Patria
Beispiel für Ihre Leichtfertigkeit. Anders als Sie glauben, kommt hier nämlich wirklich gleich ein Sicherheitsmann vorbei. Er dreht jeden Abend seine Runde. Ich schätze zwar mein Privatleben, aber im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht leichtsinnig.«
»Worauf sind Sie eigentlich aus?«, fragte Stephanie. »Warum haben Sie hier überhaupt die Finger im Spiel? Arbeiten Sie mit Daley zusammen? War Ihre Auseinandersetzung mit Daley letzte Nacht nur eine kleine Zirkusvorstellung extra für mich?«
»Ich habe weder Zeit noch Lust, irgendwelche Shows abzuziehen.«
Das überzeugte Stephanie keineswegs. »Ich habe in letzter Zeit mehr als genug Lügen gehört. Dass Cottons Sohn entführt wurde, ist meine Schuld, und jetzt gerade muss Cotton sich mit einem israelischen Killerkommando in London rumschlagen. Und ich kann ihn nicht warnen, weil ich ihn nicht erreichen kann. Möglicherweise steht George Haddads Leben auf dem Spiel. Und dann erfahre ich auch noch, dass mein Chef mich bei diesem Treffen mit Dixon vollkommen ungeschützt lässt, obwohl er weiß, dass die Saudis mich um die Ecke bringen wollen. Was soll ich da denken?«
»Dass Ihr Freund Henrik Thorvaldsen so klug und weitsichtig war, Ihnen Hilfe zu schicken. Und dass Ihr anderer Freund, nämlich ich, daraufhin beschlossen habe, dass man Cassiopeia Vitt die Sache lieber ganz überlassen sollte. Macht das Sinn?«
Sie dachte über seine Worte nach.
»Und noch etwas«, fügte Green hinzu.
Sie starrte ihn herausfordernd an.
»Dieser bestimmte Freund macht sich ziemlich große Sorgen um Sie.«
Malone war verärgert. Er hatte gehofft, in Bainbridge Hall Antworten auf seine Fragen zu finden, denn Haddads Notizen hatten eindeutig darauf hingewiesen. Doch es war nichts zu finden.
»Vielleicht gibt es ja noch einen anderen Salon?«, meinte Pam.
Doch ein Blick ins Faltblatt zeigte, dass es nur einen einzigen Raum gab, der diese Bezeichnung trug. Was hatte er übersehen? Plötzlich fiel ihm etwas auf. Neben einer der Fensternischen, in der prachtvolle Buntglasscheiben die Morgensonne erwarteten, lag ein Stück Wand vollkommen frei, obwohl sonst an jeder verfügbaren Stelle Porträts hingen. Nur dort nicht. Und auf der Stofftapete zeichnete sich unübersehbar ein rechteckiger Umriss ab.
Eilig trat er zu der leeren Stelle. »Da fehlt ein Bild.«
»Cotton, ich will jetzt nicht nerven, aber vielleicht ist hier tatsächlich einfach nichts zu finden.«
Malone schüttelte den Kopf. »George wollte, dass wir hierherkommen.«
Nachdenklich schritt er durch den Raum. Ihm war klar, dass sie hier nicht länger bleiben konnten. Wahrscheinlich würde bald jemand von der Putztruppe kommen. Malone hatte zwar Haddads und Bohnenstanges Waffen bei sich, wollte sie aber nicht einsetzen.
Pam betrachtete die zwei Tische näher, die unmittelbar hinter den beiden Sofas standen. Die Bücher und Zeitschriften, die zwischen den Skulpturen und Topfpflanzen lagen, sollten wohl einen Eindruck von Gemütlichkeit erzeugen. Pam betrachtete eine der kleinen Bronzefiguren. Sie stellte einen alten Mann mit schrumpeliger Haut dar, dessen noch muskulöser Körper mit einem Lendentuch bekleidet war. Er saß auf einem Felsbrocken und hielt sein bärtiges Gesicht über ein Buch gebeugt.
»Das hier musst du dir ansehen«, sagte Pam aufgeregt.
Malone kam und entdeckte die Inschrift im Sockel der Skulptur.
St. HIERONYMUS ARZT DER KIRCHE
Malone war so damit beschäftigt gewesen, versteckte Hinweise zu suchen, dass das Offensichtliche ihm entgangen war. Pam zeigte auf ein Buch, das unter der Skulptur lag.
»Die Erscheinung des Heiligen Hieronymus« , sagte sie.
Malone betrachtete den Buchrücken. »Du hast gute Augen.«
Sie lächelte. »Ich kann auch nützlich sein.«
Er hob die schwere Bronzeskulptur hoch. »Dann mach dich nützlich und nimm das Buch.«
Stephanie wusste nicht, wie sie Brent Greens Bemerkung verstehen sollte. »Was meinen Sie damit? Mit diesem bestimmten Freund?«
»Darüber kann ich im Moment nicht so gut sprechen.«
Sie entdeckte eine ungewöhnliche Nervosität in Greens Augen. Fünf Jahre lang hatte er sich wie ein Löwe in unzähligen Schlachten mit dem Kongress, der Presse und den unterschiedlichsten Interessengruppen für die Regierung geschlagen. Er war ein absoluter Befürworter der Regierungspolitik, ein Anwalt, der auf der Bühne der Nation das Plädoyer für die Regierung hielt. Aber er war gleichzeitig ein zutiefst religiöser Mensch, dessen Ruf, soweit sie wusste,
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