Patterson James
eingebrochen sind. Ja, ich bin
ganz sicher, Frannie. Ich kann sie riechen. Sie riechen nach Tod.
Sie sind böse, schlecht bis auf die Knochen. Vertrau mir.«
Panik breitete sich in mir aus. Wäre Adrenalin
Raketentreibstoff, ich wäre in diesem Augenblick auf halbem
Weg zum Mond gewesen. Wir waren vollkommen ungeschützt
hier draußen und verletzbar. Meine Hütte besaß ein Dutzend
Fenster oder mehr, und vor keinem einzigen davon hatte ich
Vorhänge. Heute weiß ich, dass ich dumm gewesen bin. Statt
am Abend zuvor das Wiedersehen mit den Kindern zu feiern,
hätte ich sofort um Hilfe rufen müssen. Oder mit ihnen flüchten. Wir hätten flüchten sollen!
»Bleib hier«, sagte ich zu Matthew. »Bleib genau hier und rühr
dich nicht vom Fleck, du Super-Pfadfinder. Steh nicht auf und
halte dich von den Fenstern fern!«
»Sehe ich vielleicht so blöd aus?«, entgegnete Matthew
entrüstet.
»Nein. Also bleib unten.«
Ich setzte mich auf den Boden und schlüpfte hastig in die
Klamotten vom Vortag. Dann hörte ich Pips Krallen auf dem
Hartholzboden klicken. In Sekundenschnelle hatte er mich
entdeckt und tanzte auf den Hinterbeinen um mich herum.
»Still«, ermahnte ich ihn. »Du hast versagt, Kleiner. Du bist
mir ein schöner Wachhund.«
Gemeinsam krochen wir in die Küche. Ich kroch direkt zu der
Wand, an der das schnurlose Telefon hing. Ich tastete nach dem
Apparat in seiner Halterung und wollte nicht glauben, was
meine Finger mir verrieten.
Das Telefon war verschwunden!
Die Halterung war leer!
Wo war das verdammte Ding? Was hatte das zu bedeuten?
Waren sie vielleicht schon im Haus?
Ich unterdrückte einen Aufschrei, doch ich konnte nicht
verhindern, dass ein leises Stöhnen über meine Lippen drang.
Dann kroch ich über den Boden zur Arbeitsfläche und tastete
mit der Hand dort umher.
Ich fand die Zuckerdose und stieß den Salzstreuer um. Verdammter Mist!
Dann fanden meine tastenden Finger das Schnurlosgerät –
genau an der gleichen Stelle, wo ich es am Vorabend nach
meinem Telefonat mit Kit vergessen hatte. Ich kann Ihnen
sagen, ich war unendlich erleichtert.
Ich drückte den Wählknopf.
Kein Freizeichen. Nichts.
Vielleicht waren die Batterien leer. Es spielte keine Rolle. Ich
steckte bis zum Hals im Wasser, und das ohne Sicherheitsleine
und Rettungsring. Sechs kleine Kinder saßen zusammen mit mir
im sinkenden Boot. Ich war in heller Panik. Ich war schließlich
nicht Jodie Foster.
In diesem Augenblick erhob ich mich vom Boden.
Und spürte eine Hand an meinem Bein.
Fast hätte ich einen Herzschlag erlitten.
»Hier, nimm das.« Es war Max, und sie drückte mir ihr
Mobiltelefon in die Hand.
Ich stieß einen erleichterten Seufzer aus – das Gerät war voll
aufgeladen, und die Batterieanzeige leuchtete grün. »Danke«,
flüsterte ich.
Ein weiterer Schatten kam in die Küche gekrochen.
Ozymandias der Tapfere. Der Held. Er sah aus, als wäre er
bereit, sich in den Krieg zu stürzen.
»Sie kommen näher, Frannie«, berichtete er. »Die Feiglinge
kommen immer näher. Wir können gegen sie kämpfen! Wir
können gegen sie gewinnen! Ich zweifle nicht einen Augenblick
daran, dass wir die besseren Chancen haben!«
»Max, ruf alle Kinder zusammen. Du auch, Ozy. Holt eure
Sachen, und dann geht alle leise nach unten in den Keller. Und
dass mir keiner fliegt! Bleibt unten am Boden, hört ihr? Nicht
fliegen! «
Dadurch, dass wir uns im Keller versteckten, konnten wir
höchstens ein wenig Zeit herausschinden. Falls wir dort blieben,
würden sie uns am Ende finden. Und ermorden? Doch ich hatte
eine andere Idee. Es heißt, Diamanten würden unter hohem
Druck entstehen. Falls ja, dann war meine Idee ein richtiger
Diamant.
Und wie bei allen kostbaren Edelsteinen würde der Preis
verdammt hoch sein.
Ich wusste, was ich zu tun hatte, und ich hasste es mehr, als
hätte ich einen Liter Rizinusöl in einem Zug austrinken müssen.
Es machte mich unglaublich wütend und zugleich untröstlich
traurig.
Und vielleicht war es auch ein wenig verrückt.
Es musste einer der schlimmsten Augenblicke meines Lebens
sein, und bis jetzt war noch nicht einmal etwas passiert!
Ich war wütend auf Kit, weil er nicht da war, um mir zu
helfen. Vielleicht wäre ihm ein anderer, besserer Plan
eingefallen.
Verdammter Mistkerl!
Ich kauerte hinter den Kindern, als sie eines nach dem anderen
die Treppe hinunter in den Keller schlichen. Die Zwillinge
hatten die Augen weit aufgerissen und murrten vor sich hin, weil
sie so
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