Patterson James
hatte.
»Mein Name ist Harold Hauer. Ich bin der Dr. Harold Hauer.
Ich bin nicht vor elf Jahren bei einem Autounfall in der Nähe
von Boston gestorben. Ich wurde wieder zum Leben erweckt.
Und ich sehe verdammt gut aus für meine vierundneunzig Jahre,
finden Sie nicht?«
Dr. Harold Hauer war lebendig und sah aus wie Mitte vierzig.
Ich starrte immer noch schockiert und fassungslos zu ihm, als er
hinter mich trat und meinen Rollstuhl aus dem Büro zu schieben
begann. Durch die Tür und auf einen Gang und dann sehr eilig
weiter.
»Ich bin vierundneunzig Jahre alt, und meine gegenwärtige
Lebenserwartung ist unbeschränkt. Ich bin außerdem noch
intelligenter, als ich ohnehin schon war. Ich wünschte, ich
könnte das Gleiche von Ihnen sagen, Dr. O’Neill. Sie wollen mir
offensichtlich nicht helfen, also wozu sind Sie noch gut?
Vielleicht um die Kinder im Zaum zu halten? Wir werden sehen.
Erzählen Sie mir von den Ähnlichkeiten und Unterschieden
zwischen den Vogelkindern und den Vögeln, denen sie
äußerlich so ähneln. Woher nehmen die Kinder ihre Kraft?
Woher stammt ihre Intelligenz?«
»Ich werde Ihnen nichts sagen«, entgegnete ich.
»Meinetwegen. Ich kann die kleinen Bastarde auch ohne Sie
kontrollieren. So viel zu Kleingeistern wie Ihnen, Doktor. Selbst
meine Frau ist klüger – und sie ist ein Roboter. «
Mein Rollstuhl wurde in eine eierschalenweiße Station voller
schlafender Patienten geschoben. Es mussten ein Dutzend oder
so sein, und jeder hing an einem intravenösen Tropf.
Sämtliche Patienten trugen Metallhelme, die mit Monitoren
über ihren Köpfen verbunden waren. Jeder Monitor zeigte einen
anderen Film. Melodramen, wie es aussah, Liebes- und
Naturfilme.
»Was sind das für Filme?«, fragte ich. »Wozu sind sie gut?«
Dr. Kane alias Hauer stand am Fuß eines Krankenbetts und
starrte hinauf zu einem Monitor. Er schien mich für den
Augenblick vergessen zu haben.
»Also das ist wirklich wunderschön!«, sagte er. Auf dem
Monitor spielte eine Unterwasserszenerie. Farbenprächtige
Fische, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Schließlich wandte er
sich wieder zu mir. »Das hier ist das Traumzimmer. Was Sie
dort sehen, ist simulierte Realität – eine Art Zusammenspiel
zwischen Mensch und Maschine. In den Helmen befinden sich
Elektroden, die bestimmte Gebiete des menschlichen Gehirns
stimulieren. Nachdem wir diese Bereiche angeregt haben,
erdenkt oder erinnert sich der Patient an Bilder und erzeugt eine
Geschichte, die für ihn von der Realität nicht zu unterscheiden
ist«, sagte er. »Was Sie auf den Monitoren sehen, sind die
Träume der Patienten.«
Ich war fasziniert, obwohl ich mich innerlich dagegen sträubte.
Überwältigt. Ich blickte von einem Monitor zum anderen und
betrachtete die lebendigen Bilder: Segelboote, leidenschaftliche
Kussszenen, Geschlechtsverkehr, Ballett, abstrakte Kunst,
Geschwindigkeit, ein Bordell, ein Palast.
Dann fiel mir etwas unglaublich Obszönes ins Auge. Mein
Herz pochte unvermittelt so stark, dass es in meiner Brust
schmerzte.
In einem der Betten lag eine kleine Gestalt, ein Mädchen von
nicht mehr als vier oder fünf Jahren. Auf dem Schirm über
ihrem Bett waren ein Rehkitz und seine Mutter zu sehen, die
sich sanft aneinander schmiegten. Das ist der Traum dieses
Mädchens, oder nicht?
Ich reckte den Kopf, um das Gesicht der Kleinen besser
erkennen zu können, doch ich wusste auch so, dass ich es schon
einmal gesehen hatte. In Kanes-Hauers Büro. Auf Fotografien in
seinem Büro.
»Das ist Sissy!«, sagte ich. »Ihre eigene Tochter! Mein Gott,
was haben Sie mit ihr gemacht?«
Der Zombie stieß ein verlegenes Kichern aus. »Nun ja, es ist
tatsächlich das Kind, das ich Sissy nannte. Aber es ist nicht
wirklich meine Tochter. Dieses kleine Mädchen besitzt ganz
besondere Organe, und ich behalte sie hier für einen Empfänger
aus Deutschland.«
Das Monster bemerkte meinen Abscheu und mein Entsetzen.
»Wagen Sie es nicht, mich zu verurteilen, Sie dumme Kuh!
Allmählich machen Sie mich wirklich wütend!«
Das Frage-und-Antwort-Spiel war offensichtlich vorüber.
Dr. Kane-Hauer schob meinen Rollstuhl zum nächsten Patienten
ans Bett.
Ein weiterer Schock. Viel mehr konnte ich nicht mehr
ertragen, dessen war ich sicher.
Dort lag bis zum Hals zugedeckt unter einem sauberen Laken
jemand, von dem ich nicht sicher war, ob ich ihn jemals
wiedersehen würde.
Kit!
Auch er hatte einen silbernen Helm auf dem Kopf. Auf seinem
Gesicht
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