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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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und jetzt sollte ich ein supergeheimes Team auf Zack bringen und führen. Warum gerade ich? Ich war nur ein Bulle, ein Cop. Wo waren denn die Leute, die mit solchen Problemen tagein, tagaus ihr Brot verdienten? Wie schwachsinnig war das eigentlich? Wie kam es, dass keiner von ihnen hier war? Wo war James Bond, wenn man ihn brauchte? Er hätte bestimmt eher zu so etwas getaugt. Aber ich?
    Mein Spiegelbild starrte mich an. Es sah benommen und ein bisschen verdutzt drein.
    Okay, ich hatte für ein Einsatzkommando gearbeitet. Aber das reichte noch lange nicht, um mich auf das hier vorzubereiten. Nach achtzehn Monaten – und natürlich den Jahren nach der Sache mit dem World Trade Center – war ich zu der Überzeugung gekommen, dass die Terroristen ihre Trümpfe bereits ausgespielt hatten. Das Einzige,
was ihnen jetzt noch übrigblieb, war es, sich in Höhlen zu verstecken, um sich langsam, aber sicher mit der Tatsache abzufinden, dass sie sich übernommen hatten. Aber nun verkündete Church, dass sie den Schlüssel zu einer globalen Pandemie in Händen hielten.
    Das war an sich schon schlimm genug. Aber auch noch Tote wiederzubeleben?
    Gütiger Himmel. Flugzeuge in Wolkenkratzer fliegen zu lassen, das war bereits furchtbar. Chemische Waffen, Anthrax, Nervengas, Selbstmordattentäter … All das zusammen hatte das Gesicht des globalen Terrorismus über Jahre hinweg definiert. Das war schlimmer als schlimm gewesen. Aber das hier war um so viele Dimensionen gravierender, dass ich mir nicht sicher war, wie ich es überhaupt begreifen sollte. Wenn man hätte Ebola verbreiten wollen, wäre es für uns ein Leichtes gewesen, es zu verhindern. Ebola läuft dir nicht nach und versucht auch nicht, dich zu beißen. Wer auch immer dahintersteckte, es musste sich auf jeden Fall um ein verdammt krankes Hirn handeln. Natürlich auch clever, aber vor allem krank, denn das Ganze ließ jeden religiösen Fanatismus oder politischen Extremismus um Längen hinter sich. Und da wurde mir klar, dass wir es mit etwas zu tun hatten, das einfach nur böse war.
    Bis zu diesem Augenblick hatte ich Church im Grunde nicht verstanden. Ich hatte ihn nicht verstehen können. Wenn ich an seiner Stelle wäre, wie würde ich wohl handeln? Wie rabiat und rücksichtslos würde ich wohl vorgehen? Wie skrupellos konnte ich überhaupt sein?
    »Ich glaube, diese Frage hast du bereits beantwortet, Kumpel«, murmelte ich und dachte an die fünf Männer in dem Zimmer.
    Church gab sich vielleicht als Vulkanier, aber er musste das alles auch fühlen, was ich fühlte. Falls das der Fall war, dann musste seine Anstrengung, seine Gefühle in Schach zu halten und seine menschliche Seite zu verbergen, riesig
sein. Wenn ich also für ihn arbeiten wollte, dann musste ich nach Rissen in der Rüstung suchen. Nicht nur in meiner, sondern auch in seiner.
    Allerdings konnte sich hinter Church natürlich auch ein schonungsloses Monster verbergen, das allerdings auf unserer Seite stand. So etwas wäre nicht das erste Mal gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte unsere Regierung einen ganzen Haufen von ehemaligen Nazis als Wissenschaftler ein. Besser den Teufel wählen, den man kennt. Oder da gab es auch noch das Zitat von Roosevelt über Somoza, das in etwa so ging: »Klar ist er ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn.«
    Großartig. Ich würde also für ein Monster arbeiten, um andere Monster zu bekämpfen. Und was war dann ich?
    Der Toilettenboden schien etwas zu schwanken, als ich auf den Ausgang zusteuerte.

30
    El Mudschahid / in der Nähe von Nadschaf, Irak Fünf Tage zuvor
     
    »Sie kommen«, verkündete Abdul, El Mudschahids Leutnant. »Zwei britische Apache-Attack-Helikopter. Noch vier Minuten.«
    »Ausgezeichnet«, murmelte der Kämpfer. Er schaute sich ein letztes Mal um und reichte Abdul dann ein Bündel Kleidung. »Diese Lumpen brauchen wir nicht mehr. Verbrenne sie.«
    Das Halbkettenfahrzeug stand schief auf einer Kreuzung von zwei einsamen Straßen sechsunddreißig Kilometer von Nadschaf entfernt. Rauch stieg noch immer von der Karosserie auf, und auch das Dutzend verkohlter Leichen dampfte noch. Wohin man blickte – überall war Blut zu sehen. Seine Farbe, abgeschwächt durch den Sand, glich staubigen
roten Rosen. Zwei Autos standen in Flammen – ein alter Ford Falcon und ein chinesischer Ben Ben -, beide mit Kennzeichen, bei denen die Ermittler früher oder später auf Sympathisanten des Dschihad stoßen würden. Überhaupt war die Szene nahezu perfekt:

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