Patria
Autobahn Frankfurt-Köln genommen, auf der er außer am Stadtrand von Frankfurt, wo er in den beginnenden Feierabendverkehr geraten war, konstant zwischen hundertvierzig und hundertfünfzig fahren konnte. Dann hatte er sich entschieden, die Autobahn vorläufig zu verlassen, und war auf der B42 dem pittoresken Rheinufer gefolgt. Doch den Rest der Strecke wollte er wieder auf der Autobahn zurücklegen, und so folgte er bei Koblenz den blauen Hinweisschildern zur A61.
Als die Autobahnauffahrt auftauchte, brachte er den Motor seines Leihwagens – eines BMWs – auf Hochtouren, schoss über den Beschleunigungsstreifen und setzte sofort zur Überholspur hinüber. Zu beiden Seiten erstreckte sich nun ein Flickenteppich aus Bergen, Wäldern und Weiden.
Er warf einen Blick in den Rückspiegel.
Seine Verfolger im silberfarbenen Mercedes waren immer noch hinter ihm.
Da der Mercedes Abstand hielt und noch drei andere Autos dazwischen waren, hätte er ihn leicht übersehen können. Doch er hatte erwartet, beschattet zu werden, und er war nicht enttäuscht worden, denn die Verfolger hatten sich gleich hinter Rothenburg an ihn gehängt. Ob die Leiche im Baumeisterhaus inzwischen gefunden worden war? Dass er Jonah getötet hatte, hatte den Israelis vermutlich nur die Mühe erspart – im Nahen Osten zahlten Verräter einen hohen Preis –, doch er hatte den Juden auch die Chance genommen, einen Verräter zu verhören, und das mochten sie überhaupt nicht.
Sabre liebte die deutschen Autobahnen: drei Spuren und kaum Kurven und Ausfahrten. Sie waren einfach optimal, um schnell zu fahren und seine Ruhe zu haben. Einem Hinweisschild entnahm er, dass Köln nur noch zweiundachtzig Kilometer entfernt lag. Sabre wusste genau, wo er sich befand.
Er wechselte die Fahrspur.
Hinter dem Mercedes bemerkte Sabre vier weitere Autos.
Sie kamen genau rechtzeitig.
Seit neun Jahren suchte Sabre im Auftrag des Blauen Stuhls die Bibliothek von Alexandria. Der alte Mann war wie besessen von dem Gedanken an die Schätze, die dort vielleicht zu finden waren. Sabre war das Ganze anfangs ziemlich lächerlich vorgekommen, doch als er mehr über die Sache erfuhr, war ihm allmählich klar geworden, dass diese Suche durchaus nicht so abwegig war, wie er geglaubt hatte. Seit kurzem glaubte er sogar, dass es tatsächlich etwas zu finden gab. Die Israelis hatten sich jedenfalls voll auf die Sache gestürzt, und auch Alfred Hermann schien nur noch daran zu denken. Sabre hatte viele Dinge erfahren. Nun wurde es Zeit, dieses Wissen zu nutzen.
Und zwar für sich selbst.
Schon vor einigen Monaten hatte er gespürt, dass das seine Chance sein könnte. Er konnte nur hoffen, dass Cotton Malone geschickt genug war, sich der Überraschung, die die Israelis ihm in London bereiten wollten, zu entziehen. Die Israelis hatten ziemlich rasch reagiert. Das taten sie immer. Aber nach allem, was Sabre gehört und gesehen hatte, war Malone ein Profi, und wenn er auch außer Übung war, sollte er es schaffen, mit der Situation klarzukommen.
Ein Stück weiter vor ihm kam nun die Moseltalbrücke in Sicht.
Sabre beobachtete, wie die erste der vier Limousinen den silberfarbenen Mercedes überholte, unvermittelt die Spur wechselte und sich direkt vor dem Mercedes in Position brachte. Zwei weitere Wagen setzten zum Überholen an und blockierten den Mercedes von links. Der vierte Wagen fuhr hinten dicht auf.
Zu fünft rasten sie auf die Brücke zu.
Die Talbrücke war fast einen Kilometer lang und dort, wo sie den Fluss überquerte, über hundertdreißig Meter hoch. Wie Sabre angeordnet hatte, bremste der vordere Wagen in der Mitte der Brücke plötzlich ab, worauf auch der silberfarbene Mercedes heftig bremsen musste.
Genau in diesem Moment rammten die beiden Wagen auf der Überholspur den Mercedes an der Fahrerseite, und der Wagen, der dem Mercedes folgte, fuhr von hinten auf.
Durch das hohe Tempo drängten die Stöße den Mercedes gegen die Leitplanke, und einen Augenblick später schoss der Wagen mit der Schnauze voran durch die Luft.
Sabre stellte sich vor, wie es weitergehen würde.
Durch die Flugbahn würden die Insassen zunächst in ihre Sitze gepresst. Wahrscheinlich würden sie nach den Verschlüssen ihrer Sicherheitsgurte greifen, aber nicht mehr genug Zeit haben, um sie zu öffnen. Und wohin sollten sie sich retten, falls sie es doch schafften? Der Sturz in einhundertdreißig Meter Tiefe würde nur einige Sekunden dauern, und wenn die Karosserie des Wagens auf die
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