Patterson James
müsste ich jetzt
sterben.«
Max’ Beichte änderte alles. An jenem Abend kurz vor
Sonnenuntergang machten sie und Oz mit den übrigen Kindern
einen kurzen Aus-Flug, mit Frannies Erlaubnis. Sie flogen in
dichter Formation, ein wundervoller Anblick, während sie der
versinkenden Sonne entgegenschwebten. Sie erinnerten an
jenem Abend mehr an ein Geschwader von Kampfjets als an
einen Vogelschwarm.
Icarus stieß einen Ruf aus, und Max drehte sich zu ihm um. Er
hatte die blinden Augen gegen den Fahrtwind geschlossen.
»Wohin fliegen wir eigentlich, Leute? Erzählt es mir! Was
verpasse ich unterwegs alles?«
»Einen großartigen Sonnenuntergang, Ic. Strahlendes Orange
vor leuchtendem Blau. Wunderschöne Pinienwälder und Berge
bis an den Horizont«, rief Max nach hinten. »Wir fliegen hinauf
in die Wälder. Unberührte Wälder. Und wir kehren nicht zurück,
mein Freund. Es ist zu gefährlich für Frannie und Kit.«
»Oh?«, machte Ic. »Dann sind wir also die Einzigen, die
sterben?« Seine hohe Stimme troff vor Ironie.
»Ja. Ich fürchte, so ist es, Icarus. Das hier ist unser Kampf.«
Er zuckte die Schultern. »Meinetwegen. Ich kann damit
leben.«
Es war im Grunde genommen Ozymandias’ Plan, und der erste
Teil bestand darin, genug Zeit zu gewinnen, um eine sichere
Unterkunft zu finden, bevor es in den Bergen dunkel wurde. Oz
hatte alles durchdacht. Er war sicher, dass sein Plan
funktionieren würde. Sie würden sich hoch oben in den Bäumen
provisorische Nester bauen, indem sie aus Ranken und Zweigen
Schlafkörbe flochten. Die Körbe würden mit Farnen und losen
Blättern ausgepolstert.
Max hatte seinen Plan gebilligt. Prinzipiell. Doch wie Oz es
beschrieb, klang es fast nach einem gemütlichen Ausflug, und
alle vertrauten ihm, insbesondere, da Max es tat.
Sie konnten eine nahe gelegene Farm nach Essbarem
ausplündern. Gemüse und Kürbisse waren gegenwärtig reif zur
Ernte. Vielleicht gab es auch Karotten, Erbsen, Tomaten,
Melonen und andere Dinge.
Und Sonnenblumenkerne, die sie alle liebten, gab es ebenfalls.
Oz erklärte, dass die köstlichen Kerne Samenkörner waren, die
inmitten von großen Blüten in flachen Scheiben gepackt waren.
»Was, wenn es keine Farmen gibt?«, fragte Wendy. »Habt ihr
schon mal daran gedacht?«
»Kein Problem«, antwortete Oz. »Es gibt auch so reichlich
Nüsse und Samen und Wurzeln. Und fette weiße Maden unter
jedem verrottenden Baumstamm. Eine großartige
Eiweißquelle.«
Max sah sich nach den übrigen Kindern um. Bei der
Erwähnung von Maden verzogen sie die Gesichter, doch sie
schienen nicht den Mut zu verlieren, und das Abenteuer lockte
noch immer, während sie weiter und weiter in die Berge flogen.
»Wurzeln, Nüsse, weiße Maden!«, sangen sie fröhlich.
»Wurzeln, Nüsse, weiße Maden!«
Sie waren ganz auf sich allein gestellt.
Vielleicht waren sie dorthin zurückgekehrt, wo sie
hingehörten.
Es würde sein wie damals im Lake House.
Nun ja, fast wie im Lake House. Bestimmt nicht ganz so gut.
Oz und Max hatten beschlossen, sich die Wache zu teilen.
Jedenfalls für die erste Nacht.
Sie saßen zusammengekauert auf einem Felsensims, das
vielleicht fünfzehn Meter über die Baumwipfel ragte, in denen
die Kinder schliefen. Menschliche Jäger konnten sich unmöglich
unbemerkt an sie heranschleichen, doch Oz zerbrach sich auch
den Kopf über Bergkatzen, die unglaublich schnell und brutal
vorstoßen und einen Menschen innerhalb von dreißig Sekunden
zerreißen konnten.
»War das ein Teil deiner Studien in Ornithologie?«,
erkundigte sich Max. »Wie man in der Wildnis überlebt? Wie
man gegen Berglöwen kämpft?«
Endlich lächelte Oz. »Unsere Instinkte werden schon dafür
sorgen, dass wir überleben. Ganz ähnlich wie damals, zu Anfang
am See. Es stimmt, keine Sorge, Max. Vergiss nicht, Nüsse,
Wurzeln und weiße Maden.«
»Du bist dir so sicher in diesen Dingen, Oz. Sei vorsichtig,
dass du den Mund nicht zu voll nimmst. Könntest du Maden
essen?«
»Maden? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich mit dir
zusammen sein möchte. Und das, obwohl du ein Mädchen bist.«
»Und es ist nicht einfach eine vorübergehende Vernarrtheit?
Bist du dir ganz sicher?«
Oz lachte. »Vernarrt war ich in dich, als ich noch jünger war.
Als wir beide noch in der Schule waren. Ich bin jede Nacht mit
dem Gedanken an dich eingeschlafen. Ehrlich. Jede Nacht.«
Max lachte. »Ich hatte ja keine Ahnung!«
»Natürlich nicht. Du warst zu sehr mit dir selbst beschäftigt.
Und ich, ich war immer wie
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