Patterson James
mich!«, antwortete sie gelassen.
Dann riss sie die Tür auf und verschwand nach draußen.
Drei Schüsse knallten, und mir stockte das Herz. Max schrie
auf. Dann nichts mehr. Kein Laut für mehrere Sekunden.
Schließlich flog die Tür auf, und mehrere Ärzte stürzten in den
Raum, in dem wir gefangen gehalten wurden.
»Was ist mit Max?«, schrie ich. »Wo ist sie? Wo ist Max? Ist
sie verletzt?«
Statt einer Antwort rammte mir einer der Mistkerle eine Nadel
in den Arm. Ich sah, wie ein anderer Kit auf die gleiche Weise
behandelte.
Und dann wurde rings um mich herum wieder alles
verschwommen. »Max! Was ist mit Max?«, waren meine letzten
klaren Worte.
Kit erwachte mit unerträglichen Kopfschmerzen, wie er sie
noch nie zuvor im Leben verspürt oder auch nur für möglich
gehalten hatte. Ein alter Song der Doors kam ihm in den Sinn,
und der Refrain wiederholte sich wieder und immer wieder:
» This is the end … the end, my friend. « Er war in einen
anderen Raum gebracht worden. Frannie und die Kinder waren
nirgendwo zu sehen.
Alles war so …
… unwirklich.
Langsam, ganz langsam kam er zu sich und blickte sich um. Er
musste seine Orientierung wiederfinden. Er konnte fast hören, wie sich seine Augen in den Höhlen von einer Seite zur anderen
bewegten.
Es dauerte einige Augenblicke, bis Kit festgestellt hatte, dass
er in einen Rollstuhl gefesselt war. Er konnte sich nicht rühren,
bis auf den Kopf, doch er war imstande, den ganzen Raum zu
überblicken.
Und er sah mehr, als er sehen wollte.
Überall lagen Leichen. Jung, nackt und tot. Frisch verstorben.
Ausnahmslos Männer. Sie lagen auf Rollbahren, die achtlos
zusammengeschoben worden waren, als kümmere niemanden,
was mit ihnen geschah – und offensichtlich war es auch so.
Das sind Mordopfer, dachte Kit. Das hier ist ein
Schlachthaus! Ich bin in einer Mördergrube gelandet!
Die Leichen waren präzise und gründlich ausgenommen
worden.
Warum? Und warum waren die Opfer ausschließlich Männer?
Was in Gottes Namen war Resurrection? Wer sollte von den
Toten auferstehen? Gewiss jedenfalls nicht diese armen Teufel
auf den Rollbahren.
»Allmächtiger Gott im Himmel!«, flüsterte Kit von Grauen
geschüttelt, als er die Sprache wiedergefunden hatte. »Gott steh
uns bei!«
Das Entsetzen nahm einfach kein Ende, und er hatte das
schreckliche Gefühl, dass er der Nächste war, der auf dem
Hackklotz des Scharfrichters enden würde.
Unwirklich …
… wie in einem Alptraum.
Mein Gott, wie kalt es hier ist!, dachte Kit.
Wo bin ich? In einem Tiefkühlhaus? Einer Leichenhalle? Wo?
Vielleicht sind die Toten ja legitime Forschungsobjekte in einer
medizinischen Pathologie …
Doch dazu waren sie ausnahmslos zu jung. Alle um die
zwanzig Jahre, maximal. Fast noch Kinder.
Bin ich der Nächste? Werde ich ebenfalls ausgenommen?
Endlich gewann die Sorge um Frannie und die Kinder die
Oberhand über sein eigenes Entsetzen. Ein unglaubliches
Schuldgefühl überschwemmte ihn, doch er konnte sich nicht
einmal den Luxus von Verzweiflung leisten. Er musste einen
Weg nach draußen finden. Doch das schien vollkommen
unmöglich. Wie konnte er fliehen?
Wie konnte er auch nur eine Sekunde zögern, es zu versuchen?
Er musste herausfinden, was mit Max geschehen war. War sie
erschossen worden? Ermordet? Und Frannie. Und warum war er
der Einzige in dem Kühlraum?
Er stemmte sich gegen seine Fesseln, und endlich kippte der
Stuhl nach hinten … und fiel um!
Kit landete auf der Schulter. Es schmerzte wie die Hölle. Schlauer Schachzug, du Held! Du bist manchmal wirklich so
unglaublich schlau!
Genau in diesem Augenblick wurde die Tür zum Kühlraum
geöffnet. Dr. Ethan Kane trat ein. Er schien überall zugleich zu
sein. Ein richtiger Praktiker.
»Hey, hey, hey«, sagte er zu Kit. »Sollte das etwa ein
Fluchtversuch werden? Die Hoffnung stirbt zuletzt, nicht wahr?
Sieht aus, als hätten Sie bei Ihren Bemühungen einen kleinen
Unfall erlitten. Kein Problem, das haben wir gleich wieder.«
Mit diesen Worten versetzte er Kit einen gemeinen Tritt in die
Rippen. Kit blieb die Luft weg. Verdammt, das tut weh! Das tut
richtig weh. Wer ist dieser Typ – Mengele?
Kit würde nicht aufgeben. So gern er ’s wollte. Es lag nicht in
seiner Natur. Er würde niemals aufgeben.
»Dr. Kane, jetzt, nachdem ich wach bin, sollten wir vielleicht
reden. Man wird die Kinder vermissen. Man wird auch
Dr. O’Neill und mich vermissen.«
»Nicht so sehr, wie Sie vielleicht glauben, mein
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