Patria
Tür auf.
Green trug wie immer einen dunklen Anzug mit Krawatte. Als der Justizminister im Haus war, machte Stephanie die Tür zu und schloss sie ab. Cassiopeia stellte sich an eins der Fenster.
»In Ordnung, Stephanie. Können Sie mir sagen, was da abläuft?«
»Haben Sie die USB-Sticks mitgebracht?«
Er griff in seine Jackentasche und holte sie heraus.
»Haben Sie sich die Aufnahmen angehört?«
Green nickte. »Natürlich. Die Gespräche sind interessant, aber da ist absolut kein belastendes Material. Sie unterhalten sich über Zusatzartikel 25, aber das ist auch schon alles. Gerede. Es wird definitiv keine Verschwörung ausgeheckt oder angedeutet.«
»Deshalb hat Daley ja zusätzliches Material gesammelt«, erwiderte Stephanie. »Er sagte mir, er sei schon eine ganze Weile hinter dieser Sache her gewesen.«
»Hinter welcher Sache?«
Stephanie spürte den Anflug von Gereiztheit in Greens Stimme.
»Hinter der Verschwörung, Brent. Der Vizepräsident plant ein Attentat auf den Präsidenten. Es soll bei einem geheimen Überraschungsbesuch stattfinden, den Daniels nächste Woche in Afghanistan machen will.« Bei diesen Worten, die bewiesen, dass sie wusste, wovon sie sprach, beobachtete sie Green genau.
Doch er verzog keine Miene. »Was für einen Beweis hat Daley denn dafür gefunden?«
»Mitschnitte von anderen Gesprächen. Er hat tatsächlich das Privatbüro des Vizepräsidenten verwanzt. Da es seine Aufgabe war sicherzustellen, dass es nicht verwanzt war, war das nicht allzu schwierig für ihn. Anscheinend unterhält der Vizepräsident Verbindungen zum Orden vom Goldenen Vlies. Dessen Vorsitzender Alfred Hermann hat veranlasst, dass das Präsidentenflugzeug mit Raketen abgeschossen wird. Er hat es direkt mit Bin Ladens Leuten ausgehandelt.«
»Stephanie, hoffentlich hat Daley dafür schlagkräftige Beweise. Denn das sind wirklich gravierende Anschuldigungen.«
»Sie haben doch gesagt, die ganze Regierung sei eine Jauchegrube. Und Sie haben gesagt, Sie wollten diesen Haufen am Wickel kriegen. Jetzt haben Sie die Gelegenheit.«
»Wie können wir diese Sache beweisen?«
»Die Aufnahmen sind hier. Daley hat mir von ihnen erzählt. Er hat gesagt, mit diesen Aufzeichnungen wären alle, die in die Sache verwickelt sind, eindeutig zu überführen. Wir wollten gerade hierherfahren, als Daleys Wagen in die Luft ging.«
Green stand im Flur vor der Treppe, die Daley und Heather Dixon erst kürzlich hochgestiegen waren. Er schien tief in Gedanken versunken, konnte aber sein Pokerface nicht verbergen. Doch obwohl dieser Mann sie belogen und dem Präsidenten Henriks Warnung vorenthalten hatte, brauchte sie handfeste Beweise für seinen Verrat.
»Ich weiß, wo er die Aufnahmen versteckt hat«, sagte sie.
Da endlich ließ Greens Blick Interesse erkennen. Cassiopeia stand noch immer am Fenster und hielt sich aus dem Gespräch heraus.
Stephanie führte Green in das Arbeitszimmer mit dem kleinen Schreibtisch und den schmalen Bücherregalen. Auf einem der Bretter stand ein CD-Regal. Es gab Instrumentalmusik aus vielen Ländern, und zu Stephanies Erstaunen entdeckte sie sogar ein paar gregorianische Gesänge. Sie griff nach einer CD-Hülle mit dem Titel Wunder Tibets und klappte sie auf. Es lag keine Musik-CD in der Hülle, sondern eine andere Disk. Sie löste sie aus der Halterung und sagte: »Er hat das wichtige Material gerne in seiner Nähe versteckt.«
»Was genau ist denn da drauf?«
»Er hat gesagt, diese CD enthalte Beweise dafür, wer an diesem Komplott beteiligt war. Er meinte, dass man auf so hoher Ebene keinen Verrat mehr vermuten würde.« Sie vibrierte vor Erregung. »Wollen Sie reinhören?«
Green schwieg.
»Warum haben Sie die Information über die Alexandria-Connection durchsickern lassen?«, fragte Stephanie.
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Um den Verräter zu finden. Und diese Maßnahme hat einiges gebracht. Durch sie haben wir die Verbindung der Israelis mit Pam Malone aufgedeckt. Und erst dadurch, dass wir den Zugriff auf diese Datei ermöglicht haben, ist die Sache überhaupt in Bewegung gekommen.«
»Und Sie hatten den Zugriff darauf?«
»Warum stellen Sie mir diese Fragen, Stephanie?«
»Weil mir nicht bewusst war, dass Sie überhaupt von der Alexandria-Connection wussten, ganz zu schweigen davon, dass Sie ausreichend Details wussten, um auf den Gedanken zu kommen, dass das ein brauchbarer Köder für die Israelis sein könnte.«
Green neigte seinen Kopf fragend zur Seite.
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