Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
Vom Netzwerk:
Wärmegewitter. Aber sie durften keine Zeit vergeuden, auch nicht für ihren ersten Kuss.
    »Lass uns von hier verschwinden, bevor dieser Mistkerl zurückkommt!«, flüsterte Joana, als sie sich schließlich lösten.
    Kilian fuhr sich über den Mund, wie nach einem köstlichen Mahl. »Joana … ich …«, setzte er an, weil er sich genötigt fühlte, diesen Gefühlsausbruch zu kommentieren. Aber sie drängte zur Eile: »Schht … nun mach schon, vamos!«
    Kilian griff sich den Kleiderstrang. »Also, ich klettere hoch und setz mich auf den Balken. Dann breche ich mit dem Stemmeisen ein Loch durch das Dach, zieh dich hoch und wir klettern ins Freie!«, erklärte er sein Vorhaben und wischte sich die Hände trocken. So viel zur Theorie, dachte er ein weiteres Mal. Doch dann war es leichter, als er gehofft hatte und der Strick aus den Kleidern schien seinem Gewicht standzuhalten. Kilian benutzte die Füße wie ein karibischer Palmenkletterer und konnte nach weniger als einer Minute seine Hände um den Holzbalken falten. Jetzt musste er sich nur noch an ihm hochziehen und aufsitzen. Dann wäre sein Kopf genau unter der Dachschräge und von dort würde es ein Leichtes sein, denn das Dach schien alles andere als robust. Aus der Nähe konnte er sehen, dass es aus einer Mischung von bröckeligem Verputz und mit Schnüren verbundenen Holzstäbchen oder Schilf bestand. Kilian bündelte seine letzte Kraft, zog sich mit einem Ruck am Holzbalken hoch und hing wie bei einem Klimmzug mit dem Kinn über der Balkenkante – dann gab es ein Knacken. Vor seinen Augen barst das Holz, dort, wo es aus der Mauer kam. Wie in Zeitlupe sah er, wie sich Holzsplitter gegen die Mauer sträubten und im nächsten Moment ließ der Druck in seinen Armen nach. Noch ehe ihm bewusst wurde, dass soeben ihre letzte Überlebenschance vertan war, krachte er rücklings auf den Steinboden und verlor das Bewusstsein.

 38 
    P aco Medina hockte an einem Tisch mit Teniente Lozano, Capitán Morales, Staatsanwalt Señor Puertas und Almuñécars Bürgermeister Jose Carlos Buenavista. Vor ihnen tummelten sich Medienvertreter der wichtigsten Zeitungen und Fernsehsender Spaniens, offenbar mit dem Bedürfnis, das ganze Land darüber zu informieren, dass die lausigen Ermittler nicht in der Lage waren, einen Mörder zu schnappen, zielten sie mit den Mikrofonen wie bei einem Hinrichtungskommando auf die kleine Gruppe.
    Es war Pacos allererste Pressekonferenz. Nach der Ausstellung eines lokalen Strafzettels wurde er für gewöhnlich nicht vom ersten spanischen Fernsehen interviewt.
    In der Wäscherei schlossen sie gestern zwei Stunden später als üblich, weil seine Frau Maria darauf bestanden hatte, Pacos beste Uniform intensiv mit einem Spezialprogramm reinigen zu lassen – für seinen großen Fernsehauftritt! Paco war nervös, obwohl er bisher noch nichts zur Diskussion beigetragen hatte, und von den Medien auch nichts gefragt wurde. Diese wandten sich lieber an den telegeneren Leiter der Ermittlungen, Capitán Morales. Der Bürgermeister wurde zwar ebenso wenig befragt, erhob aber öfter das Wort als der Staatsanwalt, so als handele es sich um eine Rahmenveranstaltung der »Fitur«, der Madrider Touristikmesse. Natürlich wiegelte er im Sinne der Nächtigungszahlen ab und sprach den ermittelnden Behörden sein vollstes Vertrauen aus, wenn es darum ging, »den Mörder, der in diesem wunderschönen Ort sein Unwesen trieb, noch vor der Hauptsais … äh … bald zu schnappen«.
    Die Pressekonferenz dauerte länger als eine halbe Stunde. In dieser halben Stunde wurde den Medienvertretern des Landes in allen Einzelheiten beschrieben, wie es dazu kommen konnte, dass es in diesem Fall immer noch keine konkreten Spuren gab – ja, dass die Ermittler noch nicht einmal sicher waren, ob sie überhaupt nach einem Serientäter suchen müssten! Die Presse hatte längst noch nicht alle Fragen verschossen, aber Juez Puertas beendete den Tumult mit den Worten: »Das ist alles, was wir ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt mitteilen können.«
    So enden wohl die meisten Pressekonferenzen, bei denen der Täter noch auf freiem Fuß herumläuft, dachte Paco und erhob sich. Zumindest seine beiden Enkel hatten ihren Opa nun im Fernsehen gesehen.
    Das Erste, was Kilian spürte, war ein heißer Tropfen, der auf seine Stirn klatschte.
    Er öffnete die Augen und sah Joanas verweintes Gesicht über sich. Eine weitere Träne zog eine Furche durch ihre staubige Wange. Kilian wollte den Arm heben,

Weitere Kostenlose Bücher