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Patria

Patria

Titel: Patria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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Wie lange sind Sie denn schon dabei? Darf ich mal raten? Sie sind ein Grünschnabel. Nein, schlimmer noch, Sie sind ein eingebildeter Grünschnabel. Ich habe schon viel zu viele Typen wie Sie getroffen, die glauben, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen. In Wirklichkeit wissen sie gar nichts. Immerhin ist diese Bibliothek nicht umsonst fünfzehnhundert Jahre lang verborgen geblieben.« McCollum hielt inne. »Wissen Sie, Malone, Sie sind wie der Esel, der auf einer Weide mit kniehohem, saftigem Gras steht, aber den Kopf durch den Zaun streckt, um auf der anderen Seite das Unkraut zu weiden. Trotzdem hat es mich gefreut, Sie kennen zu lernen. Aber ich setze mich jetzt an den Tisch da drüben und frühstücke.«
    McCollum schlängelte sich durch das halbleere Café.
    »Was meinst du?«, fragte Malone Pam.
    »Ziemlich arrogant. Aber du bist der Letzte, der ihm das vorwerfen dürfte.«
    Malone lächelte. »Er weiß etwas, und wir werden nicht herausfinden, was, wenn wir hier sitzen bleiben.«
    Sie stand auf. »Bin ganz deiner Meinung. Dann lass uns doch etwas essen mit unserem neuen Freund.«

    Sabre saß an seinem Tisch und wartete. Wenn er sich nicht verrechnet hatte, würden die beiden gleich herüberkommen. Malone konnte es sich nicht leisten, dieses Angebot auszuschlagen. Sein Wissen musste auf das beschränkt sein, was George Haddad ihm hatte mitteilen können – und nach dem Band zu urteilen, das Sabre abgehört hatte, war das nicht viel. Der Inhalt der Tasche, die Malone vor seiner Flucht noch aus Haddads Wohnung geborgen hatte, mochte einige Wissenslücken gefüllt haben, doch Sabre hätte wetten können, dass für Malone die entscheidenden Fragen noch offen waren.
    Was ihm allerdings nicht viel anders ging.
    Er musste sich zur Kooperation zwingen. Das war neu für ihn, denn er war daran gewöhnt, mit seinen Gedanken allein zu sein, er mied die Nähe anderer Menschen und beschränkte sich auf gelegentlichen Sex mit der einen oder anderen Frau. Die meisten bezahlte er dafür. Sie waren Profis wie er, die ihren Job machten, ihm nachts sagten, was er hören wollte und morgens wieder verschwanden. Die harte Realität körperlicher Gefahr und geistiger Anspannung minderte bei ihm eher die Lust auf Sex. Das ständige Nachdenken über mögliche schwerwiegende Konsequenzen von Handlungen lenkte ihn ab. Ab und zu schlief er mit einer seiner kurzfristig engagierten Mitarbeiterinnen. Doch wie bei der Engländerin, die er vor kurzem erschossen hatte, brachte das manchmal unangenehme Nebenwirkungen mit sich. Denn ihm stand der Sinn nicht nach Romantik, sondern nach Einsamkeit.
    Er spielte diese spezielle Rolle, in die er schlüpfte, wenn er das Vertrauen anderer Menschen gewinnen wollte, heute nicht zum ersten Mal. Er hatte einen der vielen Liebhaber seiner Mutter imitiert, bei dem er sich diese Haltung, die Sprechweise und den großspurigen Tonfall abgeschaut hatte. Der Mann war Streifenpolizist in Chicago gewesen, wo sie gewohnt hatten, als Sabre zwölf Jahre alt war. Er erinnerte sich, wie dieser Polizist versucht hatte, seine Mutter mit seiner Unerschrockenheit und seinem Selbstvertrauen zu beeindrucken. Sie waren alle zusammen zu einem Spiel der White Sox gegangen und hatten einen Ausflug zum See gemacht. Später hatte er erfahren müssen, dass dieser Mann, wie auch die meisten anderen Lover seiner Mutter, nur so lange Interesse zeigte, bis er sie für sich eingenommen hatte. Wenn die Typen erreicht hatten, was sie wirklich wollten, nämlich ein paar Nächte im Bett seiner Mutter, war es vorbei mit den Aufmerksamkeiten. Schließlich hasste er all ihre Männer. Kein einziger von ihnen war da, als er seine Mutter begrub. Sie starb einsam und gebrochen.
    Das würde ihm nicht passieren.
    Er stand auf und stellte sich beim Büfett an.
    Er liebte das Savoy, dessen Zimmer teuer und antik möbliert waren und dessen Personal den Stil und die Haltung der Kammerdiener aus vergangenen Zeiten bewahrt hatte. Es war die Art von Luxus, den Alfred Hermann und die anderen Mitglieder des Ordens vom Goldenen Vlies täglich genossen. Auch er wollte diese Privilegien, und zwar zu seinen Bedingungen. Nicht zu ihren. Aber dafür brauchte er Cotton Malone, und er fragte sich, ob die lederne Aktentasche, die Malone mit sich herumtrug, einen Teil der Informationen enthielt, die er so dringend benötigte. Bisher war es ihm gelungen, seinem Gegner immer einen Schritt voraus zu sein, und nun beobachtete er zu seiner Freude aus den

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