Patricia - Der Kuss des Vampirs
Jahren meine Verlobte getötet hat.« Es zuckte in seinem Gesicht und er wandte sich schnell ab, die Hände zu Fäusten geballt. »Er hat sie einfach getötet, Miss Smith, auf abscheulichste Art. Wie nur ein Vampir töten kann. Ich bin niemals darüber hinweggekommen...« Seine Stimme war leiser geworden und brach ab.
Pat fühlte sich bemüßigt, ihm tröstend die Hand auf den Arm zu legen. »Es tut mir Leid, dass Sie Ihre Verlobte verloren haben, Mr. Pentwell, aber es ist für mich einfach unvorstellbar, dass Lord Churtham ein Vampir oder auch nur Verbrecher sein soll.« Sie schüttelte den Kopf. Unsinn. Er war vielleicht spöttisch, arrogant und geheimnisvoll, aber bestimmt kein blutsaugender Mörder. Waren denn hier alle verrückt geworden?
»Ich hege den tiefsten und aufrichtigsten Wunsch, Miss Smith, dass Sie Ihre Vertrauensseligkeit nie bereuen mögen«, sagte Pentwell ernst. »Ich persönlich bin überzeugt, dass es mir früher oder später gelingen wird, Churtham zu fassen und das Verschwinden der vielen jungen Frauen oder vielmehr ihre Ermordung aufzuklären. Bitte zögern Sie nicht, sofort zu mir zu kommen, wenn er Sie bedrohen sollte. Ich habe Mittel und Wege, Ihnen zu helfen.«
Bevor Pat noch eine vernünftige und einigermaßen höfliche Antwort formulieren konnte, durchbrach ein Schein die Dunkelheit zwischen den Bäumen und eine bekannte Stimme drang an Pats Ohr. »Miss Smith?!«
Sie atmete erleichtert auf. Pentwell war zwar sympathisch, er hatte sie auch gerettet, aber dennoch war sie froh, mit ihm und seinen schaurigen Erzählungen nicht mehr alleine zu sein. »Das ist Simmons, Lord Churthams Butler«, erklärte sie, als Pentwell aufmerksam auf das sich nähernde Licht blickte.
Pentwell wandte sich wieder ihr zu. »Dann verlasse ich Sie jetzt besser, Miss Smith. Es wäre nicht klug, mich einem der Bediensteten dieses… Vampirs zu zeigen. Ich möchte nicht, dass er etwas von meiner Anwesenheit erfährt. Es könnte Sie ebenso gefährden wie mich.«
»W… was haben Sie denn vor?«, stotterte Pat.
»Ich werde ihm das Handwerk legen«, erklärte Pentwell kalt. »Er soll für das büßen, was er getan…« Er unterbrach sich und drückte ihr die Laterne in die Hand. Simmons war schon zu nahe. »Leben Sie wohl«, flüsterte er ihr hastig zu, bevor er sich zurückzog, »und geben Sie auf sich Acht.«
»Miss Smith?«
Pat starrte Pentwell sekundenlang nach, dann wandte sie sich um und ging rasch auf Simmons zu. »Hier, Simmons.«
Im Schein der Laterne sah sie Simmons indigniertes und zugleich erleichtertes Gesicht. »Wir hatten befürchtet, dass Sie sich im Dunkel verlaufen hätten, Miss Smith, also bin ich gekommen, um Sie zu suchen.«
»Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen«, sagte Pat voller Wärme, obwohl sie genau wusste, dass Mrs. Simmons vermutlich noch weitaus besorgter gewesen war und ihren Mann losgeschickt hatte.
»Sie sollten sich nicht so lange im Dorf aufhalten«, tadelte er weiter. »Und wenn, wäre es vernünftiger, jemandem nach der Kutsche zu senden, anstatt hier alleine durch den Wald zu laufen.«
»Jetzt fangen Sie nicht auch noch damit an, Simmons«, sagte Pat ungehalten. »Oder wollen Sie mir etwa auch weismachen, dass sich hier Vampire herumtreiben?«
»Vampire?!« Simmons stolperte über einen Stein und die Lampe fiel ihm fast aus der Hand. »Wer hat etwas von Vampiren gesagt?!«
»Ach, nur eine alte Frau«, wehrte Pat ab, die aus einem unerfindlichen Grund ihren Retter nicht verraten wollte. Aber während sie in Simmons‹ Begleitung zum Schloss zurückging, befasste sie sich immer noch mit Pentwell und mit dem, was er ihr erzählt hatte.
Pat sah auf die Uhr auf dem Kaminsims. Es hatte gerade zehn Uhr geschlagen, aber sie konnte nicht glauben, dass es tatsächlich so spät sein sollte. Sie sah sich jetzt schon seit fast zwei Stunden der Unmöglichkeit gegenüber, seine Lordschaft allein zu lassen und schlafen zu gehen. Zu ihrem Erstaunen hatte er sie bei ihrer Heimkehr in der Bibliothek aufgesucht und ihr mit einigen sehr harschen Worten klargemacht, wie unpassend es für eine in seinen Diensten stehende junge Dame war, sich des Nachts alleine im Wald herumzutreiben. Gerade jedoch, als sie ihrem Ärger über seine Einmischung hatte Ausdruck geben wollen, war Simmons mit einer Weinkaraffe hereingekommen und Churtham hatte seinen Tonfall gewechselt und sie zu ihrer Überraschung eingeladen, mit ihm ein Glas zu trinken. Und nun saß er ihr gegenüber und fragte
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