Patria
Dinge gesehen hatte, hatte noch nie etwas so Großartiges entdeckt wie die riesige Sammlung beeindruckender Werke, die in diesem Raum aufbewahrt wurde. Hoch oben an einer der glänzend roten Wände fiel ihm eine weitere lateinische Inschrift ins Auge: AD COMMUNEM DELECTATIONEM – zur Freude aller. »Die Hüter haben etwas ganz Außerordentliches geleistet.«
An einer anderen Wand entdeckte er eine Steinplatte, in die etwas eingemeißelt war. Er trat näher und fand einen Plan der vor ihnen liegenden Säle, die auf Lateinisch beschriftet waren.
»Fünf Säle«, sagte er, nachdem er ihn inspiziert hatte. »Und wir wissen nicht, in welchem sie sich befinden.«
Da erhaschte er eine Bewegung an der gegenüberliegenden Tür.
Er sah George Haddad und dann McCollum.
»Runter«, befahl er Pam und hob seine Waffe.
McCollum sah ihn, schubste Haddad zu Boden, zielte und schoss. Malone warf sich zu Boden und ging hinter einer Reihe von Behältern in Deckung. Die Kugel prallte hinter ihm an einer Säule ab.
»Sie verlieren wirklich keine Zeit«, sagte McCollum von der anderen Seite des Saals.
»Ich wollte nicht, dass Sie sich einsam fühlen.«
»Der Bibliothekar hat mir Gesellschaft geleistet.«
»Haben Sie sich schon ein wenig näher kennen gelernt?«
»Er redet zu viel, aber er kennt sich hier aus.«
»Und jetzt?«, fragte Malone.
»Leider müssen Sie und Ihre Exfrau jetzt sterben.«
»Ich hab Ihnen doch gesagt, Sie sollten es besser vermeiden, mich zu Ihrem Gegner zu machen.«
»Dann legen Sie doch los, Malone. Ich hab es bis hierher geschafft, und ich habe keineswegs vor, den Kürzeren zu ziehen. Hören Sie, ich schlage Ihnen einen fairen Kampf vor. Sie gegen mich. Hier an Ort und Stelle. Wenn Sie gewinnen, geschieht dem alten Mann und ihrer Ex nichts. Sind Sie einverstanden?«
»Sie haben die Bedingungen festgelegt. Ich hoffe, Sie halten sich auch dran.«
Haddad hörte den Wortwechsel zwischen Sabre und Malone. Die zwei hatten Meinungsverschiedenheiten zu klären, und er wollte etwas wiedergutmachen. Wieder musste er an den Hüter denken, der vor all diesen Jahren ungerührt in den Lauf seiner Pistole gesehen hatte. Damals hatte Haddad es nicht begriffen. Doch jetzt, wo er die Bibliothek gesehen hatte und ihr Bibliothekar geworden war, wusste er, was seinem Gegenüber bei jener schicksalsschweren Begegnung im Jahr 1948 klar gewesen war.
Er hatte den Mann grundlos erschossen.
Und es ein Leben lang bereut.
»Stehen Sie auf«, sagte Sabre zum Bibliothekar und sah zu, wie der alte Mann sich erhob. »Okay, Malone. Es läuft wie abgemacht. Hier kommt er.« Er gab Haddad einen Wink mit der Pistole. »Gehen Sie!«
Der Bibliothekar ging langsam zwischen den schräg ausgerichteten Papyrusbehältern den Gang entlang. Sabre war hinter einer der Reihen in Deckung gegangen.
Doch nach zehn Metern blieb der Bibliothekar stehen und drehte sich um.
Sabre hatte das Gefühl, dass die Augen des alten Mannes sich in ihn bohrten. Er wunderte sich über den Alten. Irgendetwas an seiner Haltung signalisierte Gefahr, es war, als hätte der alte Mann diese Situation erwartet und keine Angst. Sabre überlegte, ob er den Bibliothekar erschießen sollte, aber das hätte Malone zu sehr anstacheln können.
Und das wollte er nicht.
Zumindest vorläufig nicht.
Malone war das einzige verbliebene Hindernis. Wenn er beiseitegeschafft war, gehörte die Bibliothek ihm.
Deswegen war er erleichtert, als der alte Mann schließlich weiterging.
81
Washington DC
Stephanie parkte ein Stück von Larry Daleys Haus entfernt und ging mit Cassiopeia den Rest des Weges zu Fuß. Von Brent Green oder irgendwelchen anderen Personen war weit und breit nichts zu sehen. Sie gingen zur Haustür. Cassiopeia öffnete wieder das Schloss, und Stephanie schaltete die Alarmanlage aus. Ihr fiel auf, dass der Sicherheitscode nicht geändert worden war. Daley hatte ihn nach ihrem Einbruch unverändert gelassen. Das sprach entweder für seine Dummheit oder aber dafür, dass sie diesen Mann wirklich falsch beurteilt hatte.
Drinnen war es ruhig. Cassiopeia überprüfte jedes einzelne Zimmer, um sicherzugehen, dass sonst niemand im Haus war. Stephanie sah kurz in das kleine Arbeitszimmer, in dem sie die USB-Sticks gefunden hatten. Dann warteten sie an der Haustür.
Zehn Minuten später hielt draußen ein Wagen.
Stephanie spähte durch die Vorhänge und sah Green aussteigen und auf die Haustür zugehen.
Er war allein.
Sie nickte Cassiopeia zu und machte die
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