Pastworld
der Kopf einer Katze, die ihn anschaute.
»Runter mit dir, Kitty«, sagte die Frau. Die Katze, die eine schwarze Leine trug, sprang hinunter und rieb sich an ihren Beinen.
»Ein sehr zahmes Tier«, sagte Catchpole.
»Was ist da drin passiert?«, fragte sie. »Haben Sie jemanden gefunden? War es ein Mann oder eine Frau?« Mit ihrer behandschuhten Hand zeigte sie auf die Kneipe.
»Also, es war ein Mann«, sagte Catchpole.
»Können Sie ihn mir beschreiben?«, fragte sie. »Es ist wirklich sehr wichtig, verstehen Sie?«
Catchpole erwiderte leise: »Er wirkte ziemlich heruntergekommen, hatte kaum noch Zähne und sehr helle Augen, vermutlich war er blind.«
Die Frau sah auf ihre gefleckte Katze hinunter. »Oh nein«, sagte sie, »ich fürchte, ich weiß, wer das ist. Ich suche ihn schon seit ein paar Tagen.«
Sie bückte sich und nahm die kleine Katze auf den Arm. Einen Moment lang verbarg sie ihr Gesicht in deren Fell und richtete sich dann zu voller Höhe auf. »Ich fürchte, es ist Jack, meinst du nicht auch, Kitty? Der arme alte Jack.«
»Sie kannten ihn demnach gut«, sagte Catchpole. »Könnten Sie ihn eventuell identifizieren?«
»Oh ja, wir kannten ihn, nicht sehr gut, aber wir kannten ihn, stimmt’s, Kitty? Wir nannten ihn den blinden Jack, was nicht ganz stimmte, er konnte schon sehen, nur nicht besonders gut.«
»Die Leiche wird ins Leichenschauhaus gebracht. Vielleicht könnten wir zusammen hingehen und ich würde Sie um eine offizielle Identifizierung bitten?«
»Ich reiß mich nicht gerade darum, aber wenn ich behilflich sein kann, dann tu ich, was ich kann. Der arme alte Jack.«
»Wenn er es ist«, sagte Catchpole.
Zusammen machten sie sich durch die fröhlich belebten, winterlichen Straßen auf den Weg.
26
Caleb wurde die Stufen eines großen roten Ziegelgebäudes hinauf und durch einen Torbogen geschubst. Im Eingang standen ein Polizist und ein Kadett in roter Uniform. Beide salutierten und der Kadett hielt die Tür auf.
Der geflieste Boden der großen Eingangshalle war wie in einem Metzgerladen mit Sägespänen bestreut. Über dem langen gebogenen Empfangstresen hing ein Gaskronleuchter. Irgendwo im Inneren des Gebäudes sang ein Betrunkener. Seine auf und ab fallende heisere Stimme mischte sich mit allen möglichen anderen Rufen und Schreien. Über die gesamte Länge der gekachelten Wand zog sich eine einfache hölzerne Bank, auf der zwei zusammengesunkene Figuren hockten und warteten. An der gegenüberliegenden Wand saßen hinter einem roten Absperrseil, das an Messingständern festgemacht war, einige Gaffer, die alles beobachteten.
Der bleiche Mann zerrte Caleb an den hohen Empfangstresen. Der Polizeibeamte dahinter setzte sich aufrechter hin und zog seine Uniformjacke zurecht. »Guten Morgen, Inspektor Prinsep«, sagte er. Er hielt einen Federhalter in der Hand, als hätte er genau auf diesen Moment gewartet. Er beugte leicht den Kopf und setzte die Federspitze auf das Hauptbuch.
Caleb starrte ihn an.
»Zuerst müssen wir deinen Namen aufnehmen, da du keine Ausweispapiere hast«, sagte der bleiche Mann. »Sag ihm, wie du heißt.«
»Ich heiße Caleb.«
»Aha, ein Puritanername«, sagte der Polizeibeamte. »Und hast du auch einen Nachnamen?«, fügte er wichtigtuerisch, aber mit einem freundlichen Lächeln hinzu.
Caleb sah ihn ausdruckslos an und kniff seine müden Augen zusammen. »Brown«, erwiderte er.
Der Polizeibeamte kratzte mit der Feder über das Papier.
»Poesie und Prosa in einem Namen. Alter«, sagte er, »wie alt bist du?«
»Siebzehn«, antwortete Caleb.
»Schreiben Sie ungefähr zwischen vierzehn und siebzehn«, sagte Inspektor Prinsep ungeduldig.
»Ich weiß sehr genau, wie alt ich bin«, sagte Caleb.
Der Beamte kratzte über das Papier.
»Hast du jemals eine Lernanstalt besucht? Gehst du noch zur Schule oder hast du eine ähnliche Institution besucht?«, fragte Prinsep.
»Natürlich«, entgegnete Caleb.
»Kannst du lesen?«
Der Polizist sah Caleb an, während sein Federhalter in der Luft schwebte.
»Ja.« Caleb spuckte die Antwort förmlich aus.
»Bist du von der Corporation offiziell als Besucher zugelassen?«, fragte der Beamte.
Bevor Caleb antworten konnte, sagte Prinsep: »Das glaube ich nicht. Er gibt nur vor, ein Besucher zu sein, ein Gaffer, er tut so, als hätte er Eintrittskarten, Genehmigungen und eine Zulassung. Aber sehen Sie sich das hier an.« Der Mann steckte seine Hand in Calebs Manteltasche, zog eine Handvoll Perlen, Münzen und
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