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Patria

Patria

Titel: Patria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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verfasst. Es handelt sich hier um ein weltweit absolut einmaliges Werk. Meines Wissens stammt die älteste außerhalb dieses Saals existierende Bibel aus dem neunten bis zehnten Jahrhundert nach Christus. Haben Sie nach diesem Text gesucht?«
    Sabre schwieg.
    »Sie sind ein merkwürdiger Mensch«, sagte der Bibliothekar plötzlich.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wissen Sie, wie viele Eingeladene sich schon hierhin gewagt haben? Im Lauf der Jahrhunderte waren es mehrere Tausende. Unser Gästebuch ist ziemlich beeindruckend. Es beginnt im zwölften Jahrhundert mit Averroës, dem arabischen Philosophen, der sich kritisch über Aristoteles äußerte und Augustinus herausforderte. Er hat hier studiert. Die damaligen Hüter beschlossen, dass die Zeit gekommen war, ihr Wissen zu teilen, aber nur mit ausgewählten Personen. Viele Eingeladene sind heute völlig unbekannt, sie waren einfach besonders intelligente Männer und Frauen, von denen die Hüter erfahren hatten. Menschen, die ihren ganz individuellen Beitrag zum Wissen der Menschheit leisteten. In jenen Zeiten, als es weder Radio noch Fernsehen noch Computer gab, lebten die Hüter in den großen Städten und waren immer auf der Suche nach Eingeladenen. Thomas von Aquin, Dante, Petrarca, Boccaccio, Poussin, Chaucer – Männer von diesem Kaliber haben hier in diesem Raum gestanden. Montaigne hat hier seine Essais geschrieben. Francis Bacon hat seinen berühmten Satz: ›Ich habe alles Wissen zu meiner Provinz gemacht‹ hier im Saal der Provinz formuliert.«
    »Wollen Sie mir damit irgendetwas sagen?«
    Der alte Mann zuckte die Schultern. »Ich versuche, Ihnen Ihre Aufgabe zu erklären. Sie haben gesagt, Sie wollten hier Bibliothekar werden. Es ist ein besonderes Privileg, diese Stelle innezuhaben. Die früheren Bibliothekare haben hier Männer wie Kopernikus, Kepler oder Descartes getroffen. Robespierre. Benjamin Franklin. Ja sogar Newton. All diese gelehrten Geister haben sich die Werke dieser Bibliothek zunutze gemacht, und die Welt hat von der Fähigkeit dieser Männer profitiert, dieses Wissen zu verstehen und es weiterzuentwickeln.«
    »Und keiner von ihnen hat jemals preisgegeben, dass er hier war?«
    »Wozu? Wir sind nicht auf Ruhm und Ehre aus, und dadurch, dass sie es für sich behielten, haben sie die ganze Anerkennung erhalten. Außerdem war es unsere Aufgabe, ihnen zu helfen. Doch es war eine gewaltige Leistung, die Gewährung dieser Hilfe über all die Jahrhunderte aufrechtzuerhalten. Können Sie diese Tradition fortführen?«
    Da Sabre nicht vorhatte, jemals noch einem Menschen Zutritt zu dieser Bibliothek zu gewähren, stellte er eine Frage, die für ihn von Interesse war: »Wie viele Hüter gibt es denn?«
    »Wir sind neun. Unsere Reihen haben sich sehr gelichtet.«
    »Und wo sind die Leute alle? Draußen habe ich nur zwei gesehen.«
    »Das Kloster ist groß. Die anderen sind ihren Pflichten nachgegangen.«
    Sabre gab Haddad einen Wink mit der Pistole. »Lassen Sie uns in den ersten Saal zurückkehren. Ich möchte noch etwas anderes sehen.«
    Der alte Mann ging voran.
    Sabre überlegte, ob er ihn gleich auf der Stelle erschießen sollte. Aber inzwischen hatte Malone sich bestimmt einen Reim auf das Verschwinden seines Begleiters gemacht. Bestimmt wartete er am Eingang des Labyrinths auf ihn, oder er war auf dem Weg hierhin.
    Wie auch immer, der alte Mann konnte sich noch als nützlich erweisen.

80
    Malone bog um die letzte Ecke und entdeckte einen Eingang, der von zwei geflügelten Löwen mit menschlichen Köpfen eingerahmt wurde. Er kannte die Bedeutung dieser Symbolik. Dieses Wesen vereinte menschlichen Verstand mit animalischer Kraft und dem Weitblick des Vogels. Die von Bronzeangeln gehaltenen, marmornen Türflügel standen offen.
    Malone trat ein und bewunderte den prächtigen Raum.
    Er fragte sich, wie viel Zeit es wohl gekostet hatte, diesen außergewöhnlichen Ort zu erschaffen. Auf dem gekachelten Boden standen Reihen schräg ausgerichteter Behälter, in denen Schriftrollen aufbewahrt wurden. Schmale Gänge verliefen zwischen den Reihen. Malone trat zu einem der Behälter und zog die oberste Rolle heraus. Das Dokument war bemerkenswert gut erhalten, doch er wagte nicht, es zu öffnen. Er linste vom Rand in die Rolle hinein und stellte fest, dass die Schrift noch lesbar war.
    »Ich hätte nie geglaubt, dass es so etwas überhaupt geben kann«, sagte Pam. »Es ist unvorstellbar.«
    Auch Malone, der im Lauf seines Leben schon viele erstaunliche

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