Pastworld
Schmuckstücke heraus und warf den ganzen klimpernden Haufen auf das geöffnete Hauptbuch.
Der Beamte stieß einen leisen Pfiff aus. Dann schrieb er etwas auf und sagte dabei: »Es hat bereits heute Vormittag eine Meldung gegeben, Inspektor, über einen ernsthaften Angriff, einen Mord gestern Nacht.« Der Beamte fuhr mit einer Löschwiege über das Papier. Caleb blickte auf und sah auf die gegenüberliegende Wand, an der in langen Glasrahmen eine Reihe von Steckbriefen hing. Gerade fügte ein Kadett einen neuen hinzu.
Unter dem Wort »Mord« war die Zeichnung eines jungen Mannes mit einem Allerweltsgesicht zu sehen.
Die Ähnlichkeit mit Caleb war nicht groß genug, um ihn zu identifizieren. Aber der Steckbrief jagte ihm dennoch genügend Furcht ein, da er erkannte, dass man ernsthaft hinter ihm her war. Jetzt war es ganz und gar ausgeschlossen, sich freiwillig zu stellen und offiziellen Schutz zu suchen.
Der Beamte sah auf und fragte barsch: »Beschreibung, Größe?« Prinsep zerrte Caleb grob an die rückwärtige Wand und stellte ihn an eine Messlatte mit grünen Zentimeterangaben.
»Ein Meter siebenundsiebzig«, las Prinsep ab. Der Beamte schrieb es mit kratzender Feder auf.
»Haarfarbe?« Prinsep sah Caleb verächtlich an. »Dunkel«, rief er. »Augenfarbe?«
»Blau«, sagte er. Der Beamte notierte. »Teint?« »Hell«, rief er. Caleb blickte zu Boden. »Geburtsort?«, fragte der Beamte. »Schreiben Sie unbekannt, Kreis London«, sagte Prinsep. »Gewerbe oder Beruf?«
Wieder antwortete Prinsep. »Nicht zugelassener oder illegaler Bettler, aller Wahrscheinlichkeit nach ein Dieb.«
»Bin ich nicht«, sagte Caleb leise, aber mit Nachdruck.
»Ich habe dich gesehen. Du hast eindeutig mit diesem anderen Burschen zusammengearbeitet. Oder hast du solche Perlen immer bei dir?«
»Armer Junge, Bettler, Dieb«, sagte der Polizist und spähte über seine Brille hinweg. »Besondere Kennzeichen?«
»Keine sichtbaren.« Der Inspektor musterte Caleb von oben bis unten.
»Adresse zur Zeit der Festnahme?«
»Am besten schreiben Sie ohne festen Wohnsitz«, sagte Prinsep.
Caleb ließ es dabei bewenden. Erst hatte er gedacht, er sollte die Pension in Islington angeben, aber irgendetwas hielt ihn davon ab – Angst, mit seinem Vater, mit dem gemeldeten Mord in Verbindung gebracht zu werden. Es wäre wahrscheinlich besser, dachte er, sich selbst des Diebstahls zu bezichtigen.
»Unter welchem Verdacht festgenommen?«, fragte der Beamte.
»Taschendiebstahl zusammen mit einem anderen«, sagte Caleb.
»Ah, ein plötzliches Geständnis«, sagte Prinsep. »Fügen Sie noch unerlaubtes Betteln, Diebstahl und illegalen Eintritt hinzu.«
Der Beamte sah Prinsep an. Er legte die Feder auf das Pult und wischte die Spitze sorgfältig mit einem Tuch ab. »Ich kann nur einen offiziellen Verdacht angeben, Sir«, sagte er leise. »Ein Illegaler zu sein ist ein Vergehen, aber noch kein richtiges Verbrechen.« Es entstand ein kurzes Schweigen und Caleb blickte von einem zum anderen. Erneut setzte der Gesang aus den Zellen ein. Einige der glotzenden Gaffer fingen an zu lachen. Caleb stellte sich die dunklen gemauerten Zellen, in denen es sicher Ratten gab, tief unten in diesem Gebäude vor.
»Nun, Sir?«, fragte der Beamte.
»Tragen Sie erst mal Taschendiebstahl ein. Und du, junger Mann, leer deine Manteltaschen vollständig aus.«
Caleb holte alles, was er finden konnte, aus den Tiefen seiner Jackentaschen und legte es auf den Tresen.
»Listen Sie alles auf«, sagte Prinsep zu dem Beamten.
Dieser seufzte, tauchte seine Feder erneut in das Messingtintenfass auf seinem Pult und fing an zu schreiben.
»Ort und Zeit der Festnahme?«
»Farringdon Road, London, Pastworld City, Distrikt eins, acht Uhr fünfundvierzig am ersten November im Jahr des Herrn und so weiter«, sagte der Inspektor.
Der Beamte schob ihm das Hauptbuch zu. Prinsep nahm die Feder und schrieb etwas auf das Papier. Der Beamte sagte: »Unterschrieben und bezeugt von dem festnehmenden Beamten im Beisein von und so weiter.« Er fuhr mit der Löschwiege über die Unterschrift.
»Komm mit.« Prinsep rief nach einem der uniformierten Kadetten und zusammen gingen sie mit Caleb durch eine Tür, die hinter den Empfangsbereich führte. Sie folgten einem dunklen Gang mit vielen Türen. Der betrunkene Gesang wurde jetzt lauter, die Gaslampen trüber. Neben dem wilden Gegröle waren andere, beunruhigendere Geräusche zu hören, unerklärliche Schläge und dumpfe
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