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Patria

Patria

Titel: Patria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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Ortes der Gelehrsamkeit hätte Ben-Gurion nicht einmal im Traum für möglich gehalten, und er war dankbar, dass seine Neugier groß genug gewesen war, das Wagnis der Reise einzugehen.
    »Woher kommt all das?«, hatte er beim Eintreten gefragt.
    »Aus dem Herzen und aus den Köpfen von Männern und Frauen.«
    Es war ein Rätsel, aber auch eine Wahrheit, die der Philosoph in ihm verstand.

    »Ben-Gurion hat 1973 wenige Tage vor seinem Tod von dieser Begegnung berichtet«, erzählte Jonah. »Einige behaupten, er habe unter Wahnvorstellungen gelitten, andere meinten, er sei nicht wirklich bei sich gewesen. Doch was auch immer er in jener Bibliothek erfahren haben mag, hat er für sich behalten. Eines ist jedoch unübersehbar. Nach 1965 haben sich Ben-Gurions Weltanschauung und seine politischen Ansichten radikal verändert. Er war weniger militant und deutlich kompromissbereiter. Er sprach sich sogar dafür aus, Zugeständnisse an die Araber zu machen. Man war allgemein der Meinung, er sei eben im Alter milder geworden, doch der Mossad war überzeugt, dass mehr dahintersteckte. Und sie hielten die Ursachen dieser Veränderung für so gewichtig, dass sie Ben-Gurion tatsächlich mit Misstrauen betrachteten. Aus diesem Grund haben sie auch sein politisches Comeback verhindert. Können Sie sich das vorstellen? Der Gründungsvater Israels wird aufs Abstellgleis gestellt.«
    »Wer ist dieser Hüter?«
    Jonah zuckte die Schultern. »Darüber schweigen die Akten sich aus. Doch über die vier Personen, die besucht wurden, weiß ich Folgendes: Irgendwie erfuhr der Mossad von diesen Besuchen und handelte unverzüglich. Wer auch immer diese Hüter sind, Israel will verhindern, dass sie mit jemandem in Kontakt treten.«
    »Ihre Kollegen haben also vor, Haddad auszuschalten?«
    Jonah nickte. »Es soll jetzt in diesem Moment geschehen.«
    Sabre hatte genug gehört und stand auf.
    »Was ist mit meinem Geld?«, fragte Jonah ruhig.
    Sabre zog einen Umschlag aus der Hosentasche und warf ihn auf den Tisch. »Damit sollten wir quitt sein. Informieren Sie uns, wenn es etwas Neues gibt.«
    Jonah steckte das Schmiergeld ein. »Sie werden es als Erster erfahren.«
    Sabre sah zu, wie sein Kontaktmann aufstand. Doch Jonah machte sich nicht auf den Weg nach draußen, sondern ging zu einem Seitenraum, in dem die Toiletten waren. Da beschloss Sabre, dass er diese Gelegenheit genauso gut nutzen konnte, und folgte ihm.
    An der Tür zu den Toiletten zögerte er kurz.
    Die Wirtsstube war halb voll, schlecht beleuchtet und laut. Die Gäste an den Tischen waren mit sich selbst beschäftigt, und Satzfetzen aus mehreren Sprachen schwirrten durch die Luft.
    Sabre trat ein, zog die Tür hinter sich zu und machte sich rasch ein Bild der Lage: zwei Kabinen, ein Waschbecken, ein Spiegel und altmodisches gelbes Glühbirnenlicht. Jonah hatte die erste Kabine besetzt, die andere war leer. Sabre nahm sich eine Handvoll Papierhandtücher, wartete, bis er die Toilettenspülung hörte, und zog dann sein Messer aus der Tasche.
    Jonah trat aus der Kabine und nestelte an seinem Reißverschluss.
    Sabre wirbelte herum, stieß ihm das Messer tief in die Brust, zog es hoch und drückte gleichzeitig die Papierhandtücher in die offene Wunde. Er beobachtete, wie die Augen des Israeli sich vor Entsetzen weiteten und dann brachen. Er ließ die Papierhandtücher, wo sie waren, und zog nur das Messer zurück.
    Jonah fiel zu Boden.
    Sabre nahm ihm den Umschlag aus der Tasche und wischte die Klinge an Jonahs Hosenbein sauber. Schnell packte er den Toten bei den Armen, zerrte die blutige Leiche in die Kabine und setzte sie auf die Toilette.
    Dann machte er die Kabinentür zu und ging.

    Draußen schloss Sabre sich einer Gruppe mit Stadtführer an, die auf dem Weg zum Rathaus war. Die Führerin, eine ältere Dame, zeigte auf das alte Gebäude und erzählte von Rothenburgs langer Geschichte.
    Sabre blieb zögernd stehen und hörte zu. Die Turmglocken schlugen vier.
    »Sehen Sie jetzt einmal zur Uhr hinauf, und achten Sie auf die beiden kleinen Fenster links und rechts des Zifferblattes.«
    Alle blickten auf, als die Türklappen aufsprangen. Ein von einer Mechanik getriebener Mann tauchte auf und leerte einen Weinkrug, während eine weitere Figur ihm zusah. Die Führerin schwadronierte über die historische Bedeutung dieses Schauspiels, Kameraverschlüsse klickten, und Videokameras surrten. Der ganze Vorgang dauerte etwa zwei Minuten. Als Sabre davonschlenderte, bemerkte er aus dem

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