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Patentöchter

Patentöchter

Titel: Patentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Albrecht & Corinna Ponto
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Ministerium für Staatssicherheit – der Minister«. In diesem Bericht findet sich auch der Hinweis, dass Siegfried Buback mit dem Fall des Kanzleramtsspions Günter Guillaume und anderen Spionageaufklärungen beschäftigt war – in Westmedien konnte man dies erst viel später lesen.
    Auf der dritten Seite dieses Ministerberichts steht: »… w e i s e
i c h a n: Die Leiter aller operativen Diensteinheiten haben zu sichern, dass ab sofort die politisch-operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet der entstandenen politisch operativen Lage Rechnung trägt. Die Sicherheit der IM im und nach dem Operationsgebiet ist unter allen Umständen voll zu gewährleisten. Das bestehende Verbindungssystem ist bei Notwendigkeit entsprechend zu modifizieren.«Unter Ziffer 9 in demselben Papier hieß es: »Alle Hinweise, die im Zusammenhang mit den Fahndungsmaßnahmen in der BRD und Westberlin von Bedeutung sind, sind sofort dem zentralen Operativstab zu übermitteln. Politisch operativ besonders bedeutsame Hinweise sind unabhängig davon sofort mir persönlich zu melden.«
    In einem Ministerbrief zwei Jahre zuvor, in den Tagen der Entführung des CDU – Politikers Peter Lorenz durch die »Bewegung 2. Juni« im Jahr 1975, wird noch konkreter gefordert, dass für die IM – Kommunikation »neue Losungsworte, Deckadressen, Trefforte u.   a. aufzubauen sind«. ( BS tU, ZAIG 14967)
    Für den Planzeitraum 1989 der Abteilung XXII bestand 14 Jahre später »nach wie vor die Hauptaufgabe im weiteren Ausbau der inoffiziellen Basis zur weiteren zielgerichteten Organisierung einer personenbezogenen und schwerpunktmäßigen Bearbeitung der RAF sowie ihres Unterstützer- und Sympathisantenpotentials«. ( BS t U , HA XXII 433/5) Das war die klare Anweisung zum kontinuierlichen Einsatz von Spitzeln im Dienste der Terrorzelle.
    Eine ungeheuer brisante Information findet sich in der Kaderakte von Oberst Günter Jäckel, dem damaligen Referatsleiter der terroristischen Spezialabteilung XXII : »Genosse Oberst Jäckel befand sich von Mai 1977 bis August 1979 zur Erfüllung eines operativen Auftrages im Operationsgebiet. Genosse Oberstleutnant Jäckel vertrat während seines Einsatzes in jeder Situation konsequent einen festen Klassenstandpunkt, die Interessen der Partei und des MfS. In der Arbeit mit den operativen Verbindungen trat der Genosse Oberstleutnant politisch verantwortungsbewusst und aktiv für die Politik der U d SSR und der SSG [Sozialistischen Staatengemeinschaft] ein.«
    Man muss also annehmen, dass der Terrorspezialist Jäckel, der aufgrund seiner Erfahrung im »Operationsgebiet« 1980zum stellvertretenden Leiter der Abteilung XXII ernannt wurde, zwei Jahre, von 1977 bis 1979 – mitten im »deutschen Herbst«, auf dem Höhepunkt des RAF – Terrors –, mit einer Tarnbiografie in der Bundesrepublik verbracht hat. Nur wo? Was hat er in der Bundesrepublik getan? Welche Kontakte hatte er zu RAF – Mitgliedern? Was war seine Rolle? Das sind die Spuren, die es zu verfolgen gilt. Hier liegt der Schlüssel für eine historische Aufarbeitung, die uns die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden unseres Landes noch schuldig sind.
    Unfassbar erschöpfend sind auch die täglichen Lagemeldungen vom BKA , die seit 1975 »im Rahmen der operativen Arbeit« den »Zentralen Operativstab des MfS« erreichten. Die Nummernschilder von zwanzig Fluchtfahrzeugen, die bei der Entführung von Hanns Martin Schleyer im Einsatz waren, die Informationen, wann und wo sie geklaut oder angemietet und zurückgegeben wurden – all diese Details liegen handschriftlich zwischen den Rapports. In dem ständigen Verteiler der Rapports werden Minister Mielke, Spionagechef Markus Wolf, Generalleutnant Bruno Beater, Generalleutnant Alfred Scholz und Rudi Mittig genannt, dazu der »Bereichsleiter Ausbildung« und der »Bereichsleiter Kampfkräfte«. ( BS t U , HA XXII NR 36 –B52)
    In einem Operativstab-Rapport zum Fall Buback heißt es einen Tag nach dem Attentat sogar: »Über den aktuellen Stand der im Rahmen der Fahndungsaktion durchgeführten und geplanten gegnerischen Maßnahmen wurden fortlaufend der Zentrale Operativstab und die Hauptverwaltung des Operativen Lagezentrums informiert.« ( BS t U , HA XXII 1261/4). Der Fall war dem MfS also so wichtig, dass hier nicht nur einmal am Tag, sondern »fortlaufend« aus den westdeutschen Ermittlungen berichtet wurde. Erleichtert schickt der Zentrale Operativstab am 19. Mai 1977 folgende Mitteilung herum: »Es gibt

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