Patterson James
unvermittelt aus ihrem behaglichen Schlaf geweckt
worden waren.
Max legte ihnen die Hände auf die Köpfe, um sie zum
Schweigen zu bringen. »Still!«, flüsterte sie.
»Ich komme gleich hinterher«, raunte ich Max zu. »Macht
nichts Unbesonnenes. Ich komme in ein paar Minuten nach.«
Ich hoffte inbrünstig, dass ich imstande sein würde, dieses
Versprechen zu halten.
Die strahlende Morgensonne schimmerte durch die Fenster auf
der Ostseite. Meine Hände zitterten nicht wenig. Rasch, bevor
sentimentale Gedanken in mir die Oberhand gewinnen konnten,
machte ich mich an die Arbeit und tat das Unaussprechliche.
Ich nahm ein scharfes Schälmesser und ging damit zu meinem
Sofa. Ich schlitzte die Polster auf, bis der gesamte Rahmen mit
Federn und Gänsedaunen bedeckt war.
Als Nächstes stapelte ich die Magazine vom
Wohnzimmertisch auf dem ruinierten Sofa. Scheiße. Scheiße.
Scheiße. Das schmerzt. Das tut wirklich verdammt weh.
Ich blickte mich im Wohnzimmer um, warf einen letzten Blick
auf die Bücher und Erinnerungen an meinen toten Mann,
Dr. David Mekin. Auf das Modellboot, das er gebaut, mit seiner
Unterschrift und dem Datum versehen hatte, auf unser
Hochzeitsfoto auf dem Kaminsims. Es gelang mir nicht, die Flut
von Erinnerungen aufzuhalten. Der Bau unseres Heims, die
langen Abende vor dem Kamin, wie wir uns geliebt hatten,
selbst die Streits, die wir miteinander ausgefochten hatten …
Doch dann riss ich mich zusammen und kroch zum Schrank
im Hausflur, wo ich kurz aufstand und einen Stapel der alten
medizinischen Fachzeitschriften meines toten Mannes
herunterzog. Als er noch am Leben gewesen war, hatte ich sie
nicht wegwerfen dürfen, und nachdem er tot gewesen war, hatte
ich sie nicht mehr wegwerfen wollen. David war Forscher
gewesen, und ein guter obendrein. Er hatte zu viel über die
Schule herausgefunden, und die Schweinehunde hatten ihn
beseitigt. Genau so reagierten sie, wenn man ihnen in die Quere
kam, und im Augenblick schien es so, als wäre jemand hinter
mir und den Kindern her, als würden wir auf der Abschussliste
stehen. Armer David, dachte ich. Arme Kinder. Und ich erst.
Automatisch traten mir Tränen in die Augen. Ich sah Davids
mit einem Laken zugedeckten Leichnam auf dem Stahltisch des
Leichenbeschauers liegen. Ich erinnerte mich an den grausamen
Schmerz über seinen Verlust. Nach Davids Ermordung war ich
aus der Hütte ausgezogen, in der wir gemeinsam gelebt hatten,
und hatte in dem freien Zimmer in meiner Tierklinik gewohnt.
Es war zu schmerzhaft gewesen, mit seinen
Hinterlassenschaften und meinen Erinnerungen zu leben. Dann
hatte ich Max in den Wäldern gefunden. Nachdem es mir
gelungen war, ihr Vertrauen zu gewinnen, hatte sie mich und Kit
mitgenommen und uns die anderen Kinder vorgestellt. Als die
Typen von der Schule uns gefunden hatten, brannten sie meine
Tierklinik bis auf die Grundmauern nieder. Mit dem Geld der
Versicherung war ich in der Lage gewesen, das Haus neu
aufzubauen; in der Zwischenzeit war ich wieder in mein altes
Blockhaus in den Wäldern gezogen.
Und jetzt sah alles danach aus, als wäre es an der Zeit für
einen weiteren Umzug – nur, dass Nationwide die Rechnung
diesmal mit ziemlicher Sicherheit nicht bezahlen würde.
Neben dem Holzofen hatte ich ein Dutzend Duraflame-Scheite
gestapelt. Sie würden ihren Zweck perfekt erfüllen.
Ich warf die Scheite auf den Berg von Magazinen und Federn
und fügte sicherheitshalber noch einen Küchenstuhl aus Holz
hinzu.
Ich wappnete mich für das, was als Nächstes getan werden
musste.
Ich nahm ein Streichholz und zündete es an. Es flammte
zischend und fauchend auf. Ich hielt die Flamme an den Haufen.
Es dauerte ein paar Sekunden, dann loderte das Feuer auf. Ich
beobachtete, wie kleine Rauchwölkchen zur Decke stiegen, und
als das Feuer richtig brannte, nahm ich Max’ Mobiltelefon aus
der Tasche und tätigte meinen Anruf.
» Bitte helfen Sie mir! « , sagte ich mit echter Panik in der
Stimme. »Hier brennt ein Haus in den Wäldern hinter der
Tierklinik von Bear Bluff. Ja, richtig, direkt am Highway
Thirty-four. Bitte beeilen Sie sich!«
Ich zog meine Jacke an und klemmte mir den winselnden Pip
unter den Arm. Ich weinte, als ich mich bereitmachte, mein
brennendes Haus zu verlassen.
Ich war außerdem wütend wie nur irgendetwas, absolut außer
mir vor Wut, und ich brannte auf Rache. Irgendwie würde ich
Rache nehmen. Es gab immer einen Weg.
Ich rannte die steile Kellertreppe hinunter, bevor
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