Patient Null
gehalten hatte, entpuppte sich als etwas anderes. In den Lichtstrahlen der Taschenlampen zeigte sich ein Haufen Leichen. Sie waren mit Trümmern und Staub bedeckt, aber Grace konnte mindestens ein Dutzend toter Körper ausmachen.
»Verdammter Mist«, fluchte sie. »Das war nicht die Explosion.« Der Boden war mit Patronenhülsen übersät, und in der Luft lag eine Wolke aus Kordit.
Es gab noch einen weiteren Raum, den sie durchsuchen wollten. Um dahin zu kommen, mussten sie allerdings erst über die Toten klettern. Zwei Agenten stellten sich vor der Tür auf, und ein weiterer stürmte hinein.
»Major! Hier!«
Sie folgte ihm und sah sieben Leichen auf dem Boden verteilt. Jede war mehrere Male mitten in den Kopf geschossen worden. In einer Ecke, zusammengekauert und trotz der erstickenden Hitze vor Kälte zitternd, hockte ein
Mann. Seine Kleidung war zerfetzt, das Gesicht von Blut überströmt, die Augen wild. Der Boden um ihn herum war mit Patronenhülsen übersät, und er hielt noch immer eine Pistole in den zitternden Händen.
»Zielen!«, brüllte Allenson. Kaum hatte er den Befehl ausgesprochen, wurde der Körper des Mannes von einem Dutzend roter Ziellaser erfasst.
»Nicht schießen!«, wimmerte er und ließ die Pistole zu Boden sinken. »Bitte … Nicht schießen!«
Es war Skip. Grace näherte sich ihm, nahm ihm die Waffe ab und reichte sie Allenson. »Chief Tyler … Sind Sie verletzt? Tyler, wurden Sie gebissen?«
»Nein«, keuchte er und schüttelte den Kopf. Er blickte auf seinen mit Blut verschmierten Körper herab. »Nein, das ist nicht mein Blut. Das ist … Das ist …«
»Immer mit der Ruhe«, ermahnte sie ihn. »Wo befindet sich das Echo-Team? Wo sind Ihre Kameraden?« Obwohl sie es nicht fragen wollte, schlüpfte es ihr doch heraus: »Wo ist Captain Ledger?«
Skip schüttelte erneut den Kopf. »Ich weiß nicht. Etwas ist passiert … Mir wurde schwarz vor Augen, und ich bin hier drinnen wieder zu mir gekommen … Und diese … Diese Monster waren da!« Er rieb sich den Nacken, und Grace richtete ihre Taschenlampe auf sein Genick.
»Sieht aus, als ob Sie Verbrennungen im Nacken haben«, bemerkte Allenson und fügte »Feuchter Taser?« hinzu.
Courtland winkte eine Agentin heran. »Beth, zurück zum Ausgang. Bringen Sie Backup auf den neuesten Stand, und sagen Sie ihnen, dass sie so schnell wie möglich zu uns stoßen sollen. In der Zwischenzeit versuchen wir, das Echo-Team zu lokalisieren. Los!«
Beth blickte sich um und deutete auf einen weiteren Berg von Toten, der den Gang blockierte. »Um Himmels willen … Sie wollen sich wirklich da durchkämpfen?«
»Wie es so schön heißt: Das Leben ist hart.«
Über die Leichen zu klettern, war schlicht und ergreifend entsetzlich.
Denk nicht nach, denk einfach nicht nach, ermahnte sie sich innerlich, als sie auf dem Gipfel angekommen war. Nicht nachdenken. Sie stieg auf der anderen Seite wieder hinunter und war heilfroh, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Sie warf einen Blick hinter sich und stellte fest, dass es dem Rest ihres Teams nicht anders erging. Alle waren blass, hatten die Augen zusammengekniffen und die Lippen aufeinandergepresst. Einige sahen wütend aus, andere betroffen, aber alle standen unter Schock. Als sich ihr Team wieder neben ihr versammelt hatte, kontrollierten sie die weiteren Türen, fanden aber nichts von Bedeutung.
Dann gabelte sich der Gang, und sie hielten inne. Ohne Beth und Redman waren sie nur zu zehnt. Grace schickte Allenson und vier weitere Agenten nach links, während sie mit den anderen den rechten Korridor nahm.
Master Sergeant Mark Allenson war dreißig Jahre alt und hatte die letzten vier Jahre bei der Marine Force Recon gedient. Für das DMS war er nur die letzten vierzehn Monate tätig gewesen. Er war schnell, intelligent und Major Courtlands erste Wahl als ihre rechte Hand gewesen. Sie vertraute ihm und zählte auf seine Fähigkeiten, wenn es zu tätlichen Auseinandersetzungen kam. Schließlich hatte er bei sieben Einsätzen für das DMS schon bewiesen, wozu er in der Lage war. Das Team mochte ihn, und Courtland wusste, dass er bei ihren Leuten beliebter war als sie. Sie hatte nichts dagegen. Es war immer von Vorteil, eine menschlichere Nummer Zwei zu haben. Es erlaubte der Nummer Eins, den notwendigen Abstand zu wahren.
Allenson rannte den Gang entlang, der Lauf des Gewehres immer in der Sichtlinie. Sie kamen zu einer weiteren Gabelung, und er hielt die Hand in die Höhe, um
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