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Patrimonium

Patrimonium

Titel: Patrimonium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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feindseligen Emotionen entdecken, weil es dort keine gab. Hier befand sich nichts außer steilen Hängen, Wind, Feuchtigkeit und viel zu viel angesammeltem Schnee auf den Bergen rings um die Gaitgo-Reihe.
    Die hintereinander marschierenden Reisenden stießen laute Alarmschreie aus. Sie hatten keine Chance, der immer größer werdenden Kaskade zu entkommen, selbst wenn sie in die entgegengesetzte Richtung geflohen wären: Die Schlucht war zu schmal, und die Hänge stiegen viel zu steil an, als dass man sich so rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Flinx wurde schwungvoll nach hinten gedrückt und fiel beinahe aus dem Frachtabteil, als der verzweifelte Zlezelrenn den kompakten Motor des Fahrzeugs auf Höchstgeschwindigkeit laufen ließ. Nichts, was Flinx seit Verlassen von Tleremot erlebt hatte, ließ sich mit den gewaltigen Bewegungen der mechanischen Beine und dem heftigen Schütteln vergleichen, das er jetzt erlebte, als Zlezelrenn und die anderen verzweifelt versuchten, vor der Lawine zu entkommen. Da es ihm in dieser Lage unmöglich war, Fragen zu stellen oder Vorschläge zu unterbreiten, blieb Flinx nichts anderes übrig, als auszuharren und sich gut festzuhalten, damit er nicht hinausgeschleudert wurde. Pip hatte sich hingegen so sehr erschreckt, dass sie die Flügel ausbreitete und sich in die kühle Luft erhob, um direkt über dem rennenden Gaitgo mit diesem Schritt zu halten.
    Dem herabstürzenden Schnee wehte ein Schwall eiskalter Luft voraus, die auf seinem nackten Gesicht schon fast brannte. Er hätte sich davon abwenden sollen, konnte es aber nicht. Was ihn in der Position gefrieren ließ, war nicht die Umgebungstemperatur, sondern der Anblick dessen, was auf sie zuraste. Es sah aus, als würde der halbe Berg mit unglaublicher Geschwindigkeit direkt auf die Maschine, in der er sich befand, zustürzen. Die gewaltige Mauer aus pinkfarbenem Schnee kam wie ein blutbeflecktes Leuchtfeuer auf die Expedition herab. Sie konnten sich weder laufend noch springend in Sicherheit bringen. Es gab keinen Ort, an dem sie sich verstecken konnten. Der über Flinx fliegende Minidrache schwebte auf einmal ein ganzes Stück höher, um sich durch den Wirbel aus fallenden Schneeflocken weiter nach oben und aus der Sichtweite zu begeben.
    »Pip!«, schrie er noch und versuchte, sich über das näher kommende Donnern hinweg, das den Boden erschütterte, verständlich zu machen. Seltsamerweise musste er auf einmal an Midworld denken – eine heiße, dampfende und tropische Welt, auf der ein Berg aus Schnee nicht einmal eine Stunde lang Bestand haben würde. Dieser Gedanke wurde wohl aus reinem Wunschdenken heraus geboren.
    Und es war sein letzter, bevor ihn die Lawine mit voller Kraft traf.
    Es fühlte sich an, als würde ihn ein Trio aus drei dieser hilfsbereiten, schwerfälligen, marderbärenartigen Furcots gleichzeitig umrennen. Ihm blieb die Luft weg, und er wurde aus dem Lagerbereich des Gaitgos gerissen, sodass er seitlich von dem sich schnell bewegenden Fahrzeug herunterfiel. Benommen von der unbändigen Wildheit konnte er nichts weiter tun, als um sich zu schlagen, um die kalte, pinkfarbene Masse, die ihn umgab, abzuwehren. Ihm war fast so, als hätte ihn eine riesige Welle im Meer erfasst und mitgerissen, mit der einzigen Ausnahme, dass er jetzt noch etwas Luft bekam.
    Er hatte keine Ahnung, wie lange er stürzte und wie oft er sich überschlug. Der ganze Vorgang konnte Sekunden, aber auch Minuten gedauert haben. Zu guter Letzt merkte er voller Dankbarkeit, dass die Lawine langsamer wurde und dann zum Stehen kam, als ihre Energie aufgebraucht war. Der Schnee und er kamen gleichzeitig zum Stillstand. Das ohrenbetäubende Tosen, das noch Augenblicke zuvor alles war, was er hören konnte, war verschwunden. Es war absolut, völlig, unendlich ruhig – so still und leise wie im Vakuum des Weltalls außerhalb der Teacher.
    Nach und nach beruhigte sich seine Atmung. Er musste einige Male schwer schlucken. Dann rief er laut – erst Zlezelrenns Namen, danach Vlashraas. Es kam keine Antwort, keine Reaktion. Als er wieder normal Luft holen konnte, wollte er sich aufsetzen, doch das gelang ihm nicht.
    Er war begraben.
    Langsam atmen, ganz langsam atmen, sagte er sich. Panik und schnelle Atmung würden nur dafür sorgen, dass er das bisschen Luft, das mit ihm zusammen eingesperrt war, umso schneller verbrauchte. Zu seinem Glück hatte er noch nie unter Klaustrophobie gelitten, denn die Lücke zwischen seinem Gesicht und der

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