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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Pandora-Projekt
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guten Vorsätzen gepflastert war, und den Fluss Styx
überqueren. Jedenfalls würde mich das alles nicht wundern.
    Der Wind löste meinen Zopf. Lange Haarsträhnen schlugen
mir ins Gesicht.
Anmerkung an mich: Haare kurz schneiden.
Der Gasman und Iggy waren nicht glücklich gewesen, als wir
sie zurückließen, aber ich hielt meine Entscheidung immer noch
für richtig. Das war das Problem, wenn man führen musste. Es
gab dafür keine Gebrauchsanweisung. Aber wenn ich daran
dachte, was Angel bevorstand, war ein bisschen Unglück bei
den Daheimgebliebenen meine geringste Sorge.
Ich blickte zu Fang hinüber und sah, dass sein Gesicht beinahe
heiter aussah, beinahe – wenngleich nicht ganz – glücklich. Aber
Fang schaute nie glücklich drein – nur sehr ruhig. Ich flog näher
zu ihm.
»Auf der Plusseite – fliegen ist echt cool«, sagte ich. Er warf
mir ein schiefes Lächeln zu. Er verstand mich. Seine dunklen
Flügel bewegten sich kräftig. Sie glänzten im Sonnenlicht
beinahe schwach purpurrot. Der Wind pfiff uns in den Ohren.
Wir konnten meilenweit sehen. Es war, als sei man Gott.
Jedenfalls stelle ich es mir so vor.
Ja, klar. »Auf der Minusseite – wir sind genetisch veränderte
Missgeburten, die nie ein normales Leben führen können.«
Fang zuckte mit den Schultern. »Wie gewonnen, so
zerronnen.«
Ich war zu aufgewühlt, um zu lachen. Aber ich rang mir ein
Lächeln ab, als ich zu Nudge hinüberschaute. Sie war drei Jahre
jünger als ich, aber recht selbstständig. Wie wir alle war sie für
ihr Alter groß und dünn. Wahrscheinlich wog sie mit ihren
starken, aber leichten Vogelknochen kaum mehr als
siebenundzwanzig Kilo.
Neunzig Meilen pro Stunde war nicht schnell genug. Die
»Wissenschaftler« an der Schule konnten in sieben Stunden
großen Schaden anrichten. Aber wir mussten dennoch eine
Pause einlegen, ehe wir dort ankamen. Wenn wir bei der Schule
zuschlagen wollten, mussten wir ausgeruht sein.
Ich blickte auf meine Armbanduhr – wir waren seit gut zwei
Stunden in der Luft. Jetzt schon fühlte ich die kräftezehrende
Wirkung. Fliegen verbrauchte ungemein viel Energie, und nach
einem langen Flug habe ich immer das Gefühl, ich könnte eine
Kuh aufessen. Ohne Messer und Gabel. Selbst der Drang, zu
Angel zu kommen, verdrängte nicht das Grundbedürfnis, etwas
essen zu müssen.
»Max?« Nudge schaute mit den großen Augen, die ebenso
bernsteinfarben wie ihre Locken waren, zu mir herüber. »Ich
dachte gerade …«
Jetzt geht’s los!
»Ich meine, ehe wir losgeflogen sind. Ich habe doch Jebs alte
Aufzeichnungen gelesen. Und ein paar davon waren über uns.
Und über mich. Ich habe meinen Namen auf einem Blatt
gesehen, meinen richtigen Namen, Monique, und dann andere
Namen von Leuten und noch andere Namen: Tipisco, Arizona.
Tipisco ist direkt an der Grenze zwischen Kalifornien und
Arizona. Ich habe es auf der Karte gefunden. Ein ganz winziger
Ort. Jedenfalls hat er so ausgesehen. Und da ist mir der Gedanke
gekommen. Keiner von uns hat je seine richtigen Eltern kennen
gelernt. Und, weißt du, wir haben uns doch immer gefragt jedenfalls habe ich mich das gefragt und ich nehme an, ihr
anderen auch –, ob sie mich freiwillig abgegeben haben oder ob
…«
»Nudge, ich weiß, was du fühlst. Aber vielleicht haben diese
Namen überhaupt nichts mit dir zu tun. Wir wissen nicht, ob wir
Retortenbabys sind oder nicht. Komm, konzentrieren wir uns
darauf, Angel zu befreien.«
Keine Reaktion.
»Nudge?«
»Ja, okay. Ich habe nur nachgedacht.«
Ich wusste, dass dieser Punkt wieder zur Sprache kommen und
mich in den Hintern beißen würde.

I
    hr Mund war so trocken. Sie hatte Kopfschmerzen – alles tat
weh. Angel blinzelte und versuchte aufzuwachen. Über ihr
war ein braunes Plastikdach. Ein Käfig. Ein Hundebehälter. Ein
Tiertransportkäfig, mittelgroß. Verschwommene Gedanken
    gingen ihr durch den Kopf, als sie sich bemühte, sich aufzusetzen. Sie wusste, wo sie war – diesen chemischen,
desinfizierenden Geruch würde sie überall erkennen. Sie war in
der Schule. Neu neu Flügel un’ neu neu Flügel Mädchen neu.
    Schnell drehte Angel sich in die Richtung dieser Gedanken.
In dem Käfig neben ihrem waren zwei andere Kinder, jünger
als sie. Ihre Augen, die zu groß für die ausgehungerten
    Gesichter waren, bohrten sich in ihre.
»Hi«, flüsterte Angel. Sie spürte keine Weißkittel in der
Umgebung – nur die verworrenen, zusammenhanglosen
Gedanken dieser Kinder.
Mund Lärm

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