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Patentöchter

Patentöchter

Titel: Patentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Albrecht & Corinna Ponto
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als potenzielle Gefahr für die Freunde.
    Diese Sichtweise drückt mein Vater auch in seinem bereits erwähnten Brief an den toten Freund aus dem Jahr 1992 aus:
    Dass Susanne damals wieder Kontakt zu Euch bekommen hatte, mag damit zusammenhängen, dass Christa Euch gefragt hatte, ob sie Euch mal besuchen könne. Dass Du weißt, dass das arglos geschah, dessen bin ich mir sicher. Wir waren ausgerechnet zu jener Zeit völlig überzeugt davon, dass sie ihre lange dauernden Kontakte zur »Szene«, beginnend mit Hausbesetzungen und Antifolter-Komitee, endlich aufgegeben hatte. Sie wollte, so sagte sie, Examen machen, ihr Äußeres veränderte sich. In Frankfurt wollte sie eine Weile bei einer kommunalen Theatergruppe mitwirken. Wir waren selig und seit Jahren erstmals voller Hoffnung, dass sie jetzt in eine normale Lebensbahn einmünden werde. Die vorausgegangenen Jahre waren schlimm gewesen. Den Kopf hatte sie voller Utopie ohne logische Verknüpfung mit den Grundlagen des wirklichen Geschehens. Du hast ja das Heraufdämmern der schlimmen Jahre durchaus miterlebt.
    Wie lief die Radikalisierung meiner Schwester ab, und was wussten meine Eltern über diese Entwicklung ihrer Tochter? Auch um diese Frage beantworten zu können, hat mir meine Mutter in den letzten Jahren alle Unterlagen gegeben,die sich in ihrem Haushalt befinden und die mit der Tat, der Entwicklung dorthin, mit den Gedanken meiner Eltern und mit dem, was seit ihrer Festnahme geschehen ist, im Zusammenhang stehen. Sie hat mir Briefe meines Vaters gegeben, die immer wieder nur um dieses eine Ereignis kreisen. In der Gesamtschau schließen diese Unterlagen einige meiner Verständnislücken, insbesondere auch in Bezug auf die Haltung meiner Eltern. Anderes weiß ich aus dem Prozess, aus den Vernehmungsprotokollen, auch aus Büchern.
    1971 kam meine Schwester aus dem Internat zurück, wo sie ihr Abitur abgelegt hatte. In Hamburg jobbte sie zunächst im Altonaer Krankenhaus und immatrikulierte sich dann an der Uni für Pädagogik und Soziologie. Sie wohnte in verschiedenen Wohngemeinschaften, unter anderem mit Karl-Heinz Dellwo und Bernhard Rössner, später auch mit Sigrid Sternebeck und Silke Maier-Witt, die später alle zur sogenannten zweiten Generation der RAF gehörten.
    Ihre erkennungsdienstliche Behandlung infolge ihrer Unterstützung der Hausbesetzer der Hamburger Ekhofstraße am 23. Mai 1973 erlebte Susanne als brutal : » Die Hände wurden am Rücken (…) gefesselt. Dann wurden wir erkennungsdienstlich behandelt, und es fand eine kurze Vernehmung statt. Dieses Erlebnis war für mich ein totaler Schock. Niemals hätte ich gedacht, dass die Polizei gegen friedliche Menschen so brutal vorgehen würde« (aus ihrer Vernehmung vom 23. Juli 1990). Das Ermittlungsverfahren wurde wieder eingestellt.
    Ab 1973 arbeitete sie in dem Hamburger »Komitee gegen Folter an den politischen Gefangenen in der Bundesrepublik Deutschland« im Büro des Anwalts Kurt Groenewold am sogenannten Infosystem zum Austausch von Nachrichten zwischen den inhaftierten RAF – Mitgliedern mit. Im Oktober 1974 nahm sie an der Besetzung des Hamburger Büros von Amnesty International teil.

    Nachdem ein RAF – Kommando am 24. April 1975 die Botschaft der Bundesrepublik in Stockholm überfallen und den Militärattaché Andreas von Mirbach und den Wirtschaftsattaché Heinz Hillegaart ermordet hatte, wurde auch die Wohnung meiner Schwester durchsucht, in der bis kurz vor dem Attentat auch Karl-Heinz Dellwo, einer der Stockholm-Attentäter, gelebt hatte. In der Folge besuchte sie Dellwo als dessen »Verlobte« im Gefängnis und erschien am 25. Mai 1976 zu seinem Strafverfahren vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf an der Seite von Anwalt Klaus Croissant als dessen »Sekretärin Fräulein Albrecht«.
    Bereits im November 1973 war meine Schwester an der niederländisch-deutschen Grenze verhaftet worden. In ihrem Gepäck befanden sich laut Anklageschrift vom Januar 1975 »5 Zündkapseln, davon 2 mit Kabel«. Die Sprengkapseln, elektrische und mechanische, stammten aus den Beständen der Bundeswehr. Laut Anklageschrift verteidigte sich meine Schwester damit, dass sie nicht gewusst habe, dass es sich um Sprengkapseln gehandelt habe, sie die Gegenstände vielmehr an einem »Informationsstand« am Hauptbahnhof in Amsterdam gefunden und für »elektrische Artikel« gehalten habe, die sie Bekannten habe mitbringen wollen.
    Weiter heißt es in der Anklageschrift: »In ihren Notizen wurden Hinweise

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