Patterson James
Massachusetts Avenue hinunter, an mehreren Botschaften
und Konsulaten vorbei. Dann sprang Kit an einer roten Ampel
aus dem Wagen und verschwand.
Ich blieb im Taxi sitzen, als es am Scott Circle nach links auf
die Sixteenth Street und von dort aus weiter in die P Street fuhr,
wo auch ich ausstieg. Wie in einem Spionagefilm.
Kits Subaru stand noch immer dort, wo er ihn am Nachmittag
abgestellt hatte. Nach wenigen Minuten kam er herbeigetrabt
und hielt die Wagenschlüssel hoch.
Er umarmte mich. »Alles in Ordnung?«
»Umarmungen helfen jedenfalls. Aber nein, nichts ist in
Ordnung.«
Wir stiegen ein und fuhren nach Westen, durch verschiedene
Nebenstraßen, an seiner Wohnung vorbei und dann nach
draußen in Richtung Zoo. Dort sammelten wir die Kinder ein,
die sich bei einem Safeway-Supermarkt versteckt gehalten
hatten, vier Blocks östlich vom Kalorama Park.
Mission erfüllt. So weit, so gut.
»Alles anschnallen«, sagte Kit. »Ich meine es ernst.«
Er fuhr weiter kreuz und quer durch die Stadt, um eventuelle
Verfolger abzuschütteln – für den Fall, dass es welche gab. Für
die Kinder war es ein aufregendes Abenteuer, doch ich stand
Todesängste aus. Wir umfuhren andere Wagen, als wären wir
auf einer Rennbahn, wendeten mitten auf der Straße, fuhren
Auffahrten hinauf und gleich wieder hinunter. Als Kit endlich
sicher war, dass er jeden Verfolger abgeschüttelt hatte, fuhren
wir über ruhige Nebenstraßen in das Hinterland von Maryland,
bis wir ein idyllisch gelegenes, ländliches Motel namens Alma’s
Valley Rest fanden, wo wir uns einmieteten.
Ich hoffte inbrünstig, dass Kit Recht hatte und niemand uns
gefolgt war.
Alma’s Motel war ein schickes Bungalow-Motel. Wir hatten
einen eigenen Vierzig-Quadratmeter-Bungalow zwischen den
Bäumen, und er war viel hübscher als unsere letzte Absteige. Es
gab zwei Doppelbetten mit zueinander passenden himmelblauen
Tagesdecken sowie ein paar Klappbetten und einen Fernseher
mit Kabelanschluss.
Und das Schönste, hinter dem Haus verlief ein kleiner Bach im
kühlen Schatten mehrerer hoher Ulmen. Was konnte man mehr
verlangen?
Ich begann mich sogar mit dem Gedanken anzufreunden, dass
wir alle zusammen in einem einzigen Zimmer schlafen würden.
Es war beengt, doch es war auch sehr gemütlich und familiär.
Dann brach der neue Tag an, und meine Märchenfantasien von
Prinzessin Frannie und ihrem hübschen Prinzen Kit und den
sechs magischen Kindern lösten sich im morgendlichen Nebel
auf.
Die Jäger waren unterwegs, irgendwo dort draußen. Daran
bestand nicht der geringste Zweifel.
Irgendwie mussten wir sie stoppen, bevor sie uns stoppen
konnten.
Aber wie?
Am Ende war es ganz leicht, wirklich – wir mussten nichts
weiter tun, als die Jäger zu jagen. Wir mussten sie erwischen,
bevor sie uns erwischten. Es gab keinen anderen Ausweg.
Kit hatte es geschafft, das FBI auf unsere Seite zu ziehen.
Vielleicht besaß er tatsächlich Verbindungen zu
irgendjemandem im Hoover Building. Wie dem auch sei,
irgendjemand verschaffte uns eine Gelegenheit zu einem
Gespräch im Hauer Institute, das zum Liberty General Hospital
gehörte und im gleichen Gebäude untergebracht war.
Die eine Hälfte der Kinder schlief schnell ein, während die
andere Milch trank, einen riesigen Haufen Krispy Kreme Donuts
verschlang und Cartoons im Fernsehen sah, als Kit und ich uns
auf den Weg zum Liberty Hospital machten, von dem wir
bereits wussten, dass es über jeden Verdacht erhaben war.
Nachdem wir losgefahren waren, sagte Kit: »Mann, das ist
vielleicht ein wunderschöner Tag!«, und es war tatsächlich ein
schöner Tag. Alles leuchtete in strahlenden Goldtönen, und am
tiefblauen Himmel war nicht eine einzige Wolke zu sehen.
In den Bäumen raschelte eine milde Oktoberbrise, und aus
dem Radio kamen Hits der Sechziger. Kit stimmte in einen Song
von Bobby Darin ein: » I want, a girl, to call, my owowown … «
Kit hatte eine ziemlich gute Singstimme und machte Waiden
Robert Cassotto richtig Konkurrenz. Wir erinnerten uns wieder
einmal, wie sehr wir einander liebten, und für eine Weile
vergaßen wir, dass wir nicht auf dem Weg in einen
gemeinsamen Sommerurlaub waren.
Unglücklicherweise waren wir das tatsächlich nicht. Im
Gegenteil, wir waren auf direktem Weg in Max’ Alptraum.
Wenn er sich nicht im Liberty Hospital verbarg, dann irgendwo
anders hier draußen im ländlichen Maryland.
Ich wagte nicht darüber nachzudenken, was für Experimente
dort an Menschen
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