Pastworld
Zuschauer auf sich zu ziehen, zeigte mit einem langen, knochigen Finger nach oben und zischte: »Pschscht.«
Die Menge wurde still, der Kornettspieler von vorhin spielte jetzt eine traurige kleine Walzermelodie auf der Geige. Harlekin Jago griff unter das blaue Tischtuch und zog … nichts hervor. Er hielt den Zuschauern seine Hände hin und drehte sie hin und her – da war nichts. Er schob seine zerlumpten Ärmel ein Stück nach oben, um zu zeigen, dass sie nichts verbargen. Er beugte sich vor zur Menge und wandte sich mir zu. Er legte eine Hand hinter mein Ohr. Ich spürte ein Kribbeln auf der Haut, als seine Finger mich berührten, und wie aus dem Nichts holte er ein weißes Ei hervor. Er hielt es hoch und präsentierte es, zuerst mir und dann den Zuschauern. In seiner dunklen Hand erschien das Ei strahlend weiß.
Es kam Gelächter auf und die Leute klatschten. »Nur ein Ei, wenn’s beliebt«, sagte er. »Ein Ei und nichts als ein Ei?«
»Genau«, sagte ich eifrig.
Er hob die Hand hoch über seinen Kopf und ließ sie langsam wieder sinken, dann klopfte er das Ei leicht gegen die Tischkante, machte eine hohle Hand und eine Sekunde später … kam eine weiße Taube zum Vorschein.
Er ließ die Taube los, sie flog auf in die kalte Luft und ließ sich schließlich auf der Spitze einer der gestreiften Stützpfähle nieder. Wir applaudierten wie wild; ich hatte noch nie etwas so Überraschendes gesehen. Der andere Harlekin fuhr fort, seine Sammelbüchse zu schütteln. Ein weiterer begann, die bunte Ausrüstung in die Wagen zu packen; sie schienen sich auf die Abfahrt vorzubereiten. Ich spürte einen Anflug von Enttäuschung. Bald würden sie alle weg sein. Ich beschloss, dass ich zu ihnen gehören wollte. Ich würde ihnen folgen und ihnen weiter zusehen und zu ihnen gehören, ich würde mich nützlich machen und schon bald unersetzlich sein.
Dann fiel mit etwas auf, was mich alarmierte. Der zerlumpte Mann war wieder da, der, dem ich die Sixpence-Münze gegeben hatte! Er starrte mich an und bewegte sich gleichzeitig zielstrebig durch die Menge auf mich zu. Furcht packte mich. Es kam mir vor, als würde plötzlich etwas in mir freigesetzt, als würde ein Alarmsignal losgehen. Dieses Gefühl gab mir einen Energieschub und ließ mich schneller auf alles reagieren. Ich wusste einfach, dass der zerlumpte Mann mir großes Unheil zufügen wollte. In diesen Minuten befand sich mein Geist in einem besonderen Zustand: Ich spürte ein sehnsüchtiges Bedauern, weil die Harlekine bald abreisen würden, gleichzeitig wusste ich aber instinktiv, dass er mich töten wollte, jemand, der hinter mir her war, jemand, der einen äußerst seltsamen, grausamen Ausdruck im Gesicht trug. Aber so ist das eben, wenn man siebzehn Jahre alt ist und plötzlich erwacht und sich ins Leben verliebt.
Jago zog das blaue Tuch vom Tisch, es blähte sich auf wie eine Fahne. Zwischenzeitlich wurde der Tisch im hinteren Teil des Wagens verstaut. Es sah so aus, als würde noch ein letzter Trick folgen. Jago schüttelte das Tuch zu seiner vollen Größe aus, bis es aussah wie ein großes quadratisches Transparent. Er drehte es hin und her – nichts. Die Zuschauer warteten. Ängstlich drehte ich mich erneut um und warf einen suchenden Blick durch die Menge. Alle Gesichter schauten wie hypnotisiert nach vorn zu den Artisten auf der Bühne; alle, außer einem. Das des zerlumpten Mannes. Er starrte mich unverwandt an, als er sich an den wenigen Menschen vorbeidrängte, die uns noch voneinander trennten. Ich sah wieder zur Bühne, zum Harlekin hoch. Seine dunklen Augen schienen mich zu fixieren. In dem Moment spürte ich, wie eine starke knochige Hand mich an der Schulter packte. Ich drehte mich um und blickte in das vor Schmutz starrende Gesicht meines Verfolgers. Aus der Nähe war es ein Gesicht, das Furcht einflößte. Der Bettler öffnete den Mund und fletschte seine krummen gelben Zähne. »Nun, wen haben wir denn da?«, sagte er. »Ich habe dich gefunden, ich bin mir ganz sicher, du bist das hübsche Mädchen mit den blauen Augen.«
Der Harlekin sah von der Bühne aus auf mich hinunter und hob eine Augenbraue wie ein Fragezeichen. Ich spürte, wie die Hand des Bettlers mich noch fester an der Schulter packte, schaute zum Harlekin hoch und sagte leise: »Hilf mir.«
Mit einer plötzlichen Bewegung warf der Harlekin das blaue Tuch über mich wie einen Wasserfall. Als es mich einhüllte, fühlte ich, wie mich jemand fest um die Taille fasste. Meine
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