetzt wieder neben ihm sitzenden Hund liebevoll hinter dem Ohr.
„Der Hund mag Sie“, wunderte sich Lettenberg.
„Das ist auch gut so, denn ich habe ihn sozusagen aus Ihrem
Nachlass erworben“, klärte Palinski den Mann auf. Komischer Kerl, dachte er
sich, man hat fast den Eindruck, dass ihm das Schicksal des Hundes mehr am
Herzen lag als alles andere. Und das in dieser Situation.
„Na und“, die Ex-Witwe schien sich wieder gefangen zu haben.
„Also gut, mein Mann ist nicht tot, sondern mein Schwager. Da hängt er mit
drin“, sie blickte verächtlich auf Lettenberg. „Wahrscheinlich hat ihm eine
seiner perversen Schlampen geholfen, diesen Thomas um die Ecke zu bringen. Ich
habe damit nichts zu tun. Mir können Sie höchstens versuchten
Versicherungsbetrug anhängen. Für die Tatzeit habe ich nämlich ein 1 A
Spitzenalibi. Der ganzen Belegschaft der Klinik am Thalgauberg wird es ein
Vergnügen sein, zu bestätigen, dass ich mein Zimmer die ganze Nacht nicht
verlassen habe.“
„Mit i hnen habe ich noch gar nicht
angefangen“, knurrte Palinski verächtlich. „Ziehen Sie sich schon einmal warm
an.“
Maximilian begann an der Türe zu scharren. „Ich glaube, er
muss Pipi“, machte Jürgen Lettenberg Palinski aufmerksam.
„Gut“, meinte der, „machen wir eine kurze Pause.“ Er ging zur
Türe und öffnete sie für den Hund. Ehe die beiden Lettenbergs noch auf dumme
Gedanken kommen konnten, hatte er sich aber wieder umgedreht. „So, die Pause
ist wieder zu Ende.“
Jetzt galt es, das böse
Weib zurecht zu stutzen. „Lassen Sie uns jetzt zu i hrem wasserdichten Alibi kommen.“
Palinski betonte das ›wasserdicht‹ ganz besonders. „Die Art, wie Sie das, wie
haben Sie es genannt, 1 A Spitzenalibi aufgebaut haben, beweist gleichzeitig
auch, wie lange vorher Sie das Verbrechen schon geplant haben müssen. Die
Vorlage für Ihren Plan bildete der bei uns unbekannte Kriminalroman ›Innocent
murderer‹ von einem gewissen Jack Schiller. Wir haben ein Exemplar des Romans
in einer Kiste am Dachboden Ihres Hauses gefunden. Wahrscheinlich sind Sie in
Ihrem Studienjahr in den USA auf den Roman gestoßen.“
Palinski beobachtete, wie die Ex-Witwe während seiner letzten
Worte förmlich in sich zusammensackte. Wie ein prall aufgeblasener Wasserball,
in den plötzlich eine große spitze Nadel gerammt wird. Pssssssss, er hörte die
entweichende Luft förmlich zischen.
„Sie haben sich unter dem Vorwand eines Nervenzusammenbruchs
in diese Klinik gelegt.“ Sophie setzte schwach zu einem Protest an, doch
Palinski kam ihr zuvor. „O.k. o.k., vielleicht war der sogar echt. Um das geht
es aber gar nicht. Plötzlich haben Sie einen, logisch nicht nachvollziehbaren
Unfall im Garten, den niemand beobachtet hat. Aber warum sollte jemand Ihre
Worte anzweifeln? Auf jeden Fall hatten Sie plötzlich einen Kopfverband, den
Sie sich dazu noch täglich selbst gewechselt haben. Um die Schwestern zu
entlasten. Wie rücksichtsvoll. Als fertige Medizinerin hat Ihnen das jeder
zugetraut und das Personal war gerührt über soviel Entgegenkommen bei der
angespannten Personalsituation. Jetzt kommt die arme Martina Tessler ins Spiel.
Alle Menschen aus ihrer Umgebung beschreiben sie als nette, gutmütige Frau, die,
obwohl älter als Sie, in Ihnen ein Vorbild gesehen, ja Sie angehimmelt hat.
Ihre durchaus liebenswerten Schwächen waren Naivität, Gutgläubigkeit und
Hilfsbereitschaft. Sie hat so gut wie alles gemacht, was Sie von ihr verlangt
haben. Eine Detektei engagiert, um Ihren Mann zu observieren und damit
Belastungsmaterial gegen sich selbst zu schaffen oder auch ein dickes,
versiegeltes Kuvert für Sie aufbewahrt. Welche Begründung Sie ihr dazu gegeben
haben, weiß ich nicht. Aber das kommt auch noch. Ja, sie hat sich für Sie sogar
eine Nacht ins Spitalbett gelegt. Mit Kopfverband und fest schlafend, sodass
kein Anlass für die Nachtschwester bestand, sie anzusprechen. Natürlich haben
alle im Sanatorium ausgesagt, dass diese Frau die ganze Nacht das Zimmer nicht
verlassen hat. Ihr Problem ist nur, dass diese Frau Martina Tessler war und
nicht Sie.”
Inzwischen war Palinkis Mund so trocken, dass das
Weitersprechen wehtat. Er holte sich ein Glas, ging zur Spüle und füllte es mit
frischem Leitungswasser. Durstig trank er das Glas zur Hälfte leer, dann fuhr
er fort: „In der
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