Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
wollte fragen, aber sie hätte ohnehin nicht antworten können.
»Sie sind jetzt in Sicherheit, Kate. Schlafen Sie unbesorgt, schlafen Sie gut. Sie sind jetzt in Sicherheit.«
Kate McTiernan konnte kein Wort über das Geschehene sagen. Sie hatte einen grauenhaften Alptraum erlebt, schlimmer als alles, was ich mir vorstellen konnte. Sie hatte Casanova gesehen, und er hatte sie sprachlos gemacht.
47. Kapitel
Tick-fick.
Ein junger Anwalt namens Chris Chapin hatte eine Flasche Chardonnay de Beaulieu mit nach Hause gebracht, und er und seine Verlobte Anna Miller tranken den kalifornischen Wein im Bett. Endlich Wochenende. Für Chris und Anna war das Leben wieder gut.
»Gott sei Dank, die verfluchte Arbeitswoche ist vorbei«, rief der vierundzwanzigjährige rotblonde Chris. Er war Partner in einer angesehenen Kanzlei in Raleigh. Nicht gerade Mitch McDeere aus Die Firma – kein in Deutschland hergestelltes Kabrio bei Vertragsabschluß -, aber ein guter Start seiner Anwaltskarriere. »Blöderweise muß ich am Montag eine Arbeit über Vertragsrecht abgeben.« Anna zog eine Grimasse. Sie war im dritten Collegejahr Jura. »Und auch noch bei dem Sadisten Stacklum.«
»Nicht heute nacht, Anna Banana. Hör doch auf mit Stacklum. Vernasch lieber mich.«
»Danke, daß du den Vino mitgebracht hast.« Endlich lächelte Anna. Ihre weißen Zähne blendeten.
Chris und Anna paßten gut zueinander. Alle sagten das, ihre ganzen Juristenfreunde. Sie ergänzten sich, hatten im großen und ganzen dieselbe Weltsicht und waren vor allem so klug, daß sie nicht versuchten, sich gegenseitig zu ändern. Chris war besessen von seinem Job. Okay, nichts dagegen. Anna mußte mindestens zweimal im Monat auf Antiquitätenjagd gehen. Sie gab ihr Geld aus, als gäbe es kein Morgen. Das war auch okay. »Ich glaube, der Wein muß noch eine Weile atmen«, sagte Anna mit einem schelmischen Grinsen. »Und während wir warten -« Sie streifte die Träger eines Halbschalen-BHs aus weißer Spitze ab. Sie hatte den BH und passende Spitzenstrapse bei Victoria’s Secret im Einkaufszentrum gekauft. »Ja. Gott sei Dank ist es Wochenende«, sagte Chris Chapin. Die beiden versanken in einer allumfassenden Umarmung, zogen sich spielerisch gegenseitig aus, küßten sich, liebkosten sich, verloren sich in der Erregung des Augenblicks. Mitten in ihrem Liebesspiel hatte Anna Miller ein seltsames Gefühl.
Sie spürte, daß jemand im Schlafzimmer war. Sie löste sich von Chris.
Jemand stand am Fußende des Bettes!
Er trug eine grimmig bemalte Maske. Rote und gelbe Drachen. Wilde Drachen. Zornige, groteske Gestalten, die sich ineinander zu verkrallen schienen.
»Wer zum Teufel sind Sie? Was wollen Sie?« sagte Chris mit verängstigter Stimme. Er suchte nach dem Baseballschläger unter dem Bett und bekam den Schlägergriff zu fassen. »Hey, ich hab’ Ihnen eine Scheißfrage gestellt.«
Der Eindringling knurrte wie ein wildes Tier. »Hier kommt die Scheißantwort.« Casanova hob die rechte Hand, in der er eine 08-Pistole hielt. Er schoß einmal, und in Chris Chapins Stirn klaffte ein großes rotes Loch. Der nackte Körper des jungen Anwalts schlug gegen das Kopfteil des Bettes. Der Schläger in seiner Hand fiel zu Boden.
Casanova bewegte sich schnell. Er zog eine zweite Waffe und schoß Anna mit der Betäubungspistole in die Brust. »Tut mir leid«, flüsterte er leise, als er sie vom Bett aufhob. »Tut mir furchtbar leid. Aber ich verspreche, ich werde dich dafür entschädigen.«
Anna Miller war Casanovas nächste große Liebe.
48. Kapitel
Am nächsten Morgen nahm ein schwindelerregendes medizinisches Rätsel seinen Anfang. Alle im Hospital der North Carolina University waren verblüfft, vor allem ich. Am frühen Morgen hatte Kate McTiernan zu sprechen angefangen. Ich war nicht dabei, aber offenbar war Kyle Craig bei Tagesanbruch in ihrem Zimmer. Leider wurde niemand aus unserer wertvollen Zeugin schlau.
Die hochintelligente Assistenzärztin stammelte fast den ganzen Morgen lang unverständliches Zeug. Manchmal wirkte sie psychotisch, fast als redete sie in Zungen. Nach den Krankenhausberichten erlitt sie Tremor, Konvulsionen und Unterleibs- und Muskelkrämpfe.
Ich besuchte sie am späten Nachmittag. Immer noch wurde befürchtet, sie könne das Bewußtsein nicht wiedererlangen, habe einen Gehirnschaden erlitten.
Während ich in ihrem Zimmer war, blieb sie ruhig und reagierte nicht. Einmal kam, als sie zu sprechen versuchte, nur ein furchterregender Schrei
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