Patterson James
klammerte mich mit aller Macht an
diese Hoffnung, während ich Kits Hand hielt. Dann wurde die
Tür zum Beratungszimmer des Richters geöffnet.
Was ich als Nächstes sah, raubte mir den Atem. Vermutlich
empfand jeder der im Saal Nummer neunzehn Anwesenden das
Gleiche wie ich.
Die Augen nach vorn gerichtet, die Flügel gefaltet, betraten
die sechs Kinder eines nach dem anderen in ihren speziell
angefertigten, gestärkten Hemdkitteln und Hosen den Raum. Sie
sahen wunderschön aus, so viel stand fest. Engelgleich.
Zuerst kamen die beiden vierjährigen Zwillinge, Peter und
Wendy. Sie waren dunkelhaarig und von chinesischer Herkunft.
Ihre schneeweißen Federn hatten dunkelblaue glänzende
Spitzen.
Als Nächster kam Max’ kleiner Bruder, ein aufsässiger
Blondschopf von neun Jahren.
Ihm folgten zwei hübsche ältere Knaben, Icarus und
Ozymandias.
Ganz zum Schluss kam die wunderschöne Erstgeborene
persönlich.
Maximum.
Die Menge drehte, wie es auf den Sportseiten der Zeitungen so
schön heißt, völlig durch.
Ein paar Schritte hinter den sechs Kindern folgte Richter James
Randolph Dwyer, ein großer, sportlicher Mann von
dreiundsiebzig Jahren. Er hatte ein Gesicht wie eine zerknitterte
Papiertüte und dünnes weißes Haar, seine Kiefer waren hart und
entschlossen.
Ein lautes Rascheln und Scharren entstand, und jeder im Saal
setzte sich.
Der Gerichtsdiener rief den Saal zur Ruhe und verlas
anschließend die Tagesordnung. Ich war mir der Menschen auf
der anderen Seite des Mittelgangs nur allzu deutlich bewusst.
Dort saßen die biologischen Eltern, und sie hatten eine
beachtliche Schar von Anwälten um sich versammelt, allen
voran Catherine Fitzgibbons, eine ehemalige Staatsanwältin, die
für ihren aggressiven Stil bekannt war und eine beeindruckende
Liste gewonnener Fälle aufzuweisen hatte. Vermutlich kam es
der Gegenseite ganz gelegen, dass die Fitzgibbons verheiratet
war und mit ihrem vierten Kind schwanger ging.
»Euer Ehren«, begann Jeffrey Kussof, unser Anwalt, »ich bin
sicher, dass dieser Fall allen Betroffenen sehr ans Herz geht. Es
sind keine schlechten Menschen, die sich hier versammelt
haben.
Die wahre Frage lautet, was im besten Interesse der Kinder
liegt. Wir werden beweisen, dass es eindeutig in ihrem besten
Interesse liegt, wenn sie bei Dr. O’Neill und Mr Brennan
aufwachsen dürfen.
Lassen Sie mich Marianne O. Battani zitieren, Richterin am
Wayne County Circuit Court, Detroit. Im Jahre 1986 sagte sie
bei einem Fall, in dem es um ein Retortenbaby ging: ›Wir haben
in unseren Gesetzbüchern keine Definition des Begriffs ‘Mutter’.
‘Mutter’ war im Verlauf unserer Geschichte immer etwas so
Grundlegendes, dass unseren Gesetzgebern keine Definition
erforderlich schien.‹ Euer Ehren, all das hat sich in den letzten
Jahren geändert. Heutzutage und in unserer komplizierten,
manchmal verwirrenden Welt kann ein Kind drei Mütter
besitzen. Die Mutter, die das Kind empfangen hat, die, die es
ausgetragen hat, und die, die es großzieht.
Agent Brennan und Dr. O’Neill waren in extremen Situationen
die Ersatzeltern der sechs Kinder. Sie haben ihr Leben für diese
Kinder riskiert. Ich wiederhole: ihr Leben.
Sie haben zu keiner Zeit an etwas anderes gedacht als die
Sicherheit dieser Kinder. Dr. O’Neill hat in diesem Bemühen
ihre Tierklinik und ihr Zuhause verloren. Dies alles zeugt von
einer Liebe und Hingabe, die der einer natürlichen, biologischen
Mutterschaft oder Vaterschaft in nichts nachsteht.
Nachdem ich dies gesagt habe, möchte ich eine weitere
Anmerkung hinzufügen. In diesem Fall geht es nicht um meine
Mandanten oder ihre Prozessgegner. Es geht um die Kinder und
die Gesetze des Staates Colorado, die bestimmen, dass Kinder
ein Recht darauf haben, bei ihren Familien zu leben. Doch wir
haben es hier mit einer neuen Art von Familie zu tun, einer
Familie, die sich unter gefährlichsten Risiken für Leib und
Leben eines jeden Betroffenen geformt hat. Diese liebende,
schützende und starke Familie muss zum Besten der Kinder
zusammenbleiben. Kit, Frannie, Max, Ic, Oz, Matthew, Wendy
und Peter auseinander zu reißen wäre ein großes Unrecht für
jeden der Beteiligten. Es wäre nicht nur ungerecht, es wäre
unaussprechlich grausam!«
Ich wäre Jeffrey Kussof am liebsten um den Hals gefallen, und
er selbst wirkte zufrieden mit sich, als er sich setzte. »Es war ein
Anfang«, flüsterte er.
Doch Catherine Fitzgibbons war bereits auf den Beinen.
»Ich
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