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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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Arbeit im neuen Kinderzimmer, ist alles in Ordnung bei dir?«
    Vor einer Stunde war noch alles in Ordnung, dachte er. Ich habe den Brief gefunden , wollte er am liebsten sagen, ließ es aber bleiben.
    »Nein, nein, ich habe nur … wegen der Farbe. Ich bin gerade am Ausmalen hier.«
    »Hast du eine schöne Deckenlampe gefunden?«
    »Nein … ach so – ja, doch. Sehr schön. Ein blauer Mond.«
    »Du hörst dich so seltsam an, gibt es schlechte Nachrichten von der Firma?«
    »Nein, mein Schatz. Alles in Ordnung, aber mir wird die Farbe trocken, ich muss jetzt weitermalen!«
    »Gut. Ich bin wahrscheinlich so um zehn, halb elf, zu Hause.«
    »Alles klar, bis dann also, tschüss.«
    Als er auflegte, hatte er einen dicken Kloß im Hals. Niemals hätte er diesen Brief lesen sollen. Niemals!
    Carmen ha sido atropellada …
    Wieder griff er zum Langenscheidt. Als er den Begriff endlich fand, klappte er das Wörterbuch zu und warf es auf den Schreibtisch, woraufhin zwei Briefseiten zu Boden segelten. Kilian stützte sein Kinn auf die Fäuste. Joanas Schwester wurde angefahren ? Das Mysterium um ihr Verschwinden war also nichts weiter als ein Unfall? Aber wieso wurde ihr Körper nicht gefunden und warum wusste die Anruferin davon? Hatte sie Carmen überfahren? Hatte sie Joana die ominöse SMS geschickt? Er hob die beiden Seiten vom Boden auf und beugte sich wieder über den Brief.
    Das Mädchen sagte, es sei auf der Straße zwischen dem Hotel und dem Ortsbeginn von Almuñécar passiert. Sie selbst war nur Beifahrerin und ihr Freund sei gefahren. Er sei betrunken gewesen und fuhr zu schnell. In einer Kurve kam er ins Schleudern und …
    Hier wurde die Handschrift fahriger, unleserlicher. Man konnte der Schrift ansehen, wie wütend die Schreiberin war.
    … der Wagen erfasste Carmen, die dort gerade langging. Sie wurde eine Böschung hinab auf eine Baustelle geschleudert. Der Freund des Mädchens habe dann nur mit dem Kopf geschüttelt, als er sich über Carmen beugte. Er wollte sie nicht in das Krankenhaus bringen. Dafür sei es zu spät, meinte er und wollte verschwinden. Dabei war das Krankenhaus keine fünfhundert Meter entfernt! Das Mädchen behauptete, sie habe ihn angefleht, Carmen dort nicht liegen zu lassen, aber als Antwort hätte er ihr ins Gesicht geschlagen und sie dann ins Auto gezerrt. Carmen verfrachtete er in den Kofferraum und verbarg ihre Blutspuren unter dem Zementstaub der Baustelle. Dies alles dauerte keine drei Minuten, Joana …
    Kilian schluckte. Im letzten Absatz waren einige Wörter durch Feuchtigkeit verschwommen und er fragte sich, ob es sich dabei um Inmaculadas oder um Joanas Tränen handelte.
    Glaub mir, ich wollte vor Zorn das Telefon gegen die Wand werfen, aber ich zwang mich, diese Geschichte zu Ende anzuhören. Ich glaubte dem Mädchen, sie log nicht, Joana, das wusste ich. Die Anruferin war sehr jung, bestimmt kannte sie Carmen, vielleicht waren beide sogar Freundinnen. Das Mädchen heulte wieder und behauptete, ihr Freund hätte sie dann nach Hause gefahren und sie gewarnt, mit jemandem darüber zu sprechen, ansonsten würde sie für lange Zeit ins Gefängnis wandern. Dann fuhr er alleine mit Carmen weg. Joana – Carmen hat vielleicht noch gelebt! Vielleicht war sie nur bewusstlos und hätte überlebt, wenn die beiden nur einen Notarzt gerufen hätten …
    Wieder wurde die Schrift unsauberer, zorniger. Kilian versuchte sich in Inmaculadas damalige Lage zu versetzen und dachte an den unvorstellbaren Schmerz, den diese Frau zu erleiden hatte. Er verstand, dass Joanas Mutter außer sich vor Zorn gewesen sein musste, und seine Hoffnungen zerschlugen sich, dass es sich bei diesem Brief nur um die Niederschrift einer alten und geistig verwirrten Frau handelte. Aber er begriff immer noch nicht, wie der »versehentliche Tod« seines Bruders in diese Geschichte passte.
    … Als die Suche nach Carmen ein paar Stunden später in vollem Gang war und das Mädchen beinahe die Nerven verlor, beruhigte der Fahrer sie und versicherte ihr, dass sie sich keine Sorgen machen müsste, weil die Guardia Civil Carmen niemals finden würde. Er hätte sie noch in derselben Nacht unbemerkt mit seinem Boot aufs Meer gefahren und ihr dort seinen Bleigürtel umgebunden, den er ansonsten zum Tauchen verwendete. Dann hat er Carmen im Meer versenkt. Meine kleine Tochter, mein Augenstern …
    Du wirst Dir denken können, wie ich mich fühlte. Mein Schock und meine verzweifelte Trauer haben sich in blinde Wut verwandelt.

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