Patterson James
betrat. »Warum
erzählen Sie uns nicht, was Sie wissen, Brennan. Wir müssen es
aus erster Hand erfahren. Und Dr. O’Neill, fühlen Sie sich ganz
ungezwungen, wenn Sie etwas dazu beizutragen haben.«
»Oh, danke sehr«, sagte ich.
Kit konnte sehr überzeugend sein, wenn er es darauf anlegte.
Im Verlauf der nächsten Stunde berichtete er den beiden FBIAgenten von dem, was Max uns erzählt hatte. Allerdings nicht
alles. Wie es schien, vertraute Kit dem FBI ebenfalls nicht
hundertprozentig.
Breem lauschte ohne jede Zwischenfrage. Als Kit geendet
hatte, nahm er das Telefon zur Hand, wählte eine Nummer, gab
ein paar Informationen durch und sagte schließlich: »Melden Sie
sich so bald wie möglich wieder bei mir.« Er legte auf.
Kaum fünfzehn Minuten später erschien eine blonde Frau und
brachte Breem eine dicke Akte. Breem blätterte den Inhalt
durch.
Ich las das auf dem Kopf stehende Etikett. LIBERTY
GENERAL HOSPITAL. Was war das?
»Sie haben immer noch Freunde im Hoover Building, wussten
Sie das?«, sagte Breem zu Kit. »Ihre Freunde wollen, dass wir
Sie unterstützen, also erhalten Sie unsere Unterstützung. Dieses
Liberty Hospital könnte die fragliche Einrichtung sein, auf die
sich die Informationen des Mädchens beziehen.
Doch Liberty können Sie getrost vergessen. Es ist ein
Lehrkrankenhaus, und zwar eines der allerersten Güte.
Verdammt, sogar der Präsident und der Vizepräsident lassen
sich heutzutage dort untersuchen. Es ist das beste Krankenhaus
in der gesamten Umgebung von D.C. Besser als das Walter
Reed.«
Kit nickte seine Zustimmung, während er durch die
Dokumente in der Akte blätterte.
»Im Gegensatz zu anderen Kindern in ihrem Alter neigt Max
nicht zu Fantastereien, und sie lügt niemals. Sie sagt, es gibt ein
illegales Labor irgendwo in Maryland. Wo auch immer es sein
mag, dort werden Experimente durchgeführt. Experimente an
Menschen.«
»Vielleicht werden irgendwo illegale Experimente an
Menschen durchgeführt, doch ich bezweifle, dass es im Liberty
General Hospital geschieht«, bemerkte Agent Breem.
Ich sah, wie Kit sich versteifte, und die Muskeln in seinen
Kiefern begannen zu arbeiten. »Ich verstehe«, antwortete er.
»Nun ja, danke jedenfalls für die Akte. Wir werden jetzt wieder
gehen.«
»Ich mag ihn nicht«, sagte ich zu Kit, als wir auf dem Rückweg
zum Wagen waren. »Wirklich nicht. Ich hasse es, wie er mit dir
geredet hat. Das Gleiche gilt für Warshaw. Vertraust du den
beiden?«
Kit sah mich an. »Ich vertraue dir und den Kindern und sonst
niemandem. Wie ich es sehe, haben es alle anderen auf unser
Leben abgesehen.«
Ich starrte ihn aus aufgerissenen Augen an. »Das klingt ja fast
wie Max!«
»Das tut es, und genau das hat sie gesagt.«
Alle anderen haben es auf unser Leben abgesehen. Was für eine
Einstellung. Furchterregend, und möglicherweise die Wahrheit.
Es war spät am Nachmittag, als wir wieder in Kits Wohnung in
Washington eintrafen. Ich war aufgewühlt und nervös, und ich
hatte Angst. Genau wie die Kinder. Den Rest des Tages
verbrachten wir damit, aus den Fenstern zu starren und die
Pendler und Touristen zu beobachten, die die Straßen von
Dupont Circle mit seinen Galerien und Restaurants bevölkerten.
Doch wie heißt es so schön: Es ist kein Verfolgungswahn,
wenn jemand wirklich hinter dir her ist.
Als es dunkel wurde und die Büros und Läden für die Nacht
schlossen, kam unsere Zeit.
Eines nach dem anderen schlüpften die sechs Kinder aus dem
Badezimmerfenster, das auf der hinteren Seite des Hauses lag.
Sechsmal hallte das Flügelflattern vom Beton und den
Ziegelsteinen des Hinterhofs wider, und sechsmal hielt ich den
Atem an und dankte Gott, dass keine Schüsse erklangen und
keine Schreie. Ich fing bereits an, wie Kit zu denken. Das Ganze
entwickelte sich immer mehr zu einem Alptraum. Ich vertraute
nur noch Kit und den Kindern und sonst niemandem mehr.
»Ich zittere vor Angst und Nervosität«, gestand ich ihm, als
das letzte Kind weg war.
»Keine Sorge, es wird wahrscheinlich noch schlimmer
kommen. Das war ein Scherz. Nein, ich denke, für den
Augenblick sind wir sicher.«
Wir warteten eine Stunde, bevor wir ebenfalls das Haus
verließen. Wir wanderten bis zur Ecke der Massachusetts
Avenue und winkten ein Taxi an den Straßenrand. Ich fühlte
mich wie in einem Film, einem richtig gruseligen Thriller – die
Sorte Film, die ich mir niemals ansah.
Wir fuhren schweigend ein paar Blocks in südlicher Richtung
die
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