Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
Vom Netzwerk:
Beispiel dafür, dass er mit seinem Handeln seinem Denken einen Schritt voraus war. Er hatte nie ernsthaft in Erwägung gezogen, sich schuldig zu bekennen, weil er sich fieberhaft auf den Prozess freute, darauf, was passieren würde. Niemand konnte es wissen, aber Riley hatte ein Wiedersehen arrangiert, und das wollte er auf keinen Fall verpassen, auch wenn der Prozess für ihn eine unvorstellbare Qual bedeutete. Er wollte sehen, was George machen würde, wenn er Rileys Verteidigerin sah.
    Riley wurde nicht enttäuscht. Der Prozess endete genauso, wie er es erwartet hatte, wenn auch auf andere Weise, als er vorhergesehen hatte. Der David/George-Trick war verblüffend. Wäre Riley der Major gewesen, er hätte Gott gedankt.
    Am Tag seines Freispruchs zog Riley Nancy ins Wohnzimmer. Er war sozusagen ernüchtert. Das Fieber war vorbei, und er sah mit furchtbarer Klarheit, dass Nancy seit Jahren stille Beobachterin war. Und als es in allen Einzelheiten ausgesprochen wurde, flüchtete sie genau wie George aus dem Gerichtssaal.
    »Vertraust du mir?« Er stand vor ihr und hielt ihre Arme fest, als könnte sie ihn ohrfeigen.
    »Ja, das tue ich.«
    Nancys Augen zeugten von einer schweren Entscheidung. Das Licht war verloschen, als ob eine Schutzwand gegen Einbrecher heruntergefallen wäre. Sie wirkte älter und von ihm abgeschnitten – was Riley verriet, dass sie wirklich zusammengehört hatten.
    Ja, das tue ich. Es war, als würden sie noch einmal heiraten. Es war eine zweite Chance.
    Mit der Kraft dieses Schwurs bot Riley das Haus in der Quilling Road zum Verkauf an. Dann fuhr er an einen Ort, den er nicht mehr gesehen hatte, seit er elf war: Hornchurch Marches. Er ging einen Pfad mit flach getretenem Gras entlang, bis er vier rechteckige Teiche erreichte, die angelegt waren wie ein Sprossenfenster mit Backsteinrahmen. Der Ort hieß Four Lodges. Ihm war so beklommen um die Brust, dass sie wehtat. Nichts hatte sich verändert. Er weinte haltlos und betrachtete die Männer auf den Schemeln und die Wolken von Mücken.

10
    ANSELM GING DURCH das verzierte Tor der Gärten von Gray’s Inn. Hier hatte er als junger Mann davon geträumt, als alter Hase und knurrige Legende in abgewetztem Talar im Old Bailey zu stehen. Er hatte auf dem Rasen gelegen und imaginäre Gegner im Kreuzverhör mit souveräner Höflichkeit gebrochen. Phantomrichter hatten verwundert über ein solches Talent bei einem so jungen Mann aufgeschaut. Nicht viel später war er über dieselben Kieswege mit ihren überraschenden Wendungen gegangen und hatte an einen flackernden Raum oberhalb eines Mittelschiffs und an faszinierende Stille gedacht.
    »Guten Tag, Pater«, sagte Inspector Cartwright freundlich.
    Anselm schaute rasch nach rechts, als habe man ihn ertappt. Sie saß mit gekreuzten Beinen auf einer Bank und aß Kartoffelchips. Auf ihrem Schoß lag ein brauner Umschlag. An ihren Ohren hing immer noch die Last kindlicher Zuneigung.
    »Schauen Sie sich das an«, sagte sie. »Mrs. Glendinning spielt entweder ein Spiel oder sie ist sehr vorsichtig.«
    Anselm setzte sich neben sie und kramte mit einer Hand in einer Brusttasche nach seiner Brille. Erleichtert über die ungewohnte Schärfe der Dinge, zog er einen Stapel Papiere aus dem Umschlag. Um ihn nicht zu stören, schlenderte Inspector Cartwright ein Stück weit weg.
    Es waren vier Stapel, die jeweils zusammengeheftet waren. Auf dem ersten stand »Nancys Schatzkiste«, auf dem zweiten »Rileys Altwaren«. Beide enthielten die Bilanzen von drei aufeinander folgenden Jahren, wie sie beim Handelsregister vorlagen. Nichts war unterstrichen oder markiert. Anselm blätterte die beiden anderen Anlagen durch. Beide bestanden aus fotokopierten Rechnungsbelegen. Auch sie waren mit den jeweiligen Firmennamen versehen und die Seiten nicht markiert. Er schaute auf die Daten und stellte fest, dass beide denselben Zeitraum abdeckten wie die Bilanzen. Ratlos schaute er noch einmal in den Umschlag und fragte: »Gibt es keinen Begleitbrief?«
    Inspector Cartwright leckte sich Salz von zwei Fingern und antwortete kurz angebunden: »Nein.« Sie warf die Chipstüte in einen Abfalleimer und kam wieder an die Bank. Dann räumte sie ein: »Na ja, es war ein Kärtchen mit einem unterschriebenen Gruß dabei. Die Erklärung der Zahlen muss George Bradshaw haben.«
    »Aber warum trennt sie das Beweismaterial von ihrer Auslegung«, überlegte Anselm.
    »Ich vermute, dass Mrs. Glendinning der Person, die es abgeschickt hat, nicht

Weitere Kostenlose Bücher